Nach dem Bekanntwerden des Missbrauchfalls in Aubing versuchte die Werbe-Spiegel-Redaktion mehrfach, bei der Pfarrei St. Quirin einen Gesprächstermin zu bekommen. Weder der Pfarrgemeinderatsvorsitzende Joseph Burghart noch seine Stellvertreterin Annette Lindner, die auch Vorsitzende des Sachbereiches Jugend ist, fanden von Mittwoch bis Samstagabend dafür Zeit; ebenso wenig Pater Abraham Nedumthakidy, seit Ende 2009 Pfarrherr in St. Quirin.
Stellung bezogen dagegen die beiden Jugendbeauftragten des Bezirksausschusses Aubing-Lochhausen-Langwied, Dagmar Mosch (Bündnis 90/Die Grünen) und Rolf Kramer (CSU). „Es ist absolut inakzeptabel, Missbrauchs-Verdachtsmomenten nicht sofort nachzugehen und aufzuklären“, so Mosch. „Viele Fälle, die jetzt bekannt werden, sind durch das damalige Verhalten der Kirche zum großen Teil leider verjährt. Die Täter können nicht mehr bestraft werden, die Opfer sind aber ein Leben lang bestraft und unter Umständen traumatisiert.“
So spiele die katholische Kirche in ihrem Selbstverständnis eine erhebliche Rolle in diesem Skandal. „Die höheren Instanzen, wie Diözese und Bistum, haben weggeschaut und alles in den eigenen Reihen gelassen. Sogar jetzt sind starke Bestrebungen erkennbar, wieder alles nur selbst aufklären zu wollen.“ Eine Straftat dieser Dimension gehöre jedoch gleich in die Hände der Staatsanwaltschaft. „Meines Erachtens darf die Kirche gegenüber einem Ombudsmann nicht weisungsbefugt sein; er muss unabhängig ermitteln können“, betont Dagmar Mosch. Nach rechtskräftiger Verurteilung eines Missbrauchs-Straftäters müssten bei Versetzung in eine andere Pfarrei der Pfarrer und gegebenenfalls die Gemeindemitglieder informiert werden. Die Kirche muss unbedingt dauerhaft sicherstellen, dass der neue Wirkungsbereich keinen direkten Kontakt zu Kindern und Jugendlichen beinhaltet. Die klarste Entscheidung wäre aber die Entlassung des Pfarrers.“
So habe die jetzige Aufklärungswelle hoffentlich ein Gutes: „Dass bei der Kinder- und Jugendarbeit genauer hingesehen wird – und das nicht nur in Kirchenkreisen, sondern auch in Sportvereinen, Musikvereinen und allen anderen Kinder- und Jugendeinrichtungen.“
„Als ich lesen musste, dass auch bei uns in Aubing derartige Taten stattgefunden haben war ich schockiert“, erklärt Rolf Kramer. „Ich hoffe, dass die Opfer zusammen mit ihren Familien genügend Kraft und Stärke haben, um die Geschehnisse verarbeiten zu können. Die Gesellschaft sollte dafür Sorge tragen, dass ihnen hierfür professionelle Hilfe zur Verfügung steht“, sagt er. „Wütend macht mich, dass die Täter fast immer eine zweite Chance bekommen sich zu bewähren; die Opfer hingegen hatten nicht einmal eine einzige Möglichkeit sich der Tat zu entziehen. Wenn die Täter sogar weiterhin in der Kinder- und Jugendarbeit eingesetzt werden, habe ich dafür nicht das geringste Verständnis.“