Am Sonntag, 15. Januar, findet von 10 bis 17 Uhr wieder die Freiwilligenmesse statt - diesmal im Neuen und Alten Rathaus am Marienplatz. 60 Münchner Organisationen, Vereine und Initiativen informieren dabei über verschiedene Angebote für ein freiwilliges Engagement.
Hier erzählt Marlene Wille, die Kleidertauschpartys organisiert, von ihrem Engagement:
Sie haben als 15-Jährige angefangen, sich ehrenamtlich zu engagieren. Wie kam es damals dazu, was war der ausschlaggebende Gedanke bei Ihnen?
Marlene Wille: Ich bin tatsächlich zu meinem Ehrenamt damals nicht nur durch pure Willenskraft gekommen, sondern äußere Faktoren waren ausschlaggebend.
Als 15-Jährige war ich besonders gerne in der SMV (Schülermitverantwortung > Schüler*innen arbeiten an der Gestaltung ihrer Schule und des Schulwesens mit) tätig. Eines Tages kam dann mein Vertrauenslehrer auf mich zu, mit einem Flyer, der „doch was für [mich] wäre?“ Auf diesem Flyer war die Einladung zu einem neuen Programm der deutschen Kinder- und Jugendstiftung namens „mitmischen - Mädchen zeigen Engagement!“. Hier sollen Mädchen gefördert und unterstützt werden, sich ins Engagement einzufinden. Eine Reihe Workshops mit inspirierenden Frauen (Rolemodels) oder Treffen wurden geplant, damit wir unsere Fähigkeiten und Wünsche rund ums Ehrenamt in einem sicheren Raum finden. Und das hat auch ganz gut geklappt, denn als 15-Jährige sind viele Sachen nicht so selbstverständlich wie für viele Erwachsene, beispielsweise Selbstvertrauen in sich und seine Fähigkeiten. Am Ende des Programms stand dann eine Engagement-Beratung im Freiwilligenzentrum „z’sam“. Dort habe ich erstmals die Leitung Sabine Bankauf kennengelernt. Sie fragte mich, ob ich nicht Lust hätte, das Projekt „Kleidertauschpartys“ im z’sam zu realisieren. Ob alleine oder mit einer Freundin wurde mir natürlich wie alles andere frei überlassen. So kam es dazu, dass meine Freundin Elena und ich anfingen, Kleidertauschpartys zu organisieren. Und durch besagte Kleidertauschpartys wurde ich immer mehr in die Gemeinschaft des z’sams aufgenommen und in den Strudel gezogen. Auf einmal hatte ich nicht nur Freude an meinem Projekt, sondern ebenso an den anderen Projekten oder Veranstaltungen. Es war Freiwilligenmesse? Ich bin dabei! Heute ist Stricknachmittag? Ich bin in einer halben Stunde da! Ja und so ging es immer weiter, bis ich jetzt tatsächlich überall dabei bin, wenn ich Zeit und Muße habe. Schlussendlich brauchte ich in diesem Alter ein paar mehr Signale. In diesem Sinne: Danke an meinen Verbindungslehrer, an alle Beteiligten des mitmachen-Projekts und natürlich besonders Sabine!
Wie läuft so eine Party ab? Wer kommt da zusammen?
Marlene Wille: Eine Kleidertauschparty läuft in der Regel so ab, dass die Leute mit ihren alten, aber noch guten Kleidungsstücken ins z’sam kommen. Darunter fallen Hosen, Blusen, Jacken,Accessoires, Schuhe und vieles mehr ohne Löcher oder Flecken. Im z’sam haben wir dann bereits Tische und Kleiderstangen vorbereitet, die mit den genannten Kategorien beschildert sind. So weiß jede*r Teilnehmende, wo was hingehört. Entweder unser Team hilft beim Verräumen der mitgebrachten Kleidungsstücke oder die Gäste kennen es schon und machen es selber. Nach dem GEBEN folgt das NEHMEN, denn die alten Klamotten, die die einen Teilnehmer*innen mitgebracht haben, sind die neuen Schätze der anderen. So darf jede*r, der*die mindestens ein Kleidungsstück mitgebracht hat, wieder bis zu 15 Teile mit nach Hause nehmen. Die übriggebliebenen Klamotten werden dann je nach Menge für die nächste Kleidertauschparty gelagert oder der Diakonia Kleiderkammer gespendet.
