Veröffentlicht am 15.01.2024 09:00

Eiszeit auf dem See


Von Patrizia Steipe
Ein seltenes Vergnügen: Mitten auf dem Weßlinger See hat diese Eishockey-Mannschaft ihr Spielfeld abgesteckt (Foto: pst)
Ein seltenes Vergnügen: Mitten auf dem Weßlinger See hat diese Eishockey-Mannschaft ihr Spielfeld abgesteckt (Foto: pst)
Ein seltenes Vergnügen: Mitten auf dem Weßlinger See hat diese Eishockey-Mannschaft ihr Spielfeld abgesteckt (Foto: pst)
Ein seltenes Vergnügen: Mitten auf dem Weßlinger See hat diese Eishockey-Mannschaft ihr Spielfeld abgesteckt (Foto: pst)
Ein seltenes Vergnügen: Mitten auf dem Weßlinger See hat diese Eishockey-Mannschaft ihr Spielfeld abgesteckt (Foto: pst)

Eine spiegelglatte Eisfläche über den ganzen See hat in der vergangenen Woche den Weßlinger See in ein riesiges Natureisstadion verwandelt. Es ist ein kurzes Vergnügen, das sobald die Temperaturen steigen, schnell wieder vorbei ist. Es ist aber auch eine Zeit, in der sich die Weßlinger gerne an die ruhmreichen Tage vor etwa 70 Jahren zurückerinnern. Damals ist die Dorfmannschaft des SC Weßling Deutscher Landesligameister geworden.

Zum Jubiläum hatte Ortsarchivar Erich Rüba im vergangenen Jahr eine Ausstellung über die Eishockey-Helden in der Gemeindegalerie zusammen gestellt. Von nah und fern seien die Besucher gekommen, um in vergangenen Zeiten zu schwelgen. Viele hatten ihm Fotos und Ausrüstungsgegenstände mitgebracht und als letzter noch lebender „Held“ besuchte auch Hans Buchner die Ausstellung, bevor er drei Monate später verstarb. Viele drängten Rüba dazu, diese Ereignisse schriftlich festzuhalten, „damit man sich später daran erinnert“, so Rüba. So ist die 69-seitige Broschüre „Die Weßlinger Eishockey-Helden 1950-1959 – Eine kleine Erinnerung im Spiegel der Presse“ entstanden. Was war das Erfolgsrezept der Dorfmannschaft, die nicht einmal ein wetterunabhängiges Kunsteisstadion besaß und trotzdem an den großer Vereinen in ganz Deutschland vorbei gezogen ist? „Wir waren nicht besser als die anderen, wir haben mehr mit Kraft gemacht und waren eine eingeschworene Mannschaft“, wird Eishockeyspieler Roland von Rebay (1926-2014) zitiert. Außerdem hätten sie vollen Körpereinsatz gebracht ohne Rücksicht auf Verluste wie beispielsweise 1951 bei einem Spiel gegen Pöcking. Hier wurden Torwart Toni Edelmann vier Zähne ausgeschlagen, „der trotzdem unverdrossen nach einigen Minuten wieder in seinen Kasten ging und in alter Güte weiter hielt“, wird in dem Buch die Lokalzeitung 1951 zitiert. Die Zuschauer feierten ihre „Weßlinger Buam“. Busladungen voller Fans fuhren zu den Spielen. Teilweise drängten sich bis zu 3000 Menschen um das Stadion. Zwei Spieler, Toni und Wilhelm Edelmann, wurden sogar in die deutsche Eishockey-Nationalmannschaft berufen.

„Eine einmalige Leistungen”

Die Eishockeyabteilung wurde 1936 gegründet. Die ersten Spiele fanden auf dem See statt – war es zu warm, musste alles abgesagt werden. Ab 1948 gab es ein Natureisstadion auf einer alten Kiesgrube, wo heute die Tennisplätze sind. 1950/51 gelang den Weßlingern der Aufstieg in die Landesliga. Am 22. Februar 1953 schrieben sie Eishockey-Geschichte. Sie zogen nach einem furiosen Sieg in Mannheim in die Oberliga ein (vergleichbar mit der heutigen Bundesliga). „Der Aufstieg unseres Vereins aus einer Gemeinde mit rund 1200 Einwohnern ist im deutschen Eissport eine einmalige Leistung“, jubelte Ferdinand Baumer, damals Vorsitzender des SC Weßling. Doch der Klassenerhalt gelang nicht. Kein Kunsteisstadion, zu große Investitionen – alles war eine Nummer zu groß. 1958 stiegen die Weßlinger endgültig ab.

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