Leere Kirchen an Karfreitag und Ostern – das hat es tatsächlich noch nie gegeben!
Und das nicht nur in Deutschland, sondern in vielen Ländern Europas und der Welt. Anders als sportliche Großereignisse, wie die Europameisterschaft oder die Olympischen Spiele, wird Karfreitag und Ostern auch nicht verschoben oder abgesagt. Diese höchsten Feiertage der Kirche finden statt und werden begangen – nur eben völlig anders, als sonst. Das Wesen einer Organisation oder Vereins und erst recht von Kirchengemeinden ist es, zusammenzukommen, sich zu beraten, miteinander zu feiern und sich zu vergewissern, aus welcher Geschichte man lebt, welche Grundpfeiler tragen. In diesem Jahr sind die Gläubigen aufgerufen, selbst initiativ zu werden, um die Karwoche und das Osterfest nicht einfach verstreichen zu lassen, sondern sinnhaft zu begehen, vor allem in den eigenen vier Wänden. Viele Kirchengemeinden bieten dazu Hilfestellungen an, in analoger und digitaler Form. Auch die Emmauskirche in Harlaching hat auf ihrer Homepage solche Anregungen und Andachten bereitgestellt. Eine besondere Möglichkeit ist es, an Ostern vormittags in die Kirche zu gehen und sich dort das Osterlicht abzuholen und mit nach Hause zu nehmen. In der Emmauskirche entzünden wir die Osterkerze morgens um 6 Uhr. Es stehen dann bis 12 Uhr Kerzen mit Windschutz bereit, damit die Flamme der Osterkerze nach Hause getragen werden kann. Entscheidend ist jedoch vielmehr noch, dass wir die Flammen des Glaubens und der Hoffnung gerade jetzt nicht ausgehen lassen, sondern sie zum Leuchten bringen. Es ist großartig, was Menschen in der Nachbarschaft in den letzten Wochen für ihre älteren Mitbürger geleistet haben und weiterhin leisten wollen. Auch wenn man sich in den Geschäften nur noch in einem Sicherheitsabstand bewegt, habe ich den Eindruck, dass mehr aufeinander geachtet wird, dass manchmal hinter der Mundschutzmaske doch ein freundliches Lächeln zu erahnen ist, ein Augenkontakt, der deutlich macht „wir stehen zusammen!“ Genau das ist, was die Grundbotschaft des Osterfestes darstellt. Nicht resignieren, nicht alles begraben, nicht denken, es hat doch keinen Sinn, sondern aufstehen für das Leben, um gegen alles zu protestieren, was das Leben einschränkt und gar zunichte macht. Somit sind die Menschen, die sich für andere einsetzen, in den Krankenhäusern & Pflegeheimen, in Supermärkten & Apotheken, in Arztpraxen bei den Rettungs- und Hilfsdiensten, Botschafter dieses Osterfestes, die den Sieg des Lebens tatkräftig sichtbar machen. Ein herzliches Dankeschön an alle, die sich hiervon inspirieren lassen! Die Emmauskirche hat ihren Namen ja von einer Ostergeschichte (Lukas, Kap. 24) her, die beides beinhaltet: Trauer und Krise, Verzweiflung und Ohnmacht, auf der einen Seite und Aufbruch, ungläubiges Staunen und überbordende Freude auf der anderen Seite. Jene beiden Jünger Jesu, die sich auf den Weg nach Emmaus machen sind zunächst todtraurig. Dann dürfen sie eine Gotteserfahrung machen, die sie zur Umkehr bewegt, hin zu denen, die mit ihnen über den Tod Jesu am Kreuz getrauert haben. Vielleicht hilft es manchen, sich an Ostern tatsächlich nach Emmaus oder jede andere offene Kirche aufzumachen, um von dort aus gestärkt und getröstet das Leben zu bejahen. In jedem Fall hilft die biblische Botschaft von der Auferstehung Jesu dabei, das eigene seelische Immunsystem zu stärken und dem Panik-Virus keinen Nährboden zu geben. Gerade deshalb wünsche ich allen Lesern: Frohe und gesegnete Ostern! Pfarrer Christoph Reichenbacher