Es ist Sonntagnachmittag. Robert Zernicke (26) meldet sich am Telefon mit einem gut gelaunten »Servus«. Tags zuvor haben seine Teamkollegen Pascal Maier, Jerome Morris, Alex Macek, Oliver Schober und Alex Scholz mit der deutschen Nationalmannschaft 49:21 in Frankreich gewonnen. Zernicke war wieder nicht dabei obwohl er in der laufenden Saison einer der überragenden Cowboys-Akteure, ja einer der besten Defense Ends der German Football League (GFL) ist.
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Im Interview spricht Zernicke über seine Nationalmannschaftsambitionen, seine Rolle im Team der Cowboys und das große Ziel die Playoffs.
Münchner Wochenanzeiger: Herr Zernicke, haben Sie gestern mit Wehmut nach Frankreich geschaut?
Robert Zernicke: Ich habe noch gar nicht gehört, wie es gelaufen ist. Ich habe zwar versucht Oli Schober und Alex Scholz zu erreichen, habe aber noch keinen der beiden ans Telefon gekriegt.
Die Frage zielte auch eher auf ihre eigenen Ambitionen ab. Nicht enttäuscht, wieder nicht eingeladen worden zu sein?
Oli Schober hat mir erzählt, dass es diesmal fast geklappt hätte. Die Nationalcoaches sichten intensiv Tapes von mir, weil ich in der GFL in einigen Statistiken der Beste bin. Aber ja, ich wäre schon gerne dabei gewesen.
Die Cowboys haben zwei Defense Backs gestellt. Ist es für Sie als Defense End schwieriger, herrscht auf Ihrer Position größere Konkurrenz?
Glaube ich gar nicht mal, auch wenn schon sechs Defense Ends dabei waren. Das Problem ist, dass ich kein typischer Spieler für diese Position bin. Ich bin relativ leicht, es kann sein, dass die Nationalcoaches deswegen nicht früher auf mich aufmerksam geworden sind. Und vielleicht haben sie auch mehr im Norden Deutschlands gesichtet.
Bei den Cowboys sind Sie meist einer der auffälligsten Spieler. Sind Sie mit Ihrer Leistung in der laufenden Saison zufrieden?
Wenn ich mal ganz egoistisch denke, kann ich tatsächlich sagen, dass ich super zufrieden mit meinen Leistungen bin. Ich habe im Winter aber auch viel und hart trainiert. Ich führe mehrere Statistiken der GFL an, habe zum Beispiel die meisten Sacks (Tackeln des gegnerischen Quarterbacks, bevor dieser den Ball werfen kann; die Red.) gemacht. Wenns jetzt noch mit der Nationalmannschaft klappen würde, würde ich mich nicht beschweren.
Haben Sie auch einen weiteren Schritt auf dem Weg zum Führungsspieler bei den Cowboys gemacht?
Ich bin vor der Saison von meinen Kollegen zum Defense-Käptn gewählt worden. Das ist schon eine große Ehre. Und man muss auch sagen, dass ich schon fast zu den Veteranen, zum alten Eisen im Team gehöre. Ich bin jetzt seit 2005 dabei. Da wächst man in seine Rolle rein. Das ist ein gutes Gefühl.
Ein anderer wichtiger Akteur ist Jerome Morris. Er ist nach langer Verletzungspause wieder fit, hat für Deutschland am Samstag zwei Touchdowns gelegt. Wie wichtig ist er für die Cowboys?
Er ist eine weitere Option für unser Spiel. Aber auch andere haben zuletzt überzeugt. Gary Lautenschlager zum Beispiel hat super gespielt.
Gary Lautenschlager und Travis Harvey. Ist dieses Quarterback-Duo der große Trumpf der Cowboys?
Schwer zu sagen. Klar ist es für den Gegner schwieriger, sich auf zwei verschiedene Leute einstellen zu müssen. Aber man darf nicht vergessen, dass dieses Spiel immer noch eine Teamgeschichte ist. Mal schauen, was sich unser Coach John Rosenberg noch so einfallen lässt. Er hat sicher noch einige Asse im Ärmel.
Mit denen es dann mit dem Einzug in die Playoffs klappt?
Das hängt auch noch von Weinheim ab. Aber da wir gegen die noch zweimal spielen, haben wir es selbst in der Hand. Die Playoffs sind auf jeden Fall unser Ziel. Wir sind ausreichend motiviert und ich bin zuversichtlich. Wir schaffen die Playoffs!
Interview: Jan Lüdeke