Im Netz kursiert ein Schreiben, mit dem ein Offizier der Bundeswehr das Gendern an einer Dienststelle untersagen möchte. Das Schreiben ist echt. Doch der Offizier hat nicht die Befugnis, das Gendern zu verbieten.
In Sozialen Netzwerken kursiert ein Schreiben eines vermeintlichen Bundeswehroffiziers. Darin heißt es: „Hiermit untersage ich das sogenannte ‚Sprachgendern‘ an dieser Dienststelle für den Ausbildungs- und Gefechtsdienst. Darüber hinaus ist das Sprechen der ‚Genderlücke‘ generell zu unterlassen.“ Unterschrieben ist das Dokument namentlich von einem Offizier. Zwei Facebook-Beiträge, die das Schreiben zeigen, wurden insgesamt mehr als 6.500 Mal geteilt. Einige Nutzerinnen und Nutzer spekulieren, ob das Schreiben echt ist.
Unsere Recherche zeigt: Das Dokument ist authentisch. Allerdings darf der Offizier gendergerechte Sprache nicht verbieten. Sie ist für die Bundeswehr gesetzlich vorgeschrieben.
Aus Bundeswehr-Kreisen erfuhren wir, dass das Schreiben echt ist. Unten rechts steht als Dienstort des Offiziers eine Infanterieschule in Brandenburg. Zwar zweifeln Nutzerinnen und Nutzer an, dass es diese Infanterieschule gebe. Eine Sprecherin des Heeres teilte uns jedoch mit: „Auf dem Truppenübungsplatz Lehnin bei Brück gibt es eine Orts- und Waldkampfbahn, auf der infanteristische Ausbildungsinhalte der Infanterieschule trainiert werden können. Diese gehört also organisatorisch zur Infanterieschule Hammelburg.“
Das Heer bezeichnet die Bodentruppen der Bundeswehr, die weiteren Teilstreitkräfte sind Luftwaffe und Marine.
Wir haben die Sprecherin auch gefragt, ob ein Offizier dazu berechtigt ist, gendergerechte Sprache an einer Dienststelle zu untersagen. „Es gibt dazu rechtliche Vorschriften. Ein Offizier darf sich nicht eigenständig darüber hinwegsetzen“, sagte sie uns telefonisch.
Eine dieser Vorschriften ist das Bundesgleichstellungsgesetz. Darauf hat auch das Deutsche Heer unter einem Twitter-Beitrag hingewiesen: „Bereits seit 2001 gibt das Gesetz vor, dass alle Dienststellen und Beschäftigten des Bundes die Gleichstellung zwischen Frauen und Männern sprachlich zum Ausdruck bringen sollen (§ 1 Absatz 2 BGleiG 2001, § 4 Absatz 3 BGleiG 2015 und neue Fassung 2021)“. Das Ziel dieses Gesetzes ist unter anderem, „bestehende Benachteiligungen auf Grund des Geschlechts, insbesondere Benachteiligungen von Frauen, zu beseitigen und künftige Benachteiligungen zu verhindern.“
Die Nutzung von geschlechtergerechter Sprache ist auch in weiteren Vorschriften verankert, die für die Bundeswehr gelten. Laut der Sprecherin zählt dazu ein Merkblatt des Bundesverwaltungamts sowie der „Leitfaden zur sprachlichen Gleichbehandlung von Soldatinnen und Soldaten“, der auf dem Soldatinnen- und Soldatengleichstellungsgesetz beruht.
Der Leitfaden nennt Beispiele für Möglichkeiten zur sprachlichen Gleichbehandlung. Dazu gehören etwa Paarformen oder Doppelnennungen (Soldatinnen und Soldaten), Pluralformen (Vorgesetzte), geschlechtsneutrale Ausdrücke (die Truppe) oder das generische Maskulinum. Ob diese Form wirklich als geschlechtergerechte Sprache gelten kann, ist umstritten. In dem Leitfaden sind zudem Ausnahmen für das Gendern von Dienstgraden enthalten. Es gibt also keine Vorschrift, Worte wie Offizier oder Major sprachlich anzupassen.
Es geht um eine Verordnung, die nicht generell für Arbeitsräume gilt, sondern für öffentliche Arbeitsstätten, etwa Rathäuser. Pflegeheime, Kitas oder Kliniken sind davon ausgeschlossen. Die Grenze von zwölf Grad gilt nur für körperlich schwere Tätigkeiten. Schon seit Jahren empfiehlt die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin für solche Tätigkeiten eine Raumtemperatur von mindestens 12 Grad.
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