Das Landratsamt München ist schon etwas Besonderes. Zum einen befindet es sich gar nicht im Landkreis, sondern mitten in München, am Mariahilfplatz in der Au. Zum anderen nutzt es die Räume eines 400 Jahre alten ehemaligen Paulanerklosters. Über die Geschichte des Gebäudes hat der Landkreis München nun ein Buch herausgebracht.
Historisch begründet ist es, dass das Landratsamt nicht in dem Gebiet sitzt, dass es verwaltet, sondern in der Au, die bis zur Eingemeindung nach München 1854 eine eigenständige Stadt war. Ebenso wie der Landkreis München, in dem heute über 350.000 Menschen leben, ist auch das Landratsamt immer weiter gewachsen. Inzwischen erstreckt sich die Behörde am Mariahilfplatz über sechs Gebäudeteile in verschiedenen Baustilen, teils Jahrhunderte alt, teils modern. Um einen Gebäudekomplex, der früher einmal das gesamte Areal umfasste, dreht sich das neu erschienene Buch „Das Paulanerkloster in der Au. Eine Spurensuche am Mariahilfplatz”.
Nicht etwa im Festsaal, sondern ganz bewusst in den Gängen des ehemaligen Klosters stellte Landrat Christoph Göbel das Werk vor kurzem der Öffentlichkeit vor. „Hier ist etwas ganz Tolles und Lesenwertes entstanden”, betonte der Landrat. Die Autoren des in den Landkreisfarben blau und gelb gehaltenen Buches sind Christine Heinz, Falk Bachter und Rolf Katzendobler, die sich alle in der Kreisheimat- und Archivpflege engagieren. Unterstützt wurden sie vom Kulturreferenten des Landkreises München, Rainer Klier. Gemeinsam arbeiteten sie rund zwei Jahre an dem Buch, das nun zum ersten Mal umfassend die Geschichte des Paulanerklosters in der Au nachvollzieht – und auf dem Titelbild dessen Stiftungsurkunde zeigt. Sieben Kapitel mit diversen Unterkapiteln führen den Leser durch die Jahrhunderte. „Es soll kurzweilig sein”, meinte Klier. Um die manchmal etwas trockene Historie anschaulich darzustellen, haben die Verfasser viele Bilder eingebaut.
Doch bevor es ans Schreiben ging, war zunächst umfangreiche Recherche nötig. Die Autoren wälzten sich durch Archive, forschten in Museen und Antiquariaten. Zur Seite stand der Verein „Freunde der Vorstadt Au”, ebenso wie die Pfarrei Mariahilf, die ihre Schatzkammer öffnete – dort befinden sich unter anderem Meßkelche aus dem ehemaligen Paulanerkloster. Dessen Vorgeschichte hatte im Jahre 1511 begonnen, als sich der bayerische Herzog Wilhelm IV. am Fuße des Nockherbergs ein Jagd- und Lustschloss mit Hofgarten und Wasserspielen erbauen ließ. Über 100 Jahre später erweiterte sein Enkel Wilhelm V., genannt „der Fromme” und abgedankter Herzog von Bayern, die Anlage zum Kloster Neudeck, in das um 1623 zunächst der Basilianerorden einzog. Doch der gar nicht so fromme Lebenswandel der Mönche, die ein ums andere Mal Trinkgelage veranstaltet haben sollen, gefiel Wilhelm nicht. Er schickte die Basilianer zurück nach Italien und bot das Kloster den Augustinern an, die jedoch ablehnten. Wilhelms Sohn Maximilian I. fand schließlich mit den Paulanern, die anno 1627 einzogen, neue Hausherren. Der Orden bildete sich im 15. Jahrhundert und geht auf den aus Süditalien stammenden Mönch Franz von Paula zurück.
„Die Paulaner waren ein Gewinn für die Au”, berichtete Autor Falk Bachter, denn dem Orden wurde auch die Seelsorge für den Ort anvertraut. In der damaligen Vorstadt Au hatte es bis dahin keine Pfarrei gegeben. Kirchlich gehörte die Au zu Bogenhausen. Die heute prägnante Mariahilfkirche sollte erst in den 1830er Jahren entstehen. 172 Jahre lang betrieben die Paulaner das Kloster am Mariahilfplatz und begannen hier mit der Tätigkeit, mit der die meisten ihren Namen in Verbindung bringen dürften – dem Bierbrauen. Sehenswert muss die Klosterkirche gewesen sein, die dem heiligen Karl Borromäus geweiht war: Ihr Kirchturm war an der Spitze einem Priesterbirett nachempfunden, während eine tragende Säule im Inneren wie eine Palme gestaltet war. Anfang des 20. Jahrhunders fiel die Kirche dem Umbau des Klostergebäudes zum Königlichen Amtsgericht zum Opfer – für Historiker ein großer Verlust, wie Bachter und Katzendobler betonten.
Das Kloster als Institution war bereits 1799 auf Wunsch der Mönche aufgelöst worden. Während der Napoleonischen Besatzung diente der Bau als Kaserne sowie Lager für Heu und Stroh. Schließlich wurde hier ein Arbeitshaus für Strafgefangene eingerichtet. Im Laufe der Zeit verfiel die Anlage zunehmend. Heute ist nur noch ein Gebäudetrakt erhalten, der seit langem im Besitz des Landkreises München ist. Wo früher Klosterzellen waren, sind jetzt Büros eingerichtet und der ehemalige Speisesaal der Mönche dient dem Kreistag als Sitzungssaal. Als Besonderheit verfügt das Gebäude über ein Treppenhaus im Stile des Barock – nur eines von vielen Details, das Interessierte in dem neuen Buch nachlesen können. Es kostet 20 Euro und kann über das Landratsamt München, Fachbereich 0.0.2, erworben werden.