Veröffentlicht am 27.03.2012 00:00

Schwabing · 50 Jahre »Ich kann’s«


Von red
Eine Geste aus »Lysistrate«: Rebecca, Ninja, Alena und Eva Lücking (v.l.) wollen »regieren« – zumindest auf der Bühne. 	 (Foto: Sylvie-Sophie Schindler)
Eine Geste aus »Lysistrate«: Rebecca, Ninja, Alena und Eva Lücking (v.l.) wollen »regieren« – zumindest auf der Bühne. (Foto: Sylvie-Sophie Schindler)
Eine Geste aus »Lysistrate«: Rebecca, Ninja, Alena und Eva Lücking (v.l.) wollen »regieren« – zumindest auf der Bühne. (Foto: Sylvie-Sophie Schindler)
Eine Geste aus »Lysistrate«: Rebecca, Ninja, Alena und Eva Lücking (v.l.) wollen »regieren« – zumindest auf der Bühne. (Foto: Sylvie-Sophie Schindler)
Eine Geste aus »Lysistrate«: Rebecca, Ninja, Alena und Eva Lücking (v.l.) wollen »regieren« – zumindest auf der Bühne. (Foto: Sylvie-Sophie Schindler)

Ein Riesenaufgebot aus gutem Grund: Das Schwabinger Sophie-Scholl-Gymnasium feiert sein 50-jähriges Jubiläum. »Und das ist alles andere als selbstverständlich«, sagt der stellvertretende Schulleiter Bernhard Vonbrunn.

Mädchenschulen wie diese seien inzwischen nur noch ein »Nischenprodukt«. Was Zahlen belegen: In München gibt es nur mehr fünf davon. Auch die Nachfrage ist nicht mehr so riesig wie noch in den Sechziger Jahren, als das Sophie-Scholl-Gymnasium sogar bayernweit das Größte war. Zu Spitzenzeiten drängelten sich 1.700 Schülerinnen in den Räumen, die für 900 konzipiert sind – man löste damals das Platzproblem, indem man in zwei Schichten, vormittags und nachmittags, unterrichtete – aktuell sind es 620 Schülerinnen.

Die sich nun, zu Ehren eines halben Jahrhunderts Schule, besondere Feierlichkeiten haben einfallen lassen: Etwa den Männern auf der Bühne die Leviten zu lesen – mit dem Stück »Lysistrate« ganz nobel nicht in der Schulaula, sondern im Prinzregententheater. Die Frauen Athens und Spartas haben im Stück allesamt die Nase voll davon, dass ihre Männer nichts anderes mehr im Sinn haben, als in die Schlacht zu ziehen. Und so tun sie sich zusammen, um den Frieden zu erzwingen. Dabei überlegen sie sich eine höchst ungewöhnliche Strategie. »Tussen aller Länder, vereinigen wir uns« rufen sie sich energisch zu. Keine Frage, die weibliche Wucht ist nicht mehr aufzuhalten. Und die Männer? Die haben gegen die ausgekochten Methoden des anderen Geschlechts schlichtweg keine Chance…Gut 200 Schülerinnen und Lehrer des Städtischen Sophie-Scholl-Gymnasiums zeigen das altgriechische Stück Ende April im Prinzregententheater. Die Schirmherrschaft für das Projekt hat die Filmemacherin und Oscar-Preisträgerin Caroline Link übernommen, früher selbst Schülerin am Sophie-Scholl-Gymnasium.

Statt der für Schulaufführungen üblichen Aula also ein Theater, in dem viele legendäre Opernsänger, Solisten und Orchester aufgetreten sind. Das flößt doch sicher Respekt ein? »Wir haben fast alle Lampenfieber«, verrät die 17-jährige Alena. »Hoffentlich machen wir bloß nichts falsch.« Aber diese Aufregung, die gehöre dazu, sagt die Schülerin, die die »Kalonike« spielt. Rebecca (17), in der Hauptrolle zu sehen, sieht es gelassen. »Das ist auch nur eine Bühne. Ob groß, ob klein, das macht keinen Unterschied. Und im Publikum sitzen halt ein bisschen mehr Leute.«

Neben den Mitwirkenden des Sophie-Scholl-Gymnasiums sind auch die Hortkinder der Städtischen Integrationskindertagesstätte Wopfnerweg dabei, außerdem drei Chöre, das Orchester und eine Percussion-Gruppe.

