Albrecht Ackerland über Lange Nächte

„Da schau her“

Es gab Zeiten, da war die Nacht noch Nacht. Halb eins? Was für eine verruchte Zeit war das! „Auf der Reeperbahn nachts um...“ – Sie kennen den Gassenhauer – erzeugt allein schon durch die Angabe der Uhrzeit schmutzige Phantasien. Die Nacht war zum Schlafen da. Es war die hohe Zeit, als es noch eine Sperrstunde gab. Vielleicht erinnern Sie sich an diese noch genauso lebhaft wie an den Hans-Albers-Schlager.

Die Sperrstunde war eine festgesetzte Zeit, zu der Gaststätten schließen mussten. Diese Stunde über ein Uhr amtlich hinauszuzögern, war mit sehr viel Mühen und Kosten verbunden.

Die Zeiten, ach, die Zeiten: Sie haben sich verändert. Wenn heute ein Lokal um elf Uhr abends zusperrt, und hier ist tatsächlich der echte Abend gemeint, nicht der Abend derer, die morgens erst heimkommen und deren Abend dann der eigentliche Vormittag ist – verwirrend, nicht?, – wenn heute also einer sein Lokal um 23 Uhr zusperrt, muss man schon fast vermuten, er schließe wegen Reichtums, habe es also nicht nötig, die Nacht zu nutzen, obwohl es doch längst erlaubt, ja fast schon Pflicht ist, seine Gastwirtschaft bis morgens um fünf aufzulassen. Aber gut, jeder nach seiner Art.

Es gab auch mal Zeiten, da konnte man ein Museum nur vor 18 Uhr besuchen und der Bäcker hörte um drei Uhr nachmittags auf zu backen. Die „Lange Nacht der Museen“ kennen Sie bestimmt – eine tolle Idee war das einst, die Münchner Museen einmal im Jahr bis spät zu öffnen. Auch eine „Lange Nacht der Backstuben“ gab es schon, was ein wenig paradox ist, weil bekanntlich der Bäcker sehr früh aufstehen muss. Oder sind die Brez’n eines Übermüdeten die Besseren?

Bald gibt es auch eine „Lange Nacht des Einkaufs“, auf dass die Konjunktur steigt, weil die Konsumenten, berauscht von der fehlenden Sperrstunde in den Kneipen, viel leichter ihr Portemonnaie zücken, sofern noch ein paar Scheine drinstecken.

Welche Nächte aber scheinen uns als nächstes vollmondgleich durchs Münchner Altbau-Fenster? Die „Lange Nacht der Festnahmen“ vielleicht, verbunden mit der „Langen Nacht der Sauberkeit“: Wer nicht zuhause bleibt und putzt, kommt in Gewahrsam. Und damit kombiniert vielleicht auch die „Lange Nacht der Sperrstunde“, die dann etwas ganz Besonderes ist, weil „Lange Nächte“ etwas bieten, dass es sonst nicht gibt – in unserem Fall geschlossene Lokale.

Ich plädiere außerdem für eine „Lange Nacht der langen Nächte“: Auf dass sich unsere Geburtenrate vervierfache!

Artikel vom 26.07.2007
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