Bezüglich unserer Gäste muss man sagen, dass es für uns immer schön ist zu sehen, wie alle Altersklassen uns einen Besuch abstatten. Vom Baby bis hin zu Rentner*innen sind alle dabei. Viele unserer Gäste sind sozusagen Stammkundschaft, die wir kennen und die auch untereinander ins Gespräch kommen. Was leider bei uns wie auch bei anderen fehlt, sind Männer-Kleidungsstücke. Es kommen wenige Männer zu unseren Kleidertauschpartys. Dadurch gibt es kaum mitgebrachte Männerklamotten, die man tauschen könnte. Gibt es keine Klamotten zum Tauschen für Männer, warum sollten sie dann vorbeikommen? Das ist zwar keine Tragödie als Veranstalter*innen, aber dennoch schade, wenn wir unseren männlichen Gästen nicht die gleichen Freuden bereiten können wie den weiblichen. Also an alle: gerne vorbeikommen! Auch mit Männerklamotten im Schlepptau! Wir freuen uns auf euch!
Haben Sie Unterstützer? Wie wichtig sind Netzwerke wie z'sam, um so eine ehrenamtliche Tätigkeit stemmen zu können?
Marlene Wille: Das z’sam stellt den Raum, in dem die Kleidertauschpartys stattfinden, durch den Instagram-Account und die Website des z’sams veröffentlichen wir die Termine, bekommen Reichweite und ebenso helfen andere Freiwillige aus dem z’sam mit, wenn es an die Veranstaltung geht.
Für mich ist es oft so, dass wenn mich jemand nach meinem Engagement fragt, ich in erster Linie über das z’sam als Ehrenamt rede, wo ich als Teil davon das Projekt Kleidertauschpartys verwirkliche. Denn auch wenn die Partys mein einziges „offizielles“ Projekt sind, so sieht die Realität ja oft anders aus. Ich bin beim monatlichen Treffen, dem „z’samtisch“, mit von der Partie. Bei jeglichem Planen von Veranstaltungen dabei oder bei den Veranstaltungen selber vor Ort. Das heißt, ich veranstalte zwar ca. alle zwei Monate den Kleidertausch, aber dazwischen bin ich beim CSD, einem Infostand, der Freiwilligenmesse, bei einer Demo, der langen Nacht der Demokratie usw. mit den anderen Freiwilligen, den sogenannten „z’samis“.
Brauche ich Unterstützung? Natürlich. Will ich Unterstützung? Ja, unbedingt. Alleine ohne Ansprechpartner*innen wie Sabine wäre alles sehr viel zäher vorangekommen. Hätteich nicht das z’sam mit meinen tollen ehrenamtlichen Kolleg*innen, wäre es nicht so ein Spaß. Dann wäre es kein Hobby.
Ich denke, ein Netzwerk und Ansprechpersonen sind essenziell, damit, wenn man im Ehrenamt vor Herausforderung steht (was irgendwann zwangsläufig der Fall sein wird) man nicht alleine ist. Es ist schön, jemanden zu haben, der nicht nur Erfahrung mitbringt, sondern dem auch daran liegt, mit dir gemeinsam das Problem zu lösen.
Ist Ihre Tätigkeit sehr zeitaufwendig? Wie viel Zeit wenden Sie für Ihre Tätigkeit auf und wie bekommen Sie das mit Schule/Beruf und alltäglichen Verpflichtungen unter einen Hut?
Marlene Wille: Meine Tätigkeit ist so zeitaufwendig, wie ich es will. Eine sehr große Freiheit, die ich genieße und schätze. Ich kann ins z’sam gehen und kommen, wann ich will. Gerade als ich 2024 mein Abitur gemacht habe, war es praktisch. Im z’sam herrscht keine Anwesenheitspflicht. Wenn ich merke, ich schaffe es doch nicht, beispielsweise zu einem Planungstreffen zu kommen, dann gebe ich in der Gruppe Bescheid. Natürlich sage ich nicht immer kurz vor knapp ab, sondern kann im Vorhinein einschätzen, wie es da zeitlich passt.
Es kam auch schon ein oder zweimal vor, dass ich an einem Samstag arbeiten musste, wo ein Kleidertausch stattfand. Nicht weiter schlimm, denn eine andere Freiwilligewar noch zusätzlich eingeplant und ich kam später zum Aufräumen nach der Arbeit dazu.
Also egal, was auch immer auf dem Plan steht, wenn ich weiß, dass ich dafür keine Kapazitäten habe oder übrig haben werde, gebe ich Bescheid oder trage mich in keine Schich tein. Danach wird mir berichtet, wie’s war und wenn ich das nächste Mal Zeit habe, werde ich wieder dabei sein.
