Jedes Jahr werden um die sechs Millionen Maß Bier auf der Wiesn getrunken. Manchmal mehr und manchmal weniger. Sechs Millionen Liter Bier also? Eine einfache Rechnung? Im Fall des Münchner Oktoberfestes nicht ganz.
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»Weil die von der Stadt München festgelegte Toleranzgrenze 0,1 Liter beträgt, schenken die meisten Wirte nur 0,9 Liter Bier aus«, erklärt Jan-Ulrich Bittlinger. Er ist der Vorsitzende des 1899 gegründeten Vereins gegen betrügerisches Einschenken (VGBE) . Bereits seit 20 Jahren überwacht er mit seinem Mitstreitern ehrenamtlich die Schankmoral der Wirte auf dem Oktoberfest. Denn wenn der Wirt beim Bier spart, gewinnt er Bares. Schon 0,1 Liter weniger Wiesnbier entsprechen bei den aktuellen Maßpreisen über einen Euro reinen Gewinn. Steuerfrei. Hochgerechnet auf die jährlich getrunkene Menge Festbier auf der Theresienwiese kommt da schnell eine stolze Summe zusammen.
Am Mittwoch (28. September) war es also wieder soweit: »Volksschankkontrolle« auf dem Oktoberfest. Doch wie läuft solch eine Kontrolle eigentlich ab? Mit rund 40 trinkfesten Testern aus Facebook-Unterstützern wurden in mehreren Gruppen die Schankmoral in den 13 großen Bierzelten getestet. Dazu wurde das Bier zunächst vier Minuten stehen gelassen, bis sich der Schaum gesetzt hat. Im Anschluss konnte mit dem Lineal vom Eichstrich gemessen werden, ob der Gerstensaft über 15 Millimeter (entspricht in etwa 0,1 Liter) unter dem Eichstrich fällt. Das Ergebnis der großen Kontrolle machte erstaunlich große Unterschiede in den Zelten deutlich. Grundsätzlich war die Tendenz je später der Abend, desto dürftiger die Schankmoral.
Bei der Kontrolle wurden so neben vielen gut eingeschenkten Maßn durchaus auch Krüge mit Gerstensaft 30 bis 40 Millimeter unter den Eichstrich gemessen. Das entspricht der Menge von etwa 0,2 Litern Bier. Insgesamt waren die Maßen in den 13 Festzelten im Schnitt mit 0,85 Liter Bier »gefüllt«.
Grundsätzlich hat es jeder Besucher natürlich auch selbst in der Hand, wie viel Bier in seinem Maßkrug ist. Schlecht eingeschenktes Bier müssen die Schankellner umstandslos »nachschenken«. In der Praxis ist dies im den oft überfüllten Zelten natürlich gar nicht so einfach. So bleibt einen oftmals leider nur auf die Hoffnung auf eine sauber eingeschenkte Maß des süffigen Gerstentrunks.
Stefan Dohl
Artikel aktualisiert am 29.09.2016