Am Sonntag, 28. September, ist Landtagswahl in Bayern. Da wird wieder mit einer Menge Zahlen jongliert, die unterm Strich die Weichenstellung für die Zukunft des Freistaats bedeuten. Bei der Wahl im Jahr 2003 lag die Beteiligung landesweit bei gerade mal 57,1 Prozent. Das heißt, dass nur noch etwas mehr als jeder Zweite sein Wahlrecht für den Landtag nutzt.
1998 lag die Wahlbeteiligung noch bei knapp 70 Prozent. Für die Politik und die, die sie gestalten, ist dieser massive Rückgang ein Schlag ins Gesicht gewesen. Doch die Prognosen verheißen auch bei der aktuellen Wahl nichts Gutes. Immer weniger Menschen gehen in Deutschland zur Wahl, ganz gleich auf welcher politischen Ebene vom Gemeinderat bis zum Bundestag.
»Politikverdrossenheit« wird hierzulande dafür verantwortlich gemacht. Die lässt sich an sinkenden Mitgliederzahlen in deutschen Parteien festmachen, an Umfrageergebnissen und eben an der Wahlbeteiligung. Während die beiden ersten Möglichkeiten durchaus probate Mittel sein können, die Unzufriedenheit mit Politik und Politikern auszudrücken, ist der Verzicht auf die Stimmabgabe oder gar deren Verweigerung der falsche Weg.
Erstens: Demokratie bedeutet »Herrschaft des Volkes«. Herrschaft aber bedeutet Verantwortung. Jeder Wahlberechtigte hat ein Teil der Verantwortung für die Zukunft seines Landes. Zugegeben: Es ist ein sehr kleiner Teil. Aber wenn über 40 Prozent der Wahlberechtigten diese Verantwortung zurückweisen, entsteht ein verzerrtes Bild dessen, was die Menschen wirklich wollen.
Zweitens: Es gibt Stammwähler und Wechselwähler. Den etablierten Parteien gelingt es immer weniger, ihre Stammwähler zur Wahlurne zu bewegen bzw. Wechselwähler von sich zu überzeugen. Im Gegensatz dazu nutzen die extremistischen Parteien, besonders am rechten Rand, ihr Potenzial an Stammwähler in der Regel fast vollständig aus. Dazu kommen Wechsel- und so genannte »Protestwähler«, die mit ihren Stimmen die Ergebnisse dieser meist programm- und konzeptlosen Randparteien nach oben treiben. Das bedeutet aber auch, dass jeder Nichtwähler die Stimmen für die extremistischen Parteien aufwertet. Wer also sagt: »Ich gehe nicht zur Wahl!«, der wählt indirekt die kleineren und die Splitterparteien. Die Kommunalwahl im März dieses Jahres hat eindrucksvoll gezeigt, was die Konsequenzen sind. Mit einem Minimum an Stimmenanteilen hat ein Kandidat den Einzug in den Stadtrat geschafft, der an seinem ersten Arbeitstag die Verwaltung mit einer Unmenge an Anträgen überhäuft und bei seiner Vereidigung für einen medienwirksamen Eklat gesorgt hat.
Die Zeiten, als Arbeiter die SPD, Konservative die CSU, »Ökos« die Grünen und »Besserverdienende« die FDP gewählt haben, sind längst vorbei. Die Parteienlandschaft in Deutschland hat sich den Erfordernissen folgend verändert. Mit dem Versuch der SPD, auch in der Mitte mehr Wähler anzusprechen, und mit der Umsetzung der Agenda 2010 von Altkanzler Gerhard Schröder hat man die linksorientierten Wähler vor den Kopf gestoßen. Für die Linkspartei unter Ex-SPD-Chef Oskar Lafontaine und dem Aushängeschild der ehemaligen PDS, Gregor Gysi, hat sich hier mehr als eine Nische aufgetan. In Bayern kommen die Linken zwar bislang »nur« auf etwa vier Prozent, aber mit Hessen hat die Partei bereits das Parlament eines westdeutschen Bundeslandes in Konfusion gebracht.
In fünf Jahren könnten die Linken auch in Bayern den Einzug ins Maximilianeum schaffen.
Dann wären neben den aussichtsreichen Freien Wählern, der FDP und den aktuellen Landtagsfraktionen von CSU, SPD und Grünen bereits eine sechste Fraktion im Parlament des Freistaats. Die jetzigen Zugewinne der kleineren Parteien gehen allesamt zulasten der CSU, die aktuellen Umfragewerten zufolge um ihre absolute Mehrheit fürchten muss.
»Die Währung des Wählers ist die Stimme«, sagt Grünen-Fraktionschefin Margarete Bause. Diese Währung ist nur einmal einlösbar, nämlich am Wahltag. Danach verfällt sie ersatzlos. Wählen ist keine lästige Pflicht. Wählen ist eine Chance.
Wesentlich leichter tut man sich, wenn man vor der Wahl weiß, worum es geht, wer antritt, wem man sein Vertrauen geben möchte. Dass es Politiker gibt, denen man uneingeschränkt vertraut, ist eine Illusion. Aber es gibt Werte, mit denen man sich immerhin teilweise identifiziert. Wo man als Wähler die größte Übereinstimmung mit seinen persönlichen Interessen sieht, sollte man auch sein Kreuzchen machen.
Näheres über die Landtagskandidaten in den Stimmkreisen Altstadt-Hadern (101), Bogenhausen (102), Milbertshofen (104), Moosach (105), Schwabing (108), Ebersberg (113), Freising (116) und München-Land-Nord (122) erfahren Sie, wenn Sie unten den jeweiligen Kandidaten auswählen.
Außerdem haben wir noch einige Informationen über die Landtagswahl und die parallel stattfindenden Bezirkstagswahlen für Sie zusammengestellt.
Carsten Clever-Rott
Weitere Artikel zum Thema Landtagswahl/Bezirkstagswahl in Bayern 2008:
Dreiteilige Serie im Samstagsblatt:
Teil 2: Mit welchen politischen Themen die Parteien punkten wollen
Kurzvorstellung der Landtagskandidaten:
Stimmkreis 101 - Altstadt-Hadern
(Altstadt, Ludwigsvorstadt-Isarvorstadt, Westend, Sendling-Westpark, Hadern)
Stimmkreis 102 - Bogenhausen
(Bogenhausen, Au-Haidhausen, Berg am Laim)
Stimmkreis 104 - Milbertshofen
(Milbertshofen-Am Hart, Schwabing-West, Teile von Neuhausen-Nymphenburg)
Stimmkreis 105 - Moosach
(Moosach, Feldmoching-Hasenbergl, Teile von Neuhausen-Nymphenburg, Laim)
Stimmkreis 108 - Schwabing
(Schwabing-Freimann, Lehel, Maxvorstadt, Teile von Neuhausen-Nymphenburg)
Stimmkreis 113 - Ebersberg
(Landkreis Ebersberg)
Stimmkreis 116 - Freising
(Landkreis Freising)
Stimmkreis 122 - München-Land-Nord
(nördlicher und nordöstlicher Landkreis München)