Das ist natürlich in jedem Engagement anders. Manche haben flexible Zeiten wie ich und lieben die Freiheit und Spontanität dabei. Andere haben feste, wöchentliche oder monatliche Termine mit genauen Zeiten, die eine schöne Routine und Verlässlichkeit schaffen. Beides tolle Konzepte im Ehrenamt, wo man wieder sehen kann, wie individuell Engagement ist und wie wichtig es ist sein passendes zu finden!
Es gibt sicher viele junge Leute, die etwas Sinnvolles tun und sich für Andere einsetzen wollen und gute Ideen dazu haben - aber vielleicht nicht wissen, wie sie sie umsetzen können.Was raten Sie jungen Leuten, die sich gerne engagieren möchten?
Marlene Wille: Einfach mal drauf los! Nimm dir Google zur Hand und schau, wer vielleicht deine Idee unterstützen kann. Suchst du für diese Idee einen Raum? Suchst du Hilfe bei der Umsetzung? Ruf an oder geh hin und frage, ob man dir weiterhelfen kann. Wenn man dir nicht weiterhelfen kann, wissen diejenigen bestimmt, wo du sonst noch fragen kannst! Eine große Hilfe sind hier die Freiwilligenzentren, die in München super vernetzt sind! Die sind immer eine gute Idee rund um das Thema Ehrenamt.
Schule, Ausbildung, Beruf: In jungen Jahren muss man ja besonders flexibel sein und erlebt besonders viele Veränderungen in seinem Leben. Das macht ein nachhaltiges ehrenamtlichesEngagement nicht einfacher. Wie haben Sie diese Herausforderungen bewältigt?
Marlene Wille: Ich habe es mir leicht gemacht und habe ein flexibles Ehrenamt gewählt, welches zu diesen Veränderungen passt. Für mich ist mein Ehrenamt wie ein Hobby und macht mir extrem Spaß. Andere Leute gehen nach der Arbeit zum Handball, ich zum z’sam. Dementsprechend rate ich immer zu einem passenden Engagement. Es ist wichtig, dass die Bedingungen und Voraussetzungen stimmen. Wenn man als Schüler*in zum Beispiel nur einmal im Monat Zeit hat für eine freiwillige Arbeit, dann sollte gewünschtes Ehrenamt in den Rahmen passen. Oft ist es von Bedeutung, offen zu kommunizieren, wie viele Ressourcen man für das Ehrenamt aufbringen kann und aufbringen will. Nur weil ich fünf Tage die Woche arbeite, heißt das nicht, dass ich den kompletten Rest meiner Freizeit in mein Ehrenamt stecken muss. Ehrenamt soll Spaß machen und einem etwas zurückgeben (in welcher Form auch immer). Um auf die Nachhaltigkeit eines Ehrenamts zu sprechen, zu kommen, muss auch hier wieder auf die Art des Engagements geachtet werden. Es ist wichtig zu wissen, dass, wenn man beispielsweise eine Patenschaft eingeht, diese meist (wenn nicht anders kommuniziert) längerfristig bestehen soll. Will ich oder kann ich diese Längerfristigkeit nicht bedienen, so wird ein anderes Ehrenamt passender sein. Auch hier kann ich nur wieder eine Engagement-Beratung bei einem Freiwilligenzentrum empfehlen. Deren Interesse ist genau das: dein passendes Ehrenamt zu finden!
Was freut Sie am meisten, wenn Sie auf Ihr Engagement zurückblicken?
Marlene Wille: Die neuen Erfahrungen, die ich sammle und erleben darf. Mein Engagement hat mir so viele Türen geöffnet. Sei es wirkliche Türen, hinter Kulissen von Messen oder allgemein Orten, wo ich nie hingekommen wäre. Oder metaphorische Türen wie persönliche Entwicklungen. Als ich mit meinem Ehrenamt anfing, war ich eine weitestgehend schüchterne und vielleicht auch überforderte 15-Jährige. Jetzt, nach drei Jahren, habe ich so viel gelernt! Ich bin nicht nur in der Lage, auf Menschen zuzugehen und mit ihnen zu reden, sondern habe auch noch Spaß dabei. Viele andere tolle Sachen sind auch noch dazugekommen, aber im Kern sind es wirklich die Menschen, die Engagement schön machen. Die Leute, die ich von etwas begeistern kann. Die Leute, die ich neu kennenlerne, aber vor allem meine wundervollen Kolleg*innen!