Vom 30.04. - 02.05.2010 ist es wieder soweit: Die Tattoo- und Piercing-Show München, auch bekannt als „Tattooconvention München” öffnet in der Kultfabrik in München ihre Pforten. Wir sprachen mit einem Tattoo- und Piercingstudio aus München welches nicht an der Convention teilnimmt über Tattoos- und Piercings im allgemeinen und die Veranstaltung in München im besonderen:
Münchner Wochenanzeiger: Hi, ihr seid auf der Tattooconvention München nicht vertreten. Darf man wissen warum nicht?
Tempel: Das ist eigentlich ganz einfach und jedes Jahr auf´s neue wieder schade: Die Münchner Convention ist eine feine Geschichte und wir wären schon aus Werbegründen gerne dabei - aber das überschneidet sich leider mit unserem Terminkalender, weil jedes Jahr am ersten Wochenende im Mai die weltgrößte Piercing-Konferenz in Las Vegas beginnt. Die ist ein absoluter Pflichttermin für uns.
Weitere Infos zum Thema Piercing & Tattoo finden Sie hier:
München: Piercing & Tattoo - hält der Trend an? Ein Münchner Piercing und Tattoo-Studio liefert uns die Antwort
Münchner Wochenanzeiger: Ihr fliegt nach Las Vegas um euch über das Piercen auszutauschen? Geht das nicht auch etwas näher?
Tempel: Das ginge schon, im Herbst findet in Deutschland ein vergleichbares Treffen der Deutschen Piercer statt.. allerdings ist das im deutlich kleineren Rahmen und nur über ein Wochenende, wobei wir da auch immer sind. Die Geschichte in Las Vegas geht über eine ganze Woche, ist deutlich intensiver. Zudem gibt´s in Amerika nicht nur wegen der deutlich größeren Einwohnerzahl deutlich mehr Piercer und Piercerinnen als hier. Schau, das erste Piercingstudio hat in Los Angeles bereits 1975 eröffnet, die haben da eine ganz anderen Erfahrungsschatz und man lernt nie aus.
Münchner Wochenanzeiger: Gibt´s denn da wirklich noch was neues?
Tempel: Noch vor ein paar Jahren verband man mit dem Begriff „Piercing” vor allem die „klassischen Piercings” - wie z.B. Zunge, Augenbraue, Bauchnabel. Inzwischen gibt´s aber auch z.B. kleine Mini-Implantate mit Glitzersteinen, die Frau im Dekoltee oder am Arm tragen kann - irgendwas neues kommt fast immer. Auch bei den klassischen Piercings lernt man nie aus: Als ich mein erstes Piercing vor über 15 Jahren in einem Münchner Studio bekam, sagte man mir damals noch dass ich den Stecker drehen muss, damit er nicht festwächst. Heute weiß man, dass das für die Heilung des Piercings absolut kontraproduktiv ist und auch kein Metall mit dem Körper zusammen wachsen kann. Würde das gehen, könnten wir endlich im Keller einen Terminator züchten *lacht*. Vom letzten Piercingseminar in Las Vegas haben wir z.B. nicht nur jede Menge neues Wissen und Techniken, sondern auch eine neue, noch schärfere Nadelart mitgebracht, mit der das Piercen noch schmerzärmer geht als es ohne hin schon ist. Inzwischen verwenden die allerdings mehr Piercingstudios in München, irgendwie spricht sich das dann doch immer herum. Aus Deutschland reisen immer 3-4 Studios nach Las Vegas, aus Europa über ein Dutzend - das sind Leute, die ihren Beruf wirklich leben und ständig up-to-date sein wollen. Für uns wie gesagt ein Pflichttermin.
Münchner Wochenanzeiger: Zurück zur Münchner Tattoo-Convention: Seid ihr dann selber schon mal dagewesen?
Tempel: Wie gesagt, die letzten Jahre nicht, aber davor immer als ganz normale Zuschauer. Zudem sind viele Freunde von uns als Aussteller oder Privatperson jedes Jahr dort. Wir können jedem nur empfehlen die Convention zu besuchen.
Münchner Wochenanzeiger: Obwohl ihr selber nicht da seid empfehlt ihr einen Besuch? Das ist eher ungewöhnlich, oder?
Tempel: Nein, warum denn? Wir empfehlen ja auch unserer Kundschaft immer, sich vor einem Tattoo oder Piercing auch andere Studios in München anzuschauen, mit Tätowierer oder Piercing über seine Vorstellungen zu reden und letztlich dann dort zu bleiben, wo man sich am besten aufgehoben fühlt. Wenn wir das sind freuen wir uns - wenn´s ein Kollege ist, dann ist´s auch kein Problem. Gerade bei einem Tattoo ist es doch so, dass es auch immer auf den gewünschsten Stil ankommt. Nicht jeder Tätowierer kann jeden Tattoostil perfekt umsetzen können.
