Bei meinem ersten und sicher letzten Besuch der alten Suppenwürze auf dem Diamaltpark am 17. Mai 2019, damals in Begleitung zuständiger Herren der Firma ISARIA Wohnbau AG, machte ich im 1. Stock des Gebäudes diese mir unvergessliche Entdeckung, die ich fotografisch bewahren wollte und mich heute zu einem Artikel zu einer besonderen Art von Diamaltgeschichte bewegt. Ich konnte in den einzelnen Stockwerken bis kurz unter dem Diamaltturm Aufnahmen machen, da das Gebäude inzwischen über alle Stockwerke schadstoffsaniert und gesichert war.
Den fotografierten Text (Bild 1) fand ich auf eine große braune Tafel geschrieben und sehe ihn heute als Relikt einer Generation von jungen Leuten, die hier immer wieder Polizeistreifen auftauchen ließ, von aufmerksamen Nachbarn gerufen, weil man – nicht zu Unrecht – im Gebäude eine Drogenszene vermutete. Über Jahre hinweg fand die Gruppe immer wieder neue Zugänge, wenn die alten vermauert wurden. Ich gebe zu, dass ich mich voll in die Gemütslage der Schreiberin versetzen kann, auch wenn ich dem Text aus meiner Warte sicher nicht zustimme.
Das durch die Münchner Baufirma Prestele 1902/3 erbaute alte Suppenwürzgebäude (Bild 2) der Nährmittelfabrik Diamalt war die erste Industrieansiedlung im alten Bauerndorf Allach westlich der Eisenbahn an der ehemaligen Bahnhof-, späteren Hindenburg- und heutigen Georg-Reismüller-Straße. Im September 1902 fand die Hebefeier statt, im März 1903 ging die Allacher Fabrik mit dem Verkauf von Speise-Malzextrakt in Betrieb. Bereits 1908/09 musste von der Münchner Baufirma Leonard Moll nach Westen hin erweitert werden. Im Sinne unseres dargestellten Abschiedsschreibens könnte man auch von der Geldgeilheit der Diamalt-Gründer sprechen, die, um nur vielversprechende Geschäfte zu machen, Allacher Bauern ihre grünen Wiesen abgeluchst haben. Vertrieb die Industrie die Natur oder schuf sie dringend benötigte Arbeitsplätze?
Schade, dass wir nicht wissen und vermutlich nie wissen werden, wer hier als „…erste gekommen & als letzte gegangen“ ist. Da es sich um ein Zeitdokument handelt, wäre ich als Historiker an der Person und ihren sonstigen Aufzeichnungen sehr interessiert. Vielleicht hilft mir dieser Artikel, wie vielfach schon zu anderen Themen, zu einer Meldung. Es geht hier nicht um eine polizeiliche Aufarbeitung, sondern um Bilder und Vorstellungen einer freien Jugendgruppe in einem von ihr „besetzten“ Gebäude, um ihre offensichtlich ans Herz gewachsene Heimat, ein „Zuhause von Menschen und Tieren“. Man hatte, wie aus den Bildern 3 und 4 sehen ist, viel Platz: Das sicher wenig genutzte Erdgeschoss, die zwei mit „Wandmalereien“ versehenen Stockwerke und das Dachgeschoss. Man sieht inzwischen zur Sicherung eingebaute Stahlträger- und Stützen.
Schon aus dem Dachgeschoss hat man einen wunderbaren Ausblick über Allach, der zur Überlegung Anlass gibt, wie später vor allem der Turm zu nutzen sei. Es ist zu hoffen, dass die neuen Investoren, die Optima-Aegidius Firmengruppe, das ganze denkmalgeschützte Gebäude den Vorgaben entsprechend renovieren und auch der interessierten Öffentlichkeit Zugang schaffen wird. Sie sehen sich hoffentlich in einer kulturellen Verpflichtung. Bedeutsam für Allach bleibt der markante Bau mit dem weithin sichtbaren Namen „Diamalt“ in den Dreiecksgiebeln. Er überragt als städtebauliches Wahrzeichen trotz intensiver und hoher Wohnungsbebauung weiterhin den gesamten Diamaltpark. Vielen Bürgern ist auch die unverwechselbare Wetterfahne erhaltenswert.
Abschließend zwei Fotos (Bild 5 und 6) als Text- und Bilderrätsel aus dem Inneren und ein Dachgeschossfoto (Bild 7) Richtung Allacher Süden.