Die angespannten Finanzen und Budgets der Städtischen Kliniken Münchens sind in aller Munde. Und die Bürger treibt die Sorge um eine immer geringer werdende breite fachärztliche ambulante und stationäre Versorgung in nächster Nähe zu haben. Der Bezirksausschuss (BA) 16 hat das Thema für sein Gebiet wie viele BAs genau beleuchtet und will das Beste für seine Bürger rausholen. Entschieden wird aber mindestens auf Stadtebene.
»Es geht um Konsolidierung nach Kostenstrukturen nach dem Motto: So viel wie möglich mit weniger Kosten«, sagt Dr. David Goldberg, MBA M. Sc., Ärztliche Leitung. Er und seine Kollegin Christa Gottwald, Klinikleitung Pflege und Service aus dem Neuperlacher Krankenhaus, haben kürzlich die BA-Politiker über die Planungen und Entwicklungen für Neuperlach und Harlaching informiert und auch mit dem Südost-Kurier und der Harlachinger Rundschau gesprochen. »Von der bisherigen Devise des möglichst breit aufgestellt sein, der Diversifikation, geht es jetzt zurück zur Konzentration auf bestimmte, einmalige Kernbereiche jedes Standorts. Das bedeutet unter anderem weiter keine Kinderklinik in Neuperlach. In Zukunft soll das Klinikum Neuperlach als zweiter Hauptstandort der Städtischen Kliniken die Versorgung für das südliche Stadtgebiet und Umland sicherstellen. Der Standort wird dazu um 100 Betten aufgestockt und als integriertes überregionales Notfallzentrum ausgebaut.
Es kommen ein Herz- und Gefäßzentrum, ein Diabeteszentrum, Nephrologie und Angiologie (Teile der Inneren Medizin), Onkologie mit operativer Gynäkologie und ein Darmzentrum. Außerdem die Fachabteilungen Unfallchirurgie, Dermatologie sowie Intensivstationen. Da es aber primär trotz wachsender Bevölkerungszahlen um mehr Kosteneffizienz gehen muss, wandern bestimmte Bereiche ins nahe Harlaching ab. »Die Geburtshilfe sowie das Zentrum für Akutgeriatrie und Frührehabilitation (ZAGF) sollen Teilbereiche der zukünftigen Zentren Mutter-Kind beziehungsweise Seelische Gesundheit/Altersmedizin im Klinikum Harlaching bilden«, so Dr. Goldberg. Das hört der BA 16 nicht gerne. Man glaubt im Gremium an eine steigende Überalterung Neuperlachs und sorgt sich um die Versorgung der Senioren. Fakt ist, die Geriatrie bleibt bis 2020 in Neuperlach und geht dann in den bis dahin fertiggestellten Neubau am Harlachinger Klinikum.
»Betroffen sind davon 60 stationäre Betten und 50 Tagesbetten, die voraussichtlich komplett nach Harlaching umziehen. Da das Neurologiezentrum bereits in Harlaching ist und bleibt, ergänzt sich das inhaltlich ideal für Erkrankungen wie beispielsweise Schlaganfälle, die vermehrt bei Älteren auftreten«, erklärt der ärztliche Leiter Goldberg. Die Akutversorgung ist bei Älteren und Jüngeren im Notfall identisch. Es ändert sich bei Unfällen und Notfällen für Senioren nichts. Sie können weiter in Neuperlach versorgt werden, im Bereich Unfallchirurgie sind Erweiterungen in Neuperlach vorgesehen. Dazu die Klinikleitung: »65 Prozent der Patienten sind schon heute entweder aus der unmittelbaren Nähe im Bereich von bis zu 15 Minuten und aus dem nahen regionalen Bereich mit unter 30 Minuten Anfahrtszeit. Bis 2030 erwarten wir für diesen Gesamt-Einzugsbereich einen Bevölkerungszuwachs um 10 bis 15 Prozent. Die Entwicklung unserer aktuellen stationären Fallzahlen ist auf hohem Niveau leicht rückläufig.«
Bogenhausen und Schwabing verbleiben ab 2022 mit circa 1.020 und 290 Betten, Neuperlach mit 650 und Harlaching mit rund 545. Das Krankenhaus Neuperlach wird für 40 Millionen Euro umgebaut und erweitert. Dabei ist ein Anbau vorgesehen. Diese Maßnahmen sollen von 2017 19 stattfinden. Im Augenblick findet bis 2016 ein Umbauen im Bestand statt. Die Phase 1 von 3 ist hierzu schon abgeschlossen, die Bauphase 2 läuft. Der Zeittakt für die weiteren Baumaßnahmen im Zuge der Münchner Klinikneuorganisationen hängt entscheidend vom Bau eines neuen Zentralgebäudes mit Labor im Münchner Norden ab, der in den nächsten zwei Jahren abgeschlossen sein soll. In Harlaching soll von 2017 bis Sommer 2020 für 160 Millionen ein Neubau entstehen.
Der Hubschrauberlandeplatz kommt voraussichtlich nach 2019 auf das Neuperlacher Klinikdach. Kürzlich wurden für den bestehenden Landeplatz auf dem Boden über 170 Bäume gefällt (wir berichteten). Nun heißt es, dass das damalig zugrundeliegende Gutachten nur begrenzt richtig war. Laut jetziger Beschlussvorlage soll mit dem geplanten Bau am Klinikum Neuperlach (Westseite) der Hubschrauberlandeplatz auf dem Dach des Neubaus, in dem sich auch das Notfallzentrum, die OP-Erweiterung und Intensivstationen befinden werden, verortet werden. Dadurch werden kurze Wege durch optimale Anbindung der Notfallbereiche gewährleistet. Die alte Gebäudestatik erlaubte bisher keinen Landeplatz auf dem Dach des Haupthauses, so dass dies jetzt nur durch den Um- und Neubau realisiert werden kann.
Christa Gottwald von der Klinkleitung sagt: »Ich habe besonders bedauert, dass wir im vergangenen Jahr Bäume fällen mussten, um den Bodenlandeplatz für den Hubschrauber weiterbetreiben zu können. Zu diesem Zeitpunkt war dies die einzige Option, die wir wählen konnten. Inzwischen wurden zwei Drittel aller gefällten Bäume bereits nachgepflanzt.« Wenn der Landeplatz auf dem Dach in Betrieb geht, seien noch mehr Nachpflanzungen möglich. Der mittlerweile Parteilose Guido Bucholtz befürchtet zusätzlichen erheblichen Fluglärm für die Anwohner, wenn die Klinik verstärkt als Notfallzentrum bei Unfällen angeflogen wird.
Besorgt ist der BA 16 auch wegen der schlechten Verbindung nach Harlaching mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Der 139er-Bus schleicht weiter dahin. Auch wenn eine Taktverkürzung bis Bahnhof Giesing kommen soll, ändert dies nichts an der Fahrtdauer. Die Stadt hat es versäumt, die U 1 über den Mangfallplatz hinaus bis zum Klinikum auszubauen (wir berichteten). Der BAs 16 und 18 hoffen, bis zum Abschluss der Klinik-Umorganisationsmaßnahmen und der Bündelungen an den zwei südlichen Standorten noch Erweiterungen im Nahverkehrsnetz bewirken zu können.
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