„Culcha Candela“ schaffen, was die Politik nicht wollte

München - Jamaika für Deutschland

Vielleicht wäre Jamaika gar nicht so schlecht gewesen für Deutschland. Musikalisch gesehen nähern wir uns ja ohnehin dem winzigen Karibik-Staat an; hiesige Musiker zumindest ziehen öfter das schwarz-gelb-grüne Bob Marley-Mützerl als einen Trachtenhut an. Und verbreiten zwar nicht den „No Angy, no cry“-Song, produzieren aber quasi am laufenden Band entspannte Reggae-Rhythmen wie frisch aus Kingston importiert.

Gentleman beispielsweise ist eine stabile Bank in der hiesigen Reggae-Dancehall-Szene, ebenso die Berliner Elf-Mann-Kombo „Seeed“ („Dickes B“). Für vielversprechenden Nachwuchs ist obendrein beispielsweise mit dem Bonner Nosliw gesorgt, und ebenso schaffen es „Culcha Candela“ aus Berlin, ihre dancehalligen Gute-Laune-Nummern in der Republik zu verstreuen. Nicht schlecht in einem Volk voller vermeintlicher Miesepeter.

Schwarz, gelb, grün – für ein paar Tage war es ja eine große Idee... Egal. Jamaika findet nicht in der Politik, Jamaika findet in der kommenden Woche im Muffatwerk statt. Naja, oder doch eher Jamaika im weitesten Sinne, denn die Herkunftsländer der sieben Gruppenmitglieder von „Culcha Candela“ lesen sich eher wie die Anwesenheitsliste der halben UNO-Vollversammlung: Larsito, Don Cali, Lafrotino – aus Kolumbien, Johnny Strange – aus Uganda, Itchyban – aus Polen, Chino con Estilo – aus Korea und Mr. Reedoo – aus Deutschland.

Roots Reggae à la Jamaika schließlich mixen sie mit Hip-Hop, Dancehall, Salsa, und politisches Engagement mit Party-Attitüde. Heraus kommt ein definitiv eigener „Culcha“-Sound. Eine authentische Wohltat nach Deutschlands x-tem Casting-Unfall. „Was soll ich sagen? Wir sind so. Unser Sound, unsere Einstellung, das ist ganz natürlich gewachsen“, sagt Itchyban.

Vielleicht durften sie deshalb bereits nach Veröffentlichung ihres Debüts „Union Verdadera“ im Jahre 2002 als Vorband von Gentleman, den „Söhnen Mannheims“ oder Frankreichs Top-Hip-Hoppern „Saian Supa Crew“ spielen. Vielleicht haben sie es deshalb heute nicht mehr nötig, Vorband zu sein: Ihr neues Album „The Next Generation“ nämlich scheint ihnen einen Platz in der deutschen Musikszene zementiert zu haben.

Hochgelobt von Kritikern, vielgekauft von ihren Fans, ziehen sie durch volle Hallen der ganzen Republik, um das Publikum mit afrikanischen Choruseinlagen, Latino-Rapsessions und fulminanten Tanzeinlagen anzuheizen. Am Mittwoch ab 20 Uhr im Ampere. Mehr Jamaika für Deutschland! Von Nadine Nöhmaier

Artikel vom 13.10.2005
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