Wenn Du jetzt zur Convention schaust, dann hast Du da schon einmal über 50 Tattoostudios , darunter einige aus München. Das verschafft Dir schon einmal einen ersten Überblick. Dann liegen da natürlich noch ein paar tausend Vorlagen rum, Du hast die Möglichkeit Dich mit vielen Tätowierern zu unterhalten und natürlich sieht man auch viel tätowierte Haut. Es ist einfach interessant und für die zukünftige Tattoowahl mit Sicherheit hilfreich. Problematisch wird´s halt, wenn Du Dir dann ein Tattoo von einem Tätowierer einbildest der nicht aus München kommt und der bei der Convention keine Termine frei hat. Dann heißt es „reisen”.
Münchner Wochenanzeiger: Das machen Leute?
Tempel: Klar, man läuft damit ja ein Leben lang rum. Ich hab z.B. Tattoos von sieben verschiedenen Tätowierern am Körper, viele weitere werden noch folgen. In Las Vegas hab ich mich fast 6 Stunden am Stück tätowieren lassen, ein Portrait wie es Deutschlandweit nur ganz, ganz wenige hinbekommen würden - war allerdings in Verbindung mit einer der weltgrößten Conventions dort, wo wir auch diesen Oktober wieder hinfahren wollen, vermutlich mit eigenem Stand. Im Winter hab ich einen Termin bei Boris in Ungarn, ein Tätowierer auf den ich vor 10 Jahren auf der - da schließt sich der Kreis - Münchner Convention gestolpert bin und der meiner Meinung nach einer der weltbesten überhaupt ist. Dann mag ich noch zu Jose Lopez, das ist ein Tätowierer im Rollstuhl in Los Angeles, der macht unglaubliche Sachen...
Zwischendrin gibt´s natürlich dann auch immer mal wieder Tattoos aus unserem eigenen Studio und unsere Azubine hab ich letztens auch erst wieder an mir üben lassen.
Münchner Wochenanzeiger: Tätowieren üben lassen? Das hört sich riskant an.
Tempel: Überhaupt nicht. Die zeichnet Spitze und hat auch für die Nadel das richtige Gefühl - es dauert nur halt noch etwas länger wie bei einem geübten Tätowierer. Außerdem - es bleibt ja keine andere Möglichkeit: Auf die Kundschaft können wir sie für ein Tattoo erst loslassen wenn sie perfekt ist.
Münchner Wochenanzeiger: Abschließend noch die Frage: Wo geht der Trend hin? Es heißt ja immer wieder, dass Tattoos & Piercings out sind.
Tempel: Vor 15 Jahren hatten wir rund ein Dutzend Tätowierstudios in München , vor 5 Jahren keine 30, heute bewegen wir uns auf die 60 zu und fast alle haben ausreichend Arbeit. Piercingstudios haben in München alleine im letzten halben Jahr vier neue aufgemacht. Jede Woche wenden sich mehrere Leute an uns, die das tätowieren oder piercen lernen wollen - wir bewegen uns in eine gefährliche Richtung: Es wird Tattoos und Piercings immer geben, es wird irgendwann allerdings auch zuviele Leute geben die das anbieten. Schau, wenn jeder Tätowierer in München 3-4 Tattoos am Tag sticht, dann sind das nur mit den offiziellen Studios schon rund 200 am Tag, 1000 Tattoos in der Woche, 50 000 im Jahr. Das hört sich für mich noch nicht nach „out” an, aber irgendwann wird das Angebot an Tätowierern und Piercern größer sein als die Nachfrage.
Münchner Wochenanzeiger: Wann wird das sein?
Tempel: Ehrlich gesagt: Keine Ahnung. Das kann in fünf Monaten soweit sein, in fünf Jahren oder auch erst in fünfzehn, aber das kommt. In manchen Städten -gerade in Amerika - ist es ja sogar schon so, da sind die Superstars teilweise auf 5 Jahre im Vorraus ausgebucht, aber der normale bis sehr gute Durchschnittstätowierer hat vielleicht noch 3-4 Tattoos in der Woche und kämpft um´s überleben.
Noch ist es allerdings nicht soweit. Wenn sich also jemand auf der Münchner Convention Tätowieren lassen will, empfehlen wir schon am Freitag dort zu sein, da ist die Chance noch einen Termin zu ergattern natürlich am größten.
30.04 - 02.05.10
Tonhalle
Grafinger Str. 6
81671 München
Eintritt: 15,- Euro
Das Interview fand statt im Piercing- und Tätowierstudio Tempel am Rosenheimer Platz wo wir schon 2008 in das Thema Tatoos und Piercings einsteigen durften.