Am Montag, 18. Februar, wird eine ganz besondere Ausstellung im Bürgerhaus Römerschanz, Dr. Max-Straße 1 in Grünwald eröffnet. Hier werden Zeugnisse aus dem Lager Föhrenwald, das sich von 1945 bis 1957 in einem Ortsteil von Wolfratshausen befand, gezeigt. Was viele Münchner, aber auch viele Landkreisbürger nicht wissen, ist, dass sozusagen vor den Toren Münchens, eben im damaligen Wolfratshauser Ortsteil Föhrenwald, unmittelbar nach dem 2. Weltkrieg bis 1957 das größte Lager für jüdische sogenannte DPs (displaced persons) in ganz Europa betrieben wurde. Eine ehemalige Siedlung für Rüstungsarbeiter, die im Wolfratshauser Forst von den Nazis 1940 errichtet wurde, wurde damals von den Amerikanern kurzerhand zum Flüchtlingslager umfunktioniert. 5.000 Menschen lebten zu Kriegszeiten in Föhrenwald, wie die Siedlung genannt wurde. Auch Menschen, die den Dachauer Todeszug, der sich gegen Ende des 2. Weltkrieges auch durch Grünwald gezogen hatte, kamen erstmals im Lager Föhrendwald unter, um sich dort von den Strapazen und Torturen zu erholen.
Mehrere 10.000 jüdische Bürger kamen in Föhrenwald nach dem Krieg unter. Eigentlich war die Siedlung nur als Zwischenstation für diese Menschen gedacht, bis sie sich entschieden hatten, wohin sie auswandern wollten. Viele blieben aber dort bis das Lager 1957 schließlich aufgelöst und der Ortsteil in Waldram umbenannt wurde.
Das Areal war 1956 vom Katholischen Siedlungswerk gekauft worden, um dort katholische Heimatvertriebene aus beispielsweise Böhmen, Mähren oder Schlesien ein neues Zuhause zu bieten. Während auf der einen Seite die jüdischen Mitbewohner sich aufmachten, das Land zu verlassen oder sich anderweitig in Deutschland niederzulassen (rund 500 gingen nach München, hauptsächlich nach Giesing, Anm. d. Red.), zogen die Heimatvertriebenen in die Siedlung ein. Nicht frei von Spannungen war diese Zeit, aber es gab auch Freundschaften, die dort geschlossen wurden, die ein Leben lang hielten. Die Wanderausstellung: »Die Kinder vom Lager Föhrenwald« gibt anhand von 30 Stellwänden Einblick in das Leben im Lager Föhrenwald, das von den Einwohnern liebevoll »Schtetl« genant wurde.
Die historischen Bilder geben einen berührenden Einblick die Geschichte einer lange vergessenen Nachkriegskindheit in Deutschland. Das Vorwort zur Ausstellung wird Bürgermeister Jan Neusiedl sprechen. Die Einführung wird Dr. Sybille Kraft sprechen, die an der Spitze des Vereins: »Bürger fürs Badehaus Waldram-Föhrenwald« steht. Dieser Verein hat die Geschichte dieses »Schtetls« im Oktober eröffneten Museum in Waldram vor dem Vergessen bewahrt. Dem Verein war es gelungen das alte Badehaus der Siedlung vor dem Abriss zu retten und dank vieler staatlicher und privater Spenden in ein Museum umzubauen. 1,8 Millionen Euro an Fördergeldern und mehr als 17.000 ehrenamtlich erbrachte Stunden stecken in diesem Projekt. Aber es hat sich gelohnt, wie Dr. Sybille Kraft betont. Mehr als 1.200 Besucher konnte das eindrucksvolle Museum bereits verbuchen. Um noch mehr Menschen ins Museum zu locken, habe man die Wanderausstellung konzipiert, so Sybille Kraft. Der Kontakt zu Grünwald kam über Otto-Ernst Holthaus zustande, der als kleiner Junge den Todeszug durch Grünwald miterlebte. Er wird in Grünwald nach telefonischer Absprache (Tel. 6493427) auch Führungen für Schulklassen durch die Ausstellung im Bürgerforum anbieten.
Das Badehaus-Museum in Waldram zeigt den kompletten Werdegang des Ortsteils von der Arbeitersiedlung bis heute auf. Die Menschen, die von 1945 bis 1957 in Föhrenwald lebten, hatten sich dort ihre eigene jüdische Welt, ihr „Schtetl“ erschaffen. Eine Synagoge gab es ebenso wie Schulen, Krankenstationen, ein Kino, ein Waisenhaus, denn viele Kinder hatten ihre Familien verloren als auch einen Sportverein und eben das Badehaus. Dort befand und befindet sich bis heute eine so genannte Mikwe, die im Judentum für rituelle Waschungen benötigt wird. Für Deutsche war der Zutritt zum gesamten „Schtetl“ verboten. Zunächst stand es unter der Leitung der Amerikaner, die es Anfang der 50er Jahre dann an die Deutsche Regierung übergaben. Die Sprache im Schtetl war Jiddisch, das von nahezu allen Einwohnern dort gesprochen wurde. Aber nicht nur das religiöse Leben wurde wieder aufgenommen, sondern auch das politische, denn viele bereiteten sich dort auf die Auswanderung nach Israel vor. Anhand von vielen Einzelschicksalen wird die Entwicklung der Siedlung aufgezeigt. »Das Mitglied mit der Nummer 1 in unserem Verein ist übrigens Max Mannheimer. Er hat als junger Mann besonders schwer traumatisierte Überlebende des Holocaust betreut und war bei der Erfüllung seiner Aufgabe auch oft in Föhrenwald«, berichtet Dr. Sybille Kraft. Bei der Eröffnung des »Badehauses« waren auch zahlreiche ehemalige Bewohner , teilweise sogar aus den USA und Israel angereist. »Die älteste ehemalige Bewohnerin, die die Ausstellung besucht hat, ist 98 Jahre alt«, berichtet die engagierte Autorin weiter. Herzergreifende Szenen hätten sich dabei abgespielt, erinnert sie sich. Aber auch an den anderen Besuchern geht die Ausstellung nicht spurlos vorüber, die vielen Schicksale, die dort vorgestellt werden, berühren und regen zum Nachdenken an.
Die Ausstellung in Grünwald ist bis zum 10. April zu sehen, der Eintritt ist frei, um Spenden wird gebeten.
Das Badehaus Museum am Kolpingplatz 1 in 82519 Wolfratshausen ist immer freitags von 9 bis 16 Uhr und samstags und sonntags von 13 bis 17 Uhr geöffnet. Samstags und sonntags wird eine öffentliche Führung angeboten.
Außerdem lockt dort immer auch noch eine Sonderausstellung. Nur noch bis zum 28. Februar kann man dort die »Werke jüdischer Architekten der Moderne und ihr Wirken in der Welt« bewundern. hw