Wenn Hans Ulrich Greimel auf den Königsberg spaziert, setzt er sich auf die Bank der Europakapelle und lässt seinen Blick über das vor ihm liegende Breitbrunn schweifen. Bei gutem Wetter sieht der Vorsitzende des Kapellenbauvereins über den Ammersee bis zu den Alpen. Bei Föhn scheinen sie so nahe, als stünden diese gleich am Ende des Sees.
Zu jeder Zeit ist dieser Kraftort etwas ganz Besonderes, ein Herzensort an dem man sich trifft, ein Treffpunkt für Spaziergänger, aber auch ein beliebter Ort für Liebhaber der Modellfliegerei, der Paraglider, im Winter Rodelhang für die Kinder, erzählt der Breitbrunner.
Nachdem die Stürme Vivian und Wiebke in den 90-er Jahren zahlreiche Bäume geknickt hatten, sah es oben auf der Anhöhe hinter Breitbrunn kahl aus. „In den Jahren von 1913 bis 1974 stand hier eine Sternwarte und der Aussichtsturm des früheren Landeserziehungsheim von Breitbrunn. Heute ist es das Dominikus-Ringeisenwerk”, erzählt Greimel. Nachdem der Turm baufällig geworden und 1974 abgerissen wurde, stand nichts mehr an dieser Stelle.
Eigentlich ein idealer Ort für eine Kapelle, fanden einige Breitbrunner. 1991 wurde der Kapellenbauverein gegründet und Hans Ulrich Greimel zum Vorsitzenden gewählt. Ein Architekengutachten wurde ausgeschrieben. Der Vorschlag von Architekt Gradl aus Schondorf fand den größten Anklang.
In Eigenregie und ohne staatliche und kirchliche Zuschüsse baute der Kapellenbauverein eine Kapelle, die den Europaheiligen Benedikt von Nursia und den beiden Slawenaposteln Cyrill und Methodius geweiht wurde. Die Weihe nahm der damalige Erzabt Dr. Notker Wolf von St. Ottilien vor. Er ist heute Ehrenmitglied des Vereins. Im vergangenen Jahr 2017 kamen die neuen Europaheiligen Katharina von Siena, Birgitta von Schweden und Theresia Benedicta vom Kreuz (Edith Stein) dazu.
Doch nicht nur um die Europakapelle kümmert sich der Verein. Auch die anderen Kapellen, Feldkreuze, Marterln in Breitbrunn, die sich teilweise in einem bedauernswerten Zustand befanden, wurden durch Spenden, Hand- und Spanndienste der Mitglieder renoviert.
Wenn man mit Hans Ulrich Greimel durch die Breitbrunner Fluren spaziert, weiß er viel zu erzählen. Seine Tante Creszenz, die ein halbes Jahrhundert Mesnerin in Breitbrunn war, hat vieles niedergeschrieben. Sie hat das Marterl, das in Wasach auf dem Weg von Breitbrunn nach Hechendorf mitten im Wald steht, zu Ehren der Primiz von Adolf Schill am 5. August 1962 gestiftet. „Auf diesem Weg sind die Kinder nach Hechendorf in die Sonntagsschule gelaufen”, so Greimel und die 170 Jahre alte Waldkapelle am Sportplatz habe seine Großmutter, die dort die Felder mit bewirtschaftete, täglich für ein kurzes Gebet aufgesucht. Diese Kapelle schmückt nun eine Nachbildung einer Riemenschneider Madonna.
Es gibt allerlei Erzählungen um die Feldkreuze, die von Breitbrunner Bürgern gestiftet wurden. Auch eine schaurige Geschichte gibt es, wie um das Feldkreuz am Wege von Schlagenhofen nach Ellwang. Hier soll ein Pfarrer um 1850 ermordet worden sein, so die Legende.
Die Restaurierungen der Marterl und Feldkreuze wurden sehr behutsam vorgenommen, altes Material wurde soweit wie möglich wiederverwendet. „Es soll ja nicht wie neu aussehen”, so Hans Ulrich Greimel.
Kapellen
Europakapelle auf dem Königsberg; Elisabethkapelle am Kapellenweg; Waldkapelle am Breitbrunner Sportplatz.
Marterl
In Wasach; bei der Elisabethkapelle; an der südlichen Bushaltestelle; am Dampfersteg.
Feldkreuze
zwischen Schlagenhofen nach Ellwang; in Ellwang an der Straße Richtung Hechendorf; zwischen Breitbrunn und Ellwang am Waldeck; am oberen Parkplatz zwischen Breitbrunn und Herrsching; an der Straße von Breitbrunn nach Schlagenhofen; am Kreuzberg; an der Straße von Breitbrunn nach Schlagenhofen; an der Abzweigung der Straße nach Wasach.
Ein dreifaches Jubiläum wirdl am Samstag, 26. Mai 2018 auf dem Königsberg gefeiert: 750 Jahre erster nachweisbarer Hinweis auf Breitbrunn, 180 Jahre Benennung des Königsberges und 25 Jahre Europakapelle.