Das Theaterprojekt ist nicht das einzige zum runden Geburtstag: Im Juni gibt es eine vierwöchige Ausstellung von der Stiftung »Weiße Rose« und eine szenische Lesung der Briefe von Sophie Scholl an Fritz Hartnagel. Am 13. Juli wird zu einem Festakt Bundestagspräsident Norbert Lammert erwartet. Und was war nun der Vorteil in den vergangenen 50 Jahren Mädchenschule? »Bei uns stehen die Mädchen im Mittelpunkt«, sagt Vonbrunn. Und zitiert aus Studien, wonach bei gemischten Klassen 80 Prozent der Aufmerksamkeit durch die Lehrkräfte automatisch auf die Jungen gehe. Doch wo nur Mädchen sind, freilich, können sie von Buben nicht in die Ecke gedrängt werden. Besonders in naturwissenschaftlichen Fächern würden die Mädchen, so Vonbrunn, viel mehr aus sich herauskommen. Dadurch und auch anderswo würden sie schnell Selbstbewusstsein entwickeln, ein stärkendes »Ich-kann-das-Gefühl«.

Auch bei Diskussionen erlebten die Mädchen nicht, dass sie ausgebremst würden. »Wir lernen hier, unsere Meinung zu äußern und dazu zu stehen«, erzählt Rebecca. Ninja ist begeistert über den Zusammenhalt: »Bei uns prügelt sich niemand. Und auch Zickenkrieg gibt es kaum, auch wenn das immer viele denken.« Übrigens, dass Mädchen unter sich von Jungs entfremdet würden, ein alt bekanntes Vorurteil, kann Vonbrunn nicht bestätigen. Das Willi-Graf-Gymnasium beispielsweise sei gleich nebenan. »Mädchen und Jungs sitzen unter anderem in der Mensa zusammen. Die lernen schon, wie sie mit dem anderen Geschlecht umgehen, da mache ich mir keine Sorgen«, so der Studiendirektor.

Eben mal das Prinzregententheater zu buchen, ist, wie man sich denken kann, eine kostspielige Angelegenheit. Eine genaue Summe zu nennen, damit haben sich die Beteiligten bedeckt gehalten. Projektleiterin Eva Lücking hatte zunächst erstmal in ein paar Nummern kleiner gedacht und sich bei der Schauburg um einen Aufführungstermin bemüht. Doch musste sie schnell feststellen, dass die Anzahl der Mitwirkenden für die Schauburg viel zu groß ist. Die Geldgeber, der Förderverein Freundeskreis Sophie-Scholl-Gymnasium ermunterten sie, weiterzusuchen. Ohne deren Hilfe hätte es mit dem Prinzregententheater ohnehin nicht geklappt. »Das ist ein finanzielles Risiko, das die Schule nicht tragen kann«, so Vonbrunn.

Zudem gibt es noch viele andere Herausforderungen beim Stemmen eines solchen Mammut-Projekts. »Die Proben laufen ja während des normalen Schullebens, wir müssen immer schauen, wo kriegen wir die notwendige Zeit her«, sagt Lücking, die mit den Schülerinnen auch schon mal während der Ferien probt – auf deren Wunsch übrigens.

»Lysistrate – eine Schule macht Theater« findet am Montag, 23. April, um 19.30 Uhr und am Dienstag, 24. April, um 18.30 Uhr im Prinzregententheater statt, Karten von 6 bis 22 Euro können jeden Donnerstag von 12.00 bis 12.40 Uhr in der Eingangshalle des städtischen Sophie-Scholl-Gymnasiums, Karl-Theodor-Straße 92, erworben werden, außerdem an allen bekannten Vorverkaufsstellen.

Sylvie-Sophie Schindler

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