Es ist zweifellos eine schöne Idee: Man bekommt 30 Thesen zu politischen Themen vorgelegt, zum Beispiel: „Ein gesetzlicher Mindestlohn sollte auf alle Branchen ausgeweitet werden” oder „Ausnahmsloses Rauchverbot in allen öffentlichen Gaststätten?”. Man klickt dann jeweils an: „Stimme zu”, „Stimme nicht zu” oder „Keine Meinung”. Die Auswertung teilt dem Benutzer dann am Ende mit, mit welcher Partei er die meisten Übereinstimmungen hat.
So funktioniert der Wahl-O-Mat, eine Erfindung der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb). Im Vorfeld der bayerischen Landtagswahl 2008 wollte der Bayerische Jugendring (BJR) als Lizenznehmer einen extra für die Bayernwahl ausgearbeiteten Wahl-O-Mat ins Internet stellen. Berücksichtigt wurden dabei jedoch nur die sechs größten Parteien: CSU, SPD und Grüne, die bereits im Landtag vertreten sind, sowie FDP, Freie Wähler und Die Linke, die in Umfragen über drei Prozent liegen.
Zur Wahl treten in Bayern aber nicht nur diese sechs „großen” Parteien an, sondern zusätzlich noch acht kleine. Eine dieser kleinen Parteien ist die Ökologisch-Demokratische Partei (ödp). Die zog vors Münchner Verwaltungsgericht, weil sie mit ihren Positionen ebenfalls im Wahl-O-Mat vertreten sein wollte. Der Jugendring, fand die ödp, sei als Körperschaft des öffentlichen Rechts zur Überparteilichkeit verpflichtet und dürfe die ödp nicht ausschließen. Das Gericht gab der ödp Recht. Damit ist diese nun in der Rolle des Buhmanns: Der BJR sieht sich nämlich in der kurzen Zeit bis zur Wahl nicht mehr in der Lage, die ödp mit aufzunehmen, und das bedeutet de facto das Aus für den Wahl-O-Mat zur Landtagswahl 2008.
Bitter enttäuscht fährt die Präsidentin des Bayerischen Jugendrings, Martina Kobriger, schwere Geschütze gegen die Spaßbremse ödp auf: „Wir akzeptieren die Eilentscheidung des Gerichts, bedauern aber diese unerfreuliche Entwicklung sehr. Denn entgegen aller anderslautenden Aussagen der ödp muss den Verantwortlichen dort klar gewesen sein, dass eine Entscheidung zu ihren Gunsten den Wahl-O-Mat in Bayern verhindern würde. Man hat das offenbar bewusst in Kauf genommen und somit Jung- und Erstwählern in Bayern ein wertvolles politisches Informationsangebot vorenthalten. Leider hat man bei der ödp im Vorfeld nie ein klärendes Gespräch mit dem Bayerischen Jugendring gesucht. Das legt schon den Verdacht nahe, dass es hier vorrangig um öffentliche Aufmerksamkeit im Wahlkampf ging.”
„Ziel der ödp ist nicht die Verhinderung des Wahl-O-Mat, sondern die Einbeziehung der ödp”, stellt die Ökopartei klar. „Nachdem die ödp schon bei mehreren Wahlen nicht bei Wahl-O-Mat oder ähnlichen Aktonen berücksichtigt wurde und entsprechende Proteste bei den jeweiligen Betreibern nicht zu Reaktionen geführt haben, blieb der ödp jetzt keine andere Wahl mehr, als ein Gerichtsverfahren zu betreiben”, widerspricht ödp-Kreisvorsitzender Adrian Heim der Darstellung des BJR. Der ödp, die sich unlängst den Zusatz „Bündnis für Familien” gegeben hat und gerade auch für die Belange von Familien eintreten will, ist der Konflikt mit dem Jugendring „höchst unangenehm, weil wir die hervorragende Arbeit der Kreis- und Stadtjugendringe schätzen und in den kommunalen Gremien unterstützen.”
Die etablierten Parteien haben viel Geld für ihren Wahlkampf und genießen automatisch die öffentliche Aufmerksamkeit. Für die mühsame Aufbauarbeit kleiner Parteien ist das Internet eine wertvolle Hilfe. Zwei Online-Angebote informieren gut über sämtliche Parteien: Auf www.werstehtzurwahl.de werden alle zur Wahl zugelassenen Parteien vorgestellt und haben Gelegenheit, sich zu sieben wichtigen landespolitischen Fragen zu äußern. Über die Plattform www.kandidatenwatch.de kann man mit allen Kandidaten direkt in Kontakt treten und ihnen Fragen stellen. „Das ist ein Beitrag zur politischen Meinungsbildung, der ohne Ausschluss einzelner Parteien auskommt”, lobt Adrian Heim.