Der Schleichverkehr durch die schmalen Wohnstraßen in der Parkstadt, vorbei an den Staus im Tunnel, auf der Richard-Strauss- und der Prinzregentenstraße, entzweit weiterhin wie bereits seit fast zehn Jahren die Bewohner des Viertels.
Die eine Seite möchte aus Gründen besserer Wohnqualität und der gewonnenen Sicherheit für die Mädchen und Buben an Schule und Kindergarten im Bereich der Stuntzstraße die geltenden Einbahnstraßen-Regelungen beibehalten, die andere Fraktion Anwohner der Revaler- und der Gotthelfstraße plädiert für die Öffnung aller Einfahrten, so wie es vor dem Tunnelbau war. Nur so könne die bereits mehrmals verschobene Verkehrszählung durchgeführt werden und objektive Ergebnisse liefern. Ein Konsens zeichnet sich bislang weder auf Bürger- noch auf Politikerseite ab.
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Der bei der April-Tagung vom Bezirksausschuss (BA) knapp mit 17 gegen 16 Stimmen der schwarz-grün-gelben Koalition gefasste Beschluss, nicht länger auf die Zählung zu warten und das Kreisverwaltungsreferat (KVR) zu veranlassen, sämtliche Verkehrsregelungen für die Parkstadt aus der Tunnelbauzeit aufzuheben, die Autos also sofort ungehindert durch den Stadtteil fahren zu lassen, löste Reaktionen in Form von elf weiteren zu den weit mehr als 100 vorliegenden Anträgen bei der Mai-Sitzung des BA aus. Etwa 80 Bürger belegten sämtliche Plätze im Tagungsraum. »So etwas habe ich in den letzten elf Jahren noch nicht erlebt«, konstatierte denn auch der stellvertretende BA-Vorsitzende Ulrich Tetzner (CSU), der in Vertretung von Angelika Pilz-Strasser die Sitzung leitete. Allseits heftige Wortgefechte prägten die ausgiebige Pro-und-Kontra-Debatte, wobei die Sprecher beider Bürgerlager die bekannten Argumente wiederholten.
Eine kurzfristig machbare Lösung, die im Antrag von Barbara Lauter steckt, hatte offensichtlich niemand erfasst: »Eine Reduzierung des Verkehrs in der Revaler Straße um nahezu 50 Prozent könnte durch eine Einbahnstraßenregelung stadtauswärts erreicht werden. Der Verkehr aus der Parkstadt würde sich so auf alle anderen Verbindungsstraßen verteilen.« Michael Seeberger betonte, dass »die Revaler Straße 80 Prozent des Verkehrs habe, zwei, drei weitere rund 20 Prozent und die Gleim- und Klosestraße null«. Seine Forderung nach »ein bisschen mehr Gerechtigkeit« würde »immer noch 60 Prozent Anteil« für die Revaler Straße bedeuten.
Der Sprecher der BürgerInteressenGemeinschaft (BIG) Parkstadt Bogenhausen, Michael Hartung, forderte vehement von den Lokalpolitikern: »Abwarten, zählen, Fakten schaffen bringen Sie Gerechtigkeit rein! Ich habs allmählich satt, ich will eine von allen getragene Lösung!« Walter von Pattay widersprach: »Erst wenn alle Straßen geöffnet sind, wird sich der Verkehr verteilen, erst dann ist eine Verkehrszählung sinnvoll.« Diese Meinung konterte Gregor Tuma: »Alles zu öffnen wäre ein verantwortungsloses Vorgehen, jedes Navigerät weist dann den Weg über die Stuntzstraße, und wenn dort noch zehn Autos mehr fahren, wird es richtig gefährlich.« Einen künftigen Aspekt bislang von niemandem angeführt erläuterte Cornelia Zacherl: »Wenn die geplanten fünf Hochhäuser am Vogelweideplatz erst einmal gebaut sind, wird sich das Verkehrsproblem wegen des Bevölkerungszuwachses verschärfen.« Und Seeberger ergänzte: »Im Prinz-Eugen-Park leben bald auch an die 8.000 Menschen.«
Im Gremium monierte SPD-Fraktionssprecher Peter Scheifele: »Man sollte keine Lösung übers Knie brechen, die keine Lösung ist.« Er rügte das Jamaika-Bündnis, die eine »Politik ins Blaue« mache. CSU-Chef und Stadtrat Robert Brannekämper warf den städtischen Referaten ihr Handeln vor: »Wir bauen zuerst und fangen dann das Denken an. Da muss ich einfach die Reißleine ziehen. Wenn man Ströme messen will, muss man sie fließen lassen.« Dazu ergänzte Scheifele, dass Norbert Biehling vom KVR ihm in einem Gespräch klar gemacht habe, dass er ohne Daten kein einziges Verkehrsschild abhängen könne.
Mehrheitlich bestimmte schließlich der BA, die elf Anträge erst zu behandeln, nachdem der vom BA organisierte Workshop zur Verkehrsproblematik stattgefunden hat; das wird noch vor der Sommerpause sein. Taktisch clever eingefädelt: Denn den Schwarzen Peter dürfte ziemlich sicher dann die SPD haben: Bürger können auf CSU-Initiative ihre Wünsche äußern, und diese werden an die Fachleute im Rathaus weitergeleitet. Die Schuld an allem, was nicht realisiert wird, liegt dann in den Augen der Antragsteller danach vermutlich bei der rot-grün regierten Stadt. ikb