In der Regel ist es das Geburtstagsgeschenk für die unleidige Schwiegermutter, das Kopfzerbrechen bereitet. Oder das für den verwöhnten Enkel, denn »der hat ja sowieso schon alles«. Im Falle von Unterföhrings Bürgermeister Franz Schwarz (SPD) hat die Suche nach dem richtigen Präsent noch größere Dimensionen angenommen, denn ihn beschäftigte jüngst die Frage: Was schenkt man einer Landeshauptstadt zum 850. Geburtstag? Zweckmäßig und erfolgreich lösten der Unterföhringer Rathauschef und seine Gemeindeverwaltung diese Frage.
Denn die Gemeinde spendete als Geburtstagsgeschenk 1.000 Euro an das Münchner Waisenhaus in Neuhausen. »Man kann in dem Fall ja nicht einfach einen Bierkrug überreichen«, sagte Schwarz. Ohne den großen Pomp einer offiziellen Übergabe sei das Geschenk überbracht worden: ein Glückwunschschreiben, eine Überweisung, das wars, »ganz trocken«, laut Schwarz. Und Münchens Oberbürgermeister Christian Ude hat sich gefreut. Ein Geldgeschenk von einer Nachbargemeinde fand er »ohnehin schon überraschend«. Dass sich aber gerade Unterföhring so »spendabel« erweise, ist für Ude eine »Sensation«. Denn wäre Franz Schwarz nachtragend, hätte er gewiss auf eine monetäre Zuwendung an die Stadt München zum runden Jahrestag verzichtet. Schließlich hat »Munichen« vor 850 Jahren dem damaligen »Föhring« in finanzieller Hinsicht die Butter vom Brot genommen.
Im Norden von Oberföhring querten damals Salzfuhrwerke aus den österreichischen Salinen die Isar auf Höhe der heutigen Fußgängerbrücke. »Föhring« erhielt den Salzzoll, außerdem übten die Ortsansässigen das Markt- und Münzrecht aus. Dies weckte die Gier unter anderem bei Herzog Heinrich dem Löwen, der die Salzstraße sperren und in Richtung »Munichen« umleiten ließ. Er errichtete einen Markt, vergab Münzrecht und kassierte den Salzzoll selbst. Geschichtlich nicht ganz sicher ist wohl, ob Heinrich außerdem auch die damalige Brücke samt Ort niederbrannte oder nur die Isarquerung zerstörte. Der Freisinger Bischof, dem in »Föhring« so brutal Rechte und Einnahmen entzogen wurden, protestierte bei Kaiser Friedrich Barbarossa. Der entschied zugunsten Münchens als Markt, der Bischof erhielt ein Drittel der Markt-Einnahmen. Die Urkunde, in der dieses Urteil festgehalten wurde, gilt heute als Gründungsurkunde Münchens.
Das Unterföhringer Geburtstagsgeschenk zeigt, dass diese Querelen Schnee von gestern sind. Obwohl Schwarz schon eine Einschränkung vornimmt: »Ein Wettstreit in dieser derben Auseinandersetzung ist heute nicht mehr aktuell.«
Der Unterföhringer Rathauschef legt bei vielen Entscheidungen wert auf einen geschichtlichen Hintergrund. Wie auch kürzlich bei der Gründung der neuen Partnerschaft mit der italienischen Gemeinde Tarcento, aus der früher viele Unterföhringer Ziegeleiarbeiter stammten. Mit dem Münchner Geburtstagsgeschenk wollte Schwarz ebenfalls eine »gewisse Symbolik« vermitteln, die zeige, dass es heute doch wesentlich friedlicher zugehe als anno dazumal.
Kirsten Ossoinig