Fünf neue Erinnerungszeichen in Obergiesing und Harlaching


Von Benjamin Schuldt
Auszubildende der Münchner Wohnen vor dem Erinnerungszeichen für Alois Koller, das in der Rotbuchenstraße 33 gesetzt worden ist. (Foto: Münchner Wohnen, Jonas Nefzger)
Auszubildende der Münchner Wohnen vor dem Erinnerungszeichen für Alois Koller, das in der Rotbuchenstraße 33 gesetzt worden ist. (Foto: Münchner Wohnen, Jonas Nefzger)
Auszubildende der Münchner Wohnen vor dem Erinnerungszeichen für Alois Koller, das in der Rotbuchenstraße 33 gesetzt worden ist. (Foto: Münchner Wohnen, Jonas Nefzger)
Auszubildende der Münchner Wohnen vor dem Erinnerungszeichen für Alois Koller, das in der Rotbuchenstraße 33 gesetzt worden ist. (Foto: Münchner Wohnen, Jonas Nefzger)
Auszubildende der Münchner Wohnen vor dem Erinnerungszeichen für Alois Koller, das in der Rotbuchenstraße 33 gesetzt worden ist. (Foto: Münchner Wohnen, Jonas Nefzger)

Fünf Männer, die in Obergiesing und Harlaching lebten. Fünf Männer, die der menschenverachtenden Ideologie der Nationalsozialisten zum Opfer fielen. Fünf Erinnerungszeichen hat die Stadt München vor kurzem gesetzt. Das Besondere dabei: Mit den Biographien der fünf Männer haben sich Auszubildende der Münchner Wohnen eingehend beschäftigt.

Recht unscheinbar sind sie, die stählernen, teils vergoldeten Erinnerungszeichen für Fritz Hausmann (Walchenseeplatz 15), Richard Sicher (Perlacher Straße 51), Franz Kohn (Landlstraße 3), Theodor Sternau (Soyerhofstraße 24) und Alois Koller (Rotbuchenstraße 33), jedoch von großer Tragweite. Menschen, die „fast vollständig aus dem Gesicht der Stadt verschwunden sind”, wie Stadträtin Heike Kainz bei der Einweihung meinte, erhalten dadurch ihren symbolischen Platz in der Stadtgesellschaft zurück. In den vergangenen sechs Jahren sind fast 250 Erinnerungszeichen in München gesetzt worden. Viele weitere Anträge laufen.

Was die fünf Männer verbindet, ist ihr trauriges Schicksal in der NS-Zeit. Vier von ihnen wurden im Konzentrationslager ermordet. Theodor Sternau, der die Hochvogel-Apotheke in der Soyerhofstraße betrieb, beging fünf Tage nach der Reichsprogromnacht am 9. November 1938 Suizid. Sternau war jüdischen Glaubens, ebenso wie Fritz Hausmann, Richard Sicher und Franz Kohn. Alois Koller war getaufter Katholik, schloss sich aber den Zeugen Jehovas an und verteilte Protest-Flugblätter gegen das Regime - eine mutige Tat, die er mit seinem Leben bezahlte.

Azubi-Projekt der Münchner Wohnen

Alle fünf Männer wohnten in Mietshäusern der städtischen Wohnungsbaugesellschaften GEWOFAG und GWG, die Anfang 2024 zur Münchner Wohnen fusionierten. Aus diesem Grund war die Initiative zu den Erinnerungszeichen von der Münchner Wohnen ausgegangen. Auszubildende im zweiten Lehrjahr recherchierten die Biographien der Verstorbenen und übernahmen die Patenschaften für ihre Erinnerungszeichen. Es war das zweite Projekt dieser Art, beim ersten war vor einem Jahr sechs ehemaligen Mietern der Apostelblöcke in Neuhausen gedacht worden.

„Verantwortung für Thema übernommen”

Lob für die jungen Leute gab es nicht nur von der Vorsitzenden der Geschäftsführung der Münchner Wohnen, Doris Zoller, sondern auch von Ellen Presser von der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern. „Ihr habt Euch mit einem Thema beschäftigt, das das eigene Leben nicht betrifft und dafür Verantwortung übernommen”, sagte Presser bei der Gedenkveranstaltung im Innenhof eines Wohnblocks am Walchenseeplatz. Dafür haben die Azubis viel Zeit investiert: Nach einer Einführung im NS-Dokumentationszentrum und Workshops zum Thema Nationalsozialismus recherchierten sie die Lebensläufe der ehemaligen Mieter. Aus Stichpunkten und Daten formulierten die jungen Leute biographische Texte, die sie bei der Einweihung der Erinnerungszeichen vorlasen. „Wir haben dadurch auch gelernt, als Gruppe zusammenzuarbeiten”, erklärten die Auszubildenden Lena Jansen und Dina Coskun.

„Ihr Jugendlichen seid unsere Hoffnung”, meinte die Vorsitzende des Bezirksausschusses Obergiesing-Fasangarten (BA 17), Carmen Dullinger-Oßwald. Wichtig sei es, führte die BA-Chefin weiter aus, dass die Erinnerungszeichen dort angebracht würden, wo die Verstorbenen lebten - an den Wohnhäusern, also direkt im Viertel. Denn das Mieter, Nachbarn, Bekannte, Freunde plötzlich ausgegrenzt, deportiert und ermordet wurden, ist ein wichtiges, wenngleich dunkles Kapitel der Münchner Stadtgeschichte. Nicht nur in Obergiesing und Harlaching.

Die von der Auszubildenden verfassten Biographien können im Internet unter erinnerungszeichen.de nachgelesen werden.

Das könnte Sie auch interessieren
Vortrag: Geschichte der Moosacher Sparkasse„Ruinenschleicher und Schachterleis” – beeindruckender Nachkriegsfilm wird nochmals gezeigtSchüler der Rudolf-Diesel-Realschule verlasen im Gedenken an einstige jüdische Nachbarn deren NamenNordOstKalender für 2025 jetzt erhältlichFührung durch die Oberföhringer GeschichteUrzeitmuseum Taufkirchen erhält FörderungGedenktafel in St. Rita erinnert an Pfarrer Josef HurlerNeues in der AschheiMuseums-AppGedenkfeier zur Pogromnacht am MontagZum Gedenken soll in der Innenstadt ein Kunstwerk für Sinti und Roma entstehen – ein zweites Denkmal im Westend soll es nicht gebenIm Bezirksausschuss Schwanthalerhöhe (BA 8) erwägt man, das Panzerfahrerdenkmal an der Theresienhöhe dem „kontrollierten Verfall“ zu überlassenDas Gefallenendenkmal in der Dachauer Straße soll entweder zurückgebaut oder die Inschrift entfernt werden, dafür setzt sich der Bezirksausschuss einDie Namenslesung zum Gedenken an einstige jüdische Nachbarn findet im Stadtbezirk Neuhausen-Nymphenburg ausnahmsweise am 7. November stattVier neue Erinnerungszeichen in RamersdorfErinnerungszeichen für Alexander Schmorell (Weiße Rose) aufgestellt
north