Veröffentlicht am 23.09.2008 11:30

Staatsregierung verschleppt Sozialbericht


Von DS
Geht auch im reichen Bayern die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter auf? (Foto: photos.com)
Geht auch im reichen Bayern die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter auf? (Foto: photos.com)
Geht auch im reichen Bayern die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter auf? (Foto: photos.com)
Geht auch im reichen Bayern die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter auf? (Foto: photos.com)
Geht auch im reichen Bayern die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter auf? (Foto: photos.com)

Es ist schon zehn Jahre her, dass die Bayerische Staatsregierung einen Bericht zur sozialen Lage der Bevölkerung in Bayern vorgelegt hat. Laut Beschluss des Landtags sollte eigentlich in jeder Legislaturperiode einer erstellt werden. Dass nun vor der Landtagswahl kein aktueller Sozialbericht mehr veröffentlicht wird, stößt auf heftige Kritik der Opposition. Schon seit Jahren fordern SPD und Grüne neue Daten. Der Verdacht: Auch im reichen Bayern geht die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter auf.

Studien von Wohlfahrtsverbänden und Instituten gibt es nämlich durchaus, und die Zahlen sind alarmierend: Vier Prozent der Bayern, also rund 340.000 Menschen, beziehen demnach Hartz IV. Rund 160.000 Kinder wachsen in einem Hartz-IV-Haushalt auf, das sind acht Prozent aller Kinder. Geschätzt 400.000 bayerische Rentner leben unterhalb der Armutsgrenze. Bei der Höhe der Rente liegt Bayern nach Angaben des Sozialverbandes VdK mit durchschnittlich 647 Euro pro Monat in Deutschland an vorletzter Stelle.

Die Bayerische Arbeiterwohlfahrt (AWO) wirft der Staats­regierung „bewusste Verzögerungstaktik” beim Vorlegen des Sozialberichts wegen der bevorstehenden Landtagswahl vor. Sozialministerin Christa Stewens (CSU) wolle die Wähler „über die wirkliche soziale Lage in Bayern im Unklaren lassen”, sagte der AWO-Landesvorsitzende Thomas Beyer. „Es ist schon bezeichnend, dass die Staatsregierung eine ehrliche Armuts- und Reichtumsberichterstattung meidet.” Die Bundesregierung lege regelmäßig einen Bericht vor. Hier stelle sich die Frage, was Stewens „den Menschen in Bayern meint verbergen zu müssen”. Beyer forderte die Staats­regierung dazu auf, „sofort alle bislang vorliegenden Teilergebnisse des Berichts zu veröffentlichen”.

Nach Angaben von Staatsminister Dr. Otmar Bernhard arbeite das Sozialministerium mit Hochdruck am Landessozialbericht, „der auf jeden Fall noch 2008 fertig wird. Dabei geht Sorgfalt vor Schnelligkeit, um einen hochwertigen, aktuellen und fundierten Sozialbericht vorzulegen”, erklärt Bernhard. „Dank der Anstrengung der Staatsregierung haben wir in Bayern erfolgreich Armut verhindert. Kein anderes Bundesland hat eine so niedrige Arbeitslosenquote. Auch sind in Bayern nur etwa halb so viel Bürgerinnen und Bürger auf Sozialleistungen angewiesen wie im Bundesdurchschnitt.”

Die Stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Landtags-SPD, Johanna Werner-Muggendorfer, wirft Sozialministerin Christa Stewens vor, sensible Daten aus dem Sozialbericht zurückzuhalten. „Die Aussage von Stewens, dass ein Bericht vorliegt, der aber erst interpretiert werden müsse, lässt bei uns die Alarmglocken schrillen. Vielleicht steht da ja etwas drin, was nicht in das schöngefärbte Bild der CSU passt”, erklärt Werner-Muggendorfer (Neustadt). Nachdem der letzte Sozialbericht zehn Jahre alt ist, „besteht nun wirklich die Gefahr, dass die Politik falsche Entscheidungen trifft, weil sie keine aktuelle Datengrundlage hat. Ich halte das Vorgehen von Ministerin Stewens für unverantwortlich”, so die Sozialpolitikerin, die auch empört darüber ist, dass ein Beschluss des Landtags aus der Periode 1998 bis 2003 einfach nicht umgesetzt wurde. „Es ist außerdem ein Armutszeugnis für das Sozialministerium, es nicht zu schaffen, einen Sozialbericht recht vorzulegen.”

„Die CSU-Landtagsfraktion hat sich für einen Sozialbericht in jeder Legislaturperiode ausgesprochen. Dass er erst demnächst vorgelegt werden kann, liegt an den Sozialreformen der vergangenen Jahre, die eine völlig neue Basis erbracht haben, und an der Einbeziehung der Sozialverbände in die Erarbeitung des Sozialberichts”, erklärt dagegen der CSU-Landtagsabgeordnete Joachim Unterländer. „Die CSU sieht den Sozialbericht als gute Grundlage für die Lösung sozialpolitischer Probleme. Vor diesem Hintergrund, aber vor allen Dingen weil Bayern im Vergleich zu allen Ländern die beste Situation hat, ist es völlig falsch zu vermuten, die Zahlen sollten „verschleppt“ werden.”

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