Dietmar Holzapfel spürt ehemaligen Wasserverläufen in der Isarvorstadt nach

Isarvorstadt · Gesprühte Stadtbäche

Wasser aus der Sprühdose: Der Münchner Dietmar Holzapfel markiert durch blaue Linien den Verlauf der ehemaligen Stadtbäche. 	Foto: sbo

Wasser aus der Sprühdose: Der Münchner Dietmar Holzapfel markiert durch blaue Linien den Verlauf der ehemaligen Stadtbäche. Foto: sbo

Isarvorstadt · 20 leere Spraydosen, knapp 5.000 Euro Kosten und über 50 blau bemalte Gehwege: So lautet die Bilanz des Münchners Dietmar Holzapfel, der sich anlässlich des 850. Stadtgeburtstags eine besondere Aktion ausgedacht hat. Das Motto des städtischen Jubiläums lautet »Brücken bauen«; eine Brücke aber hat der 51-jährige Chef des Hotels »Deutsche Eiche« nicht errichtet.

Seine Idee war, durch blaue Linien den Verlauf der ehemaligen Stadtbäche in der Isarvorstadt zu markieren.

Am 10. Mai hat er seine Idee erstmals in die Tat umgesetzt: Gemeinsam mit Franz Schiermeier hatte er sich nachts mit Spraydosen und Wellenschablone bewaffnet auf den Weg durch die Isarvorstadt gemacht. Sie sprühten, was die Farbe hergab. »Wir wollten eigentlich auch den Verlauf der Bäche auf den Straßen kennzeichnen. Das aber hat das Kreisverwaltungsreferat nicht genehmigt, weil Straßenmarkierungen Verwirrung im Verkehr stiften könnten«, sagt Holzapfel.

Auf den Gehwegen hingegen wurden die blauen Linien gestattet, zumal sie als »Kunst im öffentlichen Raum« eingestuft wurden. Aufwändig war im Vorfeld nur die Recherche der Bachläufe. Als Quellen dienten Originalpläne aus dem Baureferat und das Wissen des Hobby-Historikers Schiermeier, der zu diesem Thema auch das Buch »Die Geschichte der Münchner Stadtbäche« herausgegeben hat.

Übrigens vermuten die beiden frisch gebackenen Sprühdosen-Künstler, dass es abgesehen von den kartierten Bächen noch viele weitere gegeben haben muss. Denn während ihrer Sprüh-Aktionen wurden ihnen viele Hinweise auf noch unbekannte Flussläufe gegeben. »Während des Malens werden wir immer von Bürgern angesprochen. Das Interesse ist vorhanden, alle Nachbarn erkundigen sich nach dem Grund unserer Aktion«, erzählt Holzapfel voller Stolz.

Das Interesse ist sogar so groß, dass sich beide, nachdem sie nun die gesamte Isarvorstadt verziert haben, auch andere Stadtviertel vornehmen wollen. »Es hat schon was Anarchistisches, wenn man mitten in der Nacht Gehwege besprüht«, gesteht Holzapfel. Die Stadtbäche waren ursprünglich Seitenarme der Isar. Bei Thalkirchen zweigte der Große Stadtbach ab. Dieser verteilte sich auf weitere kleine Bäche wie den Westermühlbach, den Pesenbach oder den Glockenbach. In letzterem fließt das Wasser noch heute. Ebenso unter der Sonnenstraße, entlang der alten Stadtmauer.

Auf die Idee, dem Verlauf der Bäche nachzuspüren, kamen Holzapfel und Schiermeier übrigens, weil sie hochinteressiert an der Münchner Geschichte sind – und einen Beitrag zum Stadtgeburtstag leisten wollten. »Wenn man die finanziellen Möglichkeiten hat, etwas zu tun, dann sollte man das auch anpacken«, so Holzapfel. »Das ist gelebte Geschichte, man muss die Leute einfach nur auf etwas stoßen, damit sie Interesse entwickeln«. Details zu den Stadtbächen von der Isarvorstadt bis zum Englischen Garten sowie ihrer Geschichte kann man in einem Faltblatt zum Projekt nachlesen; dies ist im Hotel »Deutsche Eiche« kostenlos erhältlich.

Über die Initiativen der Stadt München zu ihrem 850. Jubiläum berichten wir in der kommenden Ausgabe des Münchner SamstagsBlatts. Sebastian Bolenius

Artikel vom 03.06.2008
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