Veröffentlicht am 20.07.2020 09:25

Von wegen „Unkraut”


Von Patrizia Steipe
Die wenigen Mohnblumen in diesem Feld mindern den Ernteertrag noch nicht. (Foto: pst)
Die wenigen Mohnblumen in diesem Feld mindern den Ernteertrag noch nicht. (Foto: pst)
Die wenigen Mohnblumen in diesem Feld mindern den Ernteertrag noch nicht. (Foto: pst)
Die wenigen Mohnblumen in diesem Feld mindern den Ernteertrag noch nicht. (Foto: pst)
Die wenigen Mohnblumen in diesem Feld mindern den Ernteertrag noch nicht. (Foto: pst)

Vor nicht allzulanger Zeit wurden die bunten Begleitpflanzen in und an den Äckern als „Unkräuter“ geschmäht. Heute weiß man um den Nutzen dieser Pflanzen und aus den Unkräutern sind Wildkräuter geworden. Zu einer Führung zu den Ackerwildkräutern in Erling (Gemeinde Andechs) hatte vor Kurzem der Kreisverband des Bundes Naturschutz (BN) eingeladen. Wildkräuterkenner Ralf Rauber wies die Teilnehmer auf die unterschiedlichen Pflanzen und ihre Bedeutung hin. Die roten Mohnblumen und blauen Kornblumen kannten alle Teilnehmer. Sie sind allerdings nur zwei von rund 300 unterschiedlichen Ackerwildkrautarten, die es eigentlich auf den heimischen Feldern gibt. Allerdings sind wegen des Einsatzes von Unkrautvernichtungsmitteln und der Intensivierung der Landwirtschaft viele Arten stark gefährdet und immer mehr sterben aus. Da viele Insekten die Kräuter als Nahrungsquelle benötigen und in der Folge sich Vögel von den Insekten ernähren, ist auch deren Überleben bedroht. Dabei sind nicht alle Wildkräuter schädlich.

Durch Herbizide würden aber auch so harmlose Kräuter wie die zarte Ackerröte oder das Ackerstiefmütterchen mit seinen bläulichen Blüten absterben. Auf den biologisch bewirtschafteten Feldern in Andechs sind solche Pflanzen noch zu finden. Rauber pflückte ein Exemplar und reichte es herum. „Das stört im Acker nicht, denn es wächst nicht hoch“, erklärte er. Typisch für unsere heimischen Äcker sind Kräuter wie der „Frauenspiegel, der Feldrittersporn, die Nachtlichtnelke oder der Gezähnte Feldsalat“, wusste Rauber. Verständnis zeigte Rauber für die Landwirte, die um ihren Ernteerfolg bangen, denn einige Ackerwildkräuter wären Konkurrenten zu den Nutzpflanzen. Falls sie überhand nehmen, dann geht das zu Lasten des Ertrags. Auch der Biobauer wird dann eingreifen, allerdings nicht mit der chemischen Keule, sondern mechanisch oder aber durch eine geeignete Fruchtfolge, die ebenfalls die Schädlinge zurückdrängen kann.

Ungeliebt: Quecke und Distel

Ein paar Exemplare solcher Pflanzen könne aber jeder Acker verkraften, versicherte Rauber. Als Beispiel zeigte er auf die Ackerkratzdistel mit ihren lilafarbenen Blüten. Diese Distel habe waagrecht im Erdreich verlaufende Wurzeln, durch das Pflügen droht die Gefahr, dass sie im gesamten Feld verteilt wird und neue Wurzeln schlagen kann. Auch die Quecke und den Flughafer schätzen die Landwirte nicht. Während das Korn bereits trocken ist, sind diese Pflanzen noch saftig grün. Bei der Ernte ist dann der Ertrag insgesamt zu feucht.

Auf den ersten Blick sah die sich um einen Halm schlingende Ackerwinde mit den trichterförmigen Blüten recht hübsch aus, doch auch sie kann viel Schaden anrichten, indem sie die Halme runterzieht und sie nicht mehr recht wachsen können. Bei der Führung stand aber das Staunen über die Vielfalt dieser Kräuter am und im Feld im Vordergrund. Wer weiß beispielsweise schon, dass das klebrige Klettlabkraut mit dem Waldmeister verwandt ist oder dass die hoch wachsende geruchlose Kamille nicht für Tee verwendet werden kann? Dafür sei nur die niedrig wachsende Echte Kamille geeignet. In der Heilkunde wird auch Beinwell verwendet, erklärte Rauber und zeigte auf ein besonders großes Exemplar mit lila leuchtenden Blüten.

Am Schluss entdeckte der Kräuterexperte noch das Ackerhellerkraut. Dutzende von runden Samen hängen wie an einem Schellenbaum an dieser Pflanze. Sie kann den Herbiziden widerstehen, da sie ganzjährig keimt und dadurch auch nach dem Einsatz von Pflanzengiften noch aufgehen kann.

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