Mahdi und Ahmad, Mohsen und Abdul und viele andere junge Menschen haben es geschafft – trotz all der Hindernisse, die sich auf ihrem Weg türmten. Auf der Flucht vor Gewalt, Krieg und Terror wurden sie 2015 mit der großen Flüchtlingswelle nach Deutschland gespült und strandeten in Feldafing in einer Notunterkunft. Sie sprachen nur Farsi, Urdu oder Arabisch. Wer hätte gedacht, dass es sechs Jahre später so viele schöne Geschichten einer geglückten Integration zu erzählen gäbe: Die Feldafinger Flüchtlinge haben eine Lehrstelle bekommen, ihre Gesellenprüfung gemacht und eine feste Arbeitsstelle. Aus der stillgelegten Fabrik in Feldafing konnten die meisten in eine eigene Wohnung umziehen. Einige haben sogar den Führerschein gemeistert. Ein junges Paar hat geheiratet.
„Es ist eine tolle Erfolgsbilanz“, sagt Eva-Maria Herbertz vom Feldafinger Flüchtlingshelferkreis. Sie hat sich neulich hingesetzt und all die Werdegänge einmal aufgeschrieben und von jedem ein Foto besorgt. Die Germanistin und Autorin möchte damit etwas erreichen: „Es gibt immer noch viele Vorurteile und Ressentiments gegenüber den Geflüchteten, aber vielleicht bewegt das einige zum Umdenken.“ Herbertz erzählt am Beispiel ihres Schützlings Ahmad von der unglaublichen Entwicklung. Sie fuhr damals mit dem jungen Iraner, von dem sie wusste, dass er in einer Polsterei gearbeitet hatte, zu Raumausstatter Richter in Tutzing. Richter fasste sich ein Herz und gab dem jungen Mann eine Chance. „Es war anfangs schwierig, weil Ahmad kein Wort Deutsch sprach, aber nach zwei Stunden Probearbeit sagte Herr Richter gleich, dass er sich sehr geschickt anstellt und er es probieren will.“ Letztes Jahr hat Ahmad (26) die Gesellenprüfung geschafft. Und sein Meister hat ihm dabei geholfen, eine eigene Wohnung zu bekommen.
Es war ein weiter Weg. Und manche haben unterwegs aufgegeben. Aber diese Feldafinger Beispiele zeigen, dass Integration funktioniert, wenn alle einen langen Atem haben. Die Feldafinger Helfer erteilten ersten Deutschunterricht und interkulturelles Training, besorgten Lehrstellen, kämpften mit Papierkram und Behörden und lernten mit ihren Mündeln für die Prüfungen in der für sie fremden Sprache. Jetzt sind die jungen Leute aus Afghanistan, Pakistan, Eritrea und dem Iran und Irak fest angestellt und bestens integriert. „Sie haben sich wirklich reingehängt und mit Intelligenz, Fleiß und Zähigkeit wahnsinnig viel erreicht, obwohl manche nur ein paar Jahre Schulbildung hatten“, lobt Herbertz. „Und dabei sind alle so bescheiden und liebenswürdig geblieben.” Sie sagt: „Wir sind sehr stolz auf unsere Jungs.“ Alle hoffen jetzt auf eine dauerhafte Aufenthaltsgenehmigung. Denn ob sie in Deutschland bleiben dürfen, wissen sie noch nicht.
20 Beispiele für eine gelungene Integration:
Mahdi A. (29) aus dem Iran ist Chemielaborant bei Roche.
Ahmad A. (26) aus dem Iran ist Raumausstatter bei Richter in Tutzing.
Mohsen H. (24) aus Afghanistan ist Anlagemechaniker bei der Sanitärfirma Richard Maier in Feldafing.
Alamohammad A. (29) aus Afghanistan ist bei einer Security-Firma angestellt.
Habib J. (23) aus Afghanistan arbeitet seit vier Jahren als Segelmacherhelfer bei der „Segelmacherei Weger“ in Breitbrunn, und hat dieses Jahr die Ausbildung zum Segelmacher begonnen.
Efrem A. (30) und Bereket T. (37) aus Eritrea und Bandali M. (23) aus Afghanistan sind Fertigungshelfer bei der RUAG.
Arman H. (23) aus Afghanistan ist Fluggerätebauer bei der RUAG.
Shir Abas N. (27) aus Afghanistan ist Azubi Kfz-Mechatroniker beim Autohaus Ortner in Starnberg.
Abdul Karim R. (22) aus Afghanistan hat den Realschulabschluss geschafft und macht dieses Jahr seine Gesellenprüfung als Optiker in Gauting.
Bilal S. (29) aus Pakistan, mehrere Jahre Küchenhelfer im Haus der Bayerischen Landwirtschaft in Herrsching, macht jetzt die Ausbildung „Fachkraft Gastgewerbe“.
Muhammad F. (27) aus dem Irak ist Pflegefachhelfer im Klinikum Bogenhausen.
Fahim I. (23) aus Afghanistan hat zweieinhalb Jahre Kochausbildung, arbeitet im Lebensmittelverkauf und als Wach- und Putzmann.
Noorullah K. (24) aus Afghanistan ist als ausgebildete „Fachkraft Gastgewerbe“ mittlerweile Restaurantleiter bei der Deutschen Bahn.
Ghada A.F. (27) aus dem Irak und Nasir Ahmad Y. (24) aus Afghanistan haben im Benedictus-Krankenhaus die Pflegefachhelfer-Ausbildung gemacht und lernen jetzt für das Examen als Krankenpfleger. Sie haben sich in der Ausbildung kennengelernt und geheiratet.
Auch drei vorbildlich integrierte Familien gibt es in Feldafing, die Kinder gehen in die ortsansässigen Kitas und Schulen.