Albrecht Ackerland über Altenhilfe

München - „Da schau her“

Altenhilfe, das klingt nach Pflege, nach der Einladung eines bedürftigen Mutterls ins Café, nach der täglichen guten Tat, nach Einkäufe hochtragen. Eigentlich alles ganz normale Pflichten, die viele von uns leider viel zu selten erledigen. Unsere Gemeinschaft ist längst auseinandergedriftet.

Die Alten sind so lange gut, solange sie zu gebrauchen sind. Die Zeiten der Großfamilie sind vorbei, vier Generationen unter einem Dach: Das war einmal. Das ist mitunter auch nicht zu bedauern. Wer größtenteils von der Oma erzogen wurde, dem merkt man das auch an – Nachsicht an der falschen Stelle, gepaart mit erzieherisch gemeinter Strenge, die es oft aber einfach nicht braucht. Und so manche Schwiegertochter hatte es sicher auch nicht leicht mit dem ständigen Gegner im Haus, immer im Kampf um das Buberl, das eigentlich Mann ist. Viel Klischee steckt in diesen Zeilen, gewiss auch manch Wahres, und sicher gibt es unzählige Beispiele, bei denen alles ganz anders lief. Sei’s drum: Dass junge Familien kaum mehr Kontakt zu den Älteren haben, als es der Sonntagskaffee bei der Oma hergibt, das ist schade.

Es fällt mir schwer, dies jetzt aufzuschreiben, aber es muss sein: Von den Alten lernen bedeutet, manche Erfahrungen nicht selbst machen zu müssen. Sicher: Vieles muss der Mensch unbedingt selbst erleben. Aber warum nicht auch auf der Erfahrung derer aufbauen, die sie längst tief in sich drin tragen?

Ich rede mich leicht, bin auch nicht mehr der Allerjüngste, und es gab Zeiten in meinem Leben, da hätte man mich jagen können mit den „alten Deppen“. Ein Vorurteil. Aber auch ein gereiftes Urteil, sind mir doch in meiner Jugend auch viele Senioren sehr feindselig begegnet, weil in ihren Augen die Jugend an sich nichts taugte, nichts taugen könnte. Ein fröhliches Geben und Nehmen quasi.

Ein sehr fruchtbar klingendes Geben und Nehmen ist dagegen das Projekt „Alt hilft Jung“, bei dem pensionierte Profis aus dem Wirtschaftsleben jenen jungen Leuten im angehenden Einstiegsalter beim Gehenlernen helfen – Gehhilfe einmal andersrum. Die Idee, dass jede Generation der anderen das gibt, was sie im Moment besonders gut geben kann, ist nicht neu – Stichwort „Großfamilie“. Ein Schritt zurück nach vorn könnte man sagen. Den jetzigen Gegebenheiten angepasst sollten wir uns doch eigentlich alle zusammen als eine Familie fühlen.

Wir in unserem Haus jedenfalls tun dies ein wenig. Deshalb enden diese Zeilen nun auch, ich muss in den Zweiten zur Frau Anna. Ich muss mir nochmal zeigen lassen, wie ihr perfektes, über Jahrzehnte hin entwickeltes Schweinsbratenrezept geht. Außerdem gehört ihr Internet eingerichtet.

Artikel vom 22.01.2009
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