Seit ungefähr fünf Jahren spielt Julian Gesell aus Obermenzing Golf. „Am Anfang bin ich nur mit meinen Eltern und meinem Onkel auf den Golfplatz gegangen und habe ein paar Probeschwünge geübt. Dann hatte ich soviel Spaß daran, dass ich meine Platzreife gemacht habe“, erklärt der 13-Jährige. Platzreife ist für Golf-Anfänger wie das Seepferdchen-Abzeichen für Schwimmer. „Allerdings darf man, bevor man seine Platzreife hat, gar nicht auf den Platz“, so Julian, der heute ungefähr ein- bis zweimal pro Woche auf den Golfplatz geht.
In seinem Golfclub Rottbach bei Maisach ist er einer der jüngsten Spieler, doch dafür hat er schon viele Erfolge mit nach Hause gebracht. Auf der „US Kids Golf Teen World Championship“ im Juli, die im Pinehurst Resort in North Carolina, bereits mehrmaliger Austragungsort der US Open, stattfand, errang Julian den 22. Platz unter 140 Mitstreitern seiner Altersklasse. Er kehrte damit auch als zweitbester Europäer des Turniers nach Hause zurück. Auf der Siegerliste der „Haribo Jetix Golf Challenge“, die am vergangenen Wochenende in Jakobsberg bei Koblenz stattfand, steht er auf dem zweiten Platz. Der Pokal in Form eines Gummibärchens steht zu Hause auf dem Wohnzimmertisch. Julians Handicap liegt inzwischen nur noch bei 6,2.
Mit voller Konzentration
Besonders aufregend am Golfspielen findet Julian, dass man auf den Turnieren ganz auf sich allein gestellt ist und sich beweisen kann. „Ich finde es zwar auch toll im Team zu kämpfen“, so der begeisterte Hockeyspieler, „aber ist es auch schön, ganz konzentriert für sich alleine zu spielen.“ Auf die Empfehlungen seines Caddy, seinem Onkel Klaus Walther, hört er aber trotzdem meistens: „Wir haben auf dem Turnier in Amerika gezeigt, dass wir ein sehr gutes Team sind. Mein Onkel sagt mir vor bestimmten Situationen, wie er an meiner Stelle weiterspielen würde. Manchmal folge ich seinem Ratschlag und manchmal eben nicht“, so Julian. Bei Turnieren in Deutschland muss er sowieso ganz alleine entscheiden. Hier sind Caddys nämlich grundsätzlich nicht zugelassen. Ebenfalls spannend findet es Julian, auf neuen und unbekannten Plätzen zu spielen: „Ich habe mir angewöhnt, den Platz vorher abzugehen und mir die Verhältnisse einzuprägen, aber es bleibt doch bis zur ersten Runde immer ein fremder Platz“, berichtet Julian, der im September in die 8. Klasse des Max-Planck-Gymnasiums in Pasing kommt.
Viele seiner Klassenkameraden freuen sich mit Julian über seine sportlichen Erfolge, doch einige witzeln auch darüber, dass Golf gar kein richtiger Sport sei. „Dabei wissen die meisten gar nicht, wie anstrengend so ein Turnier tatsächlich ist“, erklärt Julian. „Es sieht vielleicht oft nicht so aus, aber zum Golfspielen braucht man viel Ausdauer, Koordinationsgeschick und vor allem Konzentration.“ Man brauche sich nur einmal anzusehen, wie Golf-Profi Tiger Woods auf dem Platz stehe: „Er ist voll austrainiert und konzentriert bis zum letzten Loch. Das bewundere ich so an ihm, weil er auch Bälle noch einlocht, die andere in dieser Situation nicht mehr geschafft hätten“, schwärmt Julian.
Bei einem Golfturnier dauert eine Runde im Durchschnitt vier Stunden und die Spieler legen bis zu sieben Kilometer zu Fuß zurück. Um dabei möglichst fit zu bleiben, versucht Julian viel zu trinken: „Ungefähr einen halben Liter sollte man etwa für drei Löcher rechnen“, erklärt er. Das macht auf einem 18-Loch-Golfplatz bis zu drei Liter Flüssigkeit. „Aber natürlich kein Bier“, ruft Julian lachend, „sondern Wasser oder Apfelsaftschorle!“ Ganz wichtig für einen gelungen Schlag sei auch eine gewisse Routine: „Ich habe einen ganz bestimmten Ablauf an Handlungen, die ich vor dem Schlag durchführe. Ich gehe um den Ball herum, teste den Schläger, atme nochmal tief durch. Das schärft die Konzentration und die Schläge gelingen meist auch besser.“
Gemeinsam kämpfen
Allerdings ist Golf nicht die einzige Sportart bei der Julian den Schläger schwingt. Zwei bis dreimal pro Woche trainiert er in der Hockey-Mannschaft des Turn- und Sportvereins Obermenzing, mit der er unter anderem in der Hallensaison 2008/2009 Bayerischer Vize-Meister geworden ist. „Den ersten Platz haben wir nur knapp verfehlt“, erklärt Julian und wirkt ein bisschen, als würde ihn das immer noch ärgern. Zum Hockeyspielen ist Julian bereits vor neun Jahren gekommen, als ihn einige seiner Freunde mitnahmen und mit dem Teamgeist infiziert haben. Das Mannschaftsgefühl ist es auch, was Julian am Hockey am meisten fasziniert. „Beim Training und bei den Spielen treffe ich meine Freunde. Wir sind zusammen, können miteinander quatschen und kämpfen gemeinsam im Spiel“, schildert Julian. Meist sei es auch von Vorteil, dass beide seiner Lieblingssportarten mit dem Schläger gespielt werden. „Ich habe ein bestimmtes Gefühl für den Ball entwickelt, dass mir natürlich sowohl beim Golf als auch beim Hockey hilft“, erklärt Julian. Doch manchmal kommen sich seine Leidenschaften auch in die Quere: „Ich mache mir durch das Golfspielen meinen Hockeyschlag etwas kaputt und andersherum.“ Im Golf spielt Julian oft zu flach, weil er es vom Hockey gewöhnt ist, mit dem Schläger nicht so weit ausholen zu dürfen. „Und natürlich spiele ich dann im Hockey oft zu hoch.”
Bei vier- bis fünfmal Training in der Woche findet Julian aber immer noch genug Zeit für die Schule. „Da passt alles“, erklärt er kurz und bündig und dass er Englisch und natürlich Sport von allen Fächern am liebsten mag. Ob Julian im kommenden Jahr noch einmal bei der „US Kids Golf Teen World Championship“, für die er sich durch seine herausragende Leistung in diesem Jahr automatisch qualifiziert hat, teilnimmt, weiß er noch nicht. „Ich hätte schon Lust, aber das hängt natürlich auch davon ab, wann das Turnier genau ist und ob jemand mit mir hinfahren kann.“ Für die kommenden Wochen hat sich Julian vorgenommen mit seiner Hockeymannschaft an ein bisher unerreichtes Ziel zu gelangen: „Es wäre toll, wenn wir uns für die Süddeutsche Meisterschaft qualifizieren könnten.“ An dem Turnier dürfen nur die beiden besten Mannschaften aus Bayern teilnehmen und im Moment ist Julians Hockeymannschaft auf dem zweiten Platz. Doch nur mit einem Tor Rückstand, wie Julian betont.