Veröffentlicht am 22.12.2008 12:31

Weihnachten im Pfarrhaus


Von cm
Der nigerianische Pfarrer Gerald Njoku. (Foto: cm)
Der nigerianische Pfarrer Gerald Njoku. (Foto: cm)
Der nigerianische Pfarrer Gerald Njoku. (Foto: cm)
Der nigerianische Pfarrer Gerald Njoku. (Foto: cm)
Der nigerianische Pfarrer Gerald Njoku. (Foto: cm)

Für die meisten Deutschen ist Weihnachten in erster Linie ein Familienfest. Man geht zusammen in die Kirche, es gibt ein großes Festessen und schließlich werden die Geschenke unter dem Christbaum ausgepackt. Doch wie läuft Weihnachten im Pfarrhaus ab? Welche Vorbereitungen trifft ein Pfarrer und wie verbringt er Heilig Abend? Wie es ist, als Pfarrer Weihnachten zu feiern und welche Bedeutung Weihnachten als kirchliches Fest heute noch hat, erzählt Pfarrer Klaus-Günther Stahlschmidt aus Leiden Christi. In der selben Pfarrei verbringt dieses Jahr zum dritten Mal der nigerianische Pfarrer Gerald Njoku die Festtage. Er berichtet über Weihnachten in Nigeria und die Unterschiede zu einem deutschen Weihnachtsfest.

In der Pfarrei Leiden Christi finden allein an Heilig Abend drei Gottesdienste statt. Um 15.30 und 16.30 Uhr gibt es eine Mette für Kinder und Senioren und um 23 Uhr schließlich die große Christmette. In jedem dieser Gottestdienste ist die Pfarrkirche bis auf den letzten Platz gefüllt. „Es war schon immer so, dass an Weihnachten besonders viele Menschen in die Kirche gegangen sind“, erinnert sich Pfarrer Stahlschmidt. „Das hängt mit der Verdichtung der Sehnsucht der Menschen nach familiärer Ausgewogenheit und Gemeinschaft zusammen. Im Weihnachtsgottesdienst ist außerdem viel Platz für Erinnerungen, egal ob positive oder negative.“ Der 66-jährige verbringt inzwischen seit 27 Jahren in Leiden Christi den Heiligabend. Trotzdem kehrt für ihn keine Routine ein: „Für mich ist jede Messe einzigartig und immer wieder etwas Neues.“ Die Gottesdienste stehen für ihn an den Festtagen auch ganz klar im Mittelpunkt: „Die innere Einstimmung auf die Gottesdienste und die Stille sind das Wichtigste.“

Allein an Heilig Abend

Deshalb macht es Pfarrer Stahlschmidt auch nichts aus, dass er Heilig Abend normalerweise allein in seiner Wohnung verbringt. „Ich esse alleine und bereite mich auf den nächsten Gottesdienst vor.“ Manchmal bekommt er Besuch von seiner Schwester oder macht Familienbesuche bei Eltern, die ein Kind verloren haben. Begegnungen und Gespräche gehören für ihn jedoch vielmehr in die Zeit des Advent als zu den Feiertagen. Die einzige Ausnahme macht die alljährliche Zusammenkunft von bis zu 60 Ministranten in der Wohnung des Pfarrers nach der Christmette. „Nach der Messe freue ich mich dann über die Gesellschaft der Jugendlichen“, sagt Stahlschmidt. Auch ehemalige Ministranten finden sich zu diesem Treffen ein, bei dem gemeinsam mit Plätzchen, Wein und Säften Weihnacht gefeiert wird.

In der Vorweihnachtszeit bekommt Stahlschmidt in seiner Wohnung ebenfalls häufig Besuch. An drei Abenden im Advent lädt er traditionell insgesamt ca. 100 Mitarbeiter und deren Familien zu sich nach Hause ein, bekocht sie und bietet Raum für Gespräche. Außerdem findet einmal im Advent ein Gottesdienst mit verwaisten Eltern aus dem Großraum Bayern in Leiden Christi statt. Paare, die ein Kind verloren haben, können sich hier austauschen. „Die Begegnung mit diesen Menschen ist immer sehr eindrucksvoll und mein persönlicher Einstieg in die Weihnacht“, erzählt er. Außerdem dekoriert er das Pfarrhaus und seine Wohnung, um sich auf Weihnachten einzustimmen: „Der Aufbau von meiner 12 m² großen Krippe im Pfarrhaus dauert zwar lange, ist aber sehr besinnlich.“ Für Besucher seiner Wohnung sind die vielen aufgehängten Christbaumkugeln und Strohsterne wohl das Eindruckvollste. An einem Netz, das sich über die ganze Zimmerdecke erstreckt, hängen ca. 400 Kugeln, Zapfen und Glocken. „Da hat kein Christbaum mehr Platz, aber den brauche ich auch nicht“, gibt Stahlschmidt zu.

Auch in der Wohnung von Pfarrer Gerald Njoku befindet sich kein Christbaum. Der Nigerianer kam vor drei Jahren nach Deutschland und schreibt hier seine Doktorarbeit. Nebenbei steht er als Aushilfspfarrer in Leiden Christi zur Verfügung. „Ich habe hier nicht so viel zu tun wie in meiner Heimat, und deshalb ist die Weihnachtszeit für mich ganz stressfrei“, freut sich der 41-jährige. Im Mittelpunkt der Festtage wird für ihn dieses Jahr ein Gottesdienst mit der nigerianischen IGBO-Gemeinde stehen. Pfarrer Gerald ist Führer dieser kleinen Gemeinde in München, die am 25. Dezember ein großes Weihnachtsfest feiert. Heilig Abend verbringt er, genau wie Stahlschmidt, allein in seiner Wohnung.

Weihnachten in Nigeria

Das ist er allerdings aus Nigeria gewohnt. Dort wird nämlich erst am 25. Dezember Weihnachten gefeiert. Am 24. Dezember geht man nur in den Gottesdienst am Abend. Die Feier am 25. ist dafür umso ausgelassener. Auf den Straßen gibt es Maskentänze, Musikgruppen und Feuerwerke, während in den Familien ein großes Festessen mit allen Verwandten veranstaltet wird. Dafür schlachten die Nigerianer oftmals eine Kuh oder Ziege und bereiten so ein ganz besonderes Mahl vor. „Weihnachten ist eigentlich ein Familienfest, wie in Deutschland auch“, erklärt Gerald. Allerdings sei die Begeisterung für das Weihnachtsfest viel mehr zu spüren. Die Kinder üben wochenlang auf ihre Straßentänze hin und geben ihr ganzes Geld für kleine Feuerwerke aus. Jeder fiebert Weihnachten entgegen, und alles endet in einer großen Ortsfeier. Dies ist natürlich auch aufgrund der wärmeren Temperaturen möglich. „Für Nigeria ist es zwar kalt, aber es hat immer noch 15°C und man kann sich auf den Straßen länger aufhalten als im kalten Deutschland“, berichtet er.

Insgesamt gesehen läuft Weihnachten für Deutsche, Nigerianer und Pfarrer sehr ähnlich ab. Sie alle erwarten das Fest von Christi Geburt, bereiten sich darauf vor, gehen in die Kirche und erleben dort Gemeinschaft. Und wenn schließlich bei Kerzenlicht und im Schein des erleuchteten Christbaums das Lied „Stille Nacht“, oder in Nigeria „Silent Night“, erklingt, kommen alle zusammen in der Weihnacht an.

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