Tabus hat Gianna Nannini immer gern gebrochen deshalb ist sie auch berühmt geworden. Berühmt geblieben ist die Rocksängerin wegen ihrer explosiven Live-Shows, ihrer Songs und ihrer Stimme, die klingt, als wäre ihr Gaumen mit Schmirgelpapier ausgelegt.
Ob sie heute, nach drei Jahrzehnten im Geschäft und im Alter von 51 Jahren, immer noch brodelnde Konzerte abliefern kann, wird sie am heutigen Samstag ab 20 Uhr im Circus Krone zeigen.
Signora Nannini wurde im toskanischen Siena als Tochter betuchter Konditorei-Besitzer geboren und hätte später das Familienunternehmen übernehmen sollen. Mit 18 allerdings floh sie vor den elterlichen Plänen nach Mailand, wo sie ein wenig Literatur studierte, vor allem aber in Kneipen und Bars auftrat. Bei einem dieser frühen Konzerte wurde sie entdeckt und konnte wenig später einen Plattenvertrag unterschreiben.
Im Jahr 1976 brachte Nannini schließlich ihr Debüt auf den Markt, das Album Gianna Nannini, in dem sie sich recht introvertiert gab. 1979 folgte der Zweitling California mit dem ersten Tabubruch, der Single America: Gerade mal 23-jährig, sang Nannini darauf freimütig von Selbstbefriedigung und das in einer Zeit, in der man mit derartiger Offenheit sogar im Nachtprogramm für Eklats sorgen konnte.
Das Lied provozierte im konservativen Italien natürlich einen Skandal; in Deutschland, der Schweiz und Österreich allerdings wurde Nannini dafür gefeiert und erstmals in die Charts gehievt.
Ein paar Erfolgsalben (Latin Lover, Profumo, I Maschi E Altri) und Schlagzeilen (Gianna Nannini ist bisexuell!) folgten, und auch ihre Universitätskarriere trieb die Rock-Röhre langsam, aber kontinuierlich voran: im Jahr 1994 promovierte sie im Fach Philosophie; das Thema ihrer Doktorarbeit: Der Körper in der Stimme.
Musikalisch und kommerziell allerdings konnte Gianna Nannini in den Neunzigern nicht mehr an die Erfolge der Achtziger anknüpfen völlig von der Bildfläche allerdings verschwand sie nie. Und auch politisch engagierte sie sich immer wieder: 1995 etwa kletterte sie mit Greenpeace-Aktivisten auf einen Balkon der französischen Botschaft in Rom, um gegen die Atomexperimente auf dem Mururoa-Atoll zu protestieren.