Die Schwabinger Hof-Flohmärkte sind Vorbild für viele weitere in München, sogar jenseits der Stadtgrenzen. Wir haben die Initiatorin, Dorothee Fichter, zu dieser kultigen Veranstaltung befragt.
Hofflohmärkte in München Kunst & Trödel wechseln den Besitzer, direkt vor der Haustür, im Hinterhof, oder im Garten
Schwabinger Seiten: Was ist Ihrer Meinung nach das Besondere am Hof-Flohmarkt im Allgemeinen und an dem Schwabinger im Besonderen?
Dorothee Fichter: Das Besondere an den Schwabinger Hof-Flohmärkten ist, dass man den Tag geruhsam angehen kann, denn wir beginnen um 10 Uhr. Man braucht kein Auto und muss die Kisten nur in den eigenen Hinterhof schleppen. Bei uns machen Junge und Alte mit, Einheimische und Eingewanderte eine bunte Mischung, wie auf einem Basar! Das Besondere an Hof-Flohmärkten insgesamt ist, dass sich der Flohmarkt auf das ganze Viertel erstreckt. Häuser melden sich an, die Bewohner werden Verkäufer und die Hinterhof-Fläche oder der Vorgarten wird Verkaufsplatz. Das fördert den Kontakt in den Häusern. Oft wird nach dem Flohmarkt gemeinsam gefeiert und auch musiziert. So weiß ich, dass ein Hausmeister seine Gitarre auspackte und ein Nachbar holte auch ein Instrument und dann wurde zur Überraschung aller spontan Musik gemacht.
Die Schwabinger Hof-Flohmärkte sind die ältesten in München. Seit dem Jahr 2000 initiiere ich als Leiterin der Nachbarschaft Schwabing in der Seidlvilla, diese Aktion, habe Kontakt mit den Hausgemeinschaften und koordiniere die nachbarschaftliche Aktion. Weil ich die Idee der Hof-Flohmärkte so genial finde, gebe ich auch freimütig Auskunft, was zu beachten ist. Inzwischen gibt es in Münchens Stadtteilen zahlreiche Hof-Flohmärkte, Vorbild in München sind unsere Schwabinger Hof-Flohmärkte. In Nürnberg gibt es regelmäßig Hof-Flohmärkte, die auch auf das Schwabinger Muster zurückgehen. Der Stadtteil Mariahilf in Wien hatte unser Vorbild übernommen. Leider werden nur wenige Hof-Flohmärkte in München von Bürgern oder Organisationen aus dem eigenen Stadtviertel organisiert.
Gab es auf Ihrem Flohmarkt schon mal einen außergewöhnlichen Fund, vielleicht einen Fall für »Kunst & Krempel«?
Dorothee Fichter: 2009 war Gruschka's Kunst- und Trödeltouren auf den Schwabinger Hof-Flohmärkten unterwegs und fand unter anderem ein originales Michelin-Männchen, eine mechanische Stechuhr K29 aus den 1950er-Jahren und einen Pharus Stadtplan Berlin aus den 20er- oder 30er-Jahren. Nebenbei entdeckte Gruschka wunderschöne Häuser und verwunschene Hinterhöfe. Ebenso Häuser, in denen Schriftsteller, Maler oder Politiker wohnten. Und Häuser, in denen heute bekannte Persönlichkeiten leben oder arbeiten.
Der BR besuchte 2010 die Schwabinger Hof-Flohmärkte und titelte die laVita-Sendung: Das Schwabinger Gefühl. Ein Fund ist eben auch das Flair, die Atmosphäre und die ist enorm entspannt und fröhlich bei den Schwabinger Hof-Flohmärkten. Auch heute kann man Entdeckungen machen! Einfach mal losziehen!
Können Sie sich an eine besondere Begebenheit auf Ihrem Flohmarkt erinnern?
Dorothee Fichter: Wir erleben ganz Unterschiedliches auf den Schwabinger Hof-Flohmärkten. Eine Mutter, die ein schickes Kleidungsstück fand, informierte per Handy ihre Tochter. Sie kam prompt vorbei, probierte und kaufte.
Nonnen, die in einem Altenheim arbeiten und dafür billige Vasen suchen. Da sehen wir, welche Not manche Menschen und auch Organisationen haben und wir haben teilweise so einen Überfluss. Ich erinnere mich auch an Männer und Frauen, die sich völlig erschöpft und mit vollen Taschen am frühen Nachmittag auf einem Stuhl niederlassen und traurig sind, weil sie nicht alle Höfe in Schwabing besuchen können: Was sie wohl verpassen in den nicht besuchten Höfen?