Sieben Künstler präsentierten ihre Werke am vergangenen Wochenende im Rahmen des Kunststücks Würm im Zehentstadel, das in diesem Jahr zum sechsten Mal vom Kunstverein Allach-Untermenzing organisiert wurde. Sieben Künstler – alle weiblich. „Da muss ich einfach eine ironische Bemerkung machen”, erklärte Schirmherr und Stadtrat a.D. Helmut Pfundstein in seiner Eröffnungsansprache: „Das schöne Geschlecht scheint uns Männern als Aussteller von Kunst den Rang abzulaufen.” Gisela Mayrhofer-Bernhard, Vorsitzende des Kulturvereins Allach-Obermenzing, versicherte, dass es nicht ihre erklärte Absicht war, nur Frauen für die Ausstellung auszuwählen. „Ich habe mir einfach die Bilder und Arbeiten angesehen und danach entschieden. Mir ist erst später aufgefallen, dass alle Werke, die ich ausgewählt habe, von Frauen waren”, erklärte sie.
Was die sieben Künstlerinnen Stephanie Angelika Frey, Helga Graf, Sibylle Patschovsky, Stephanie Ser, Ulrike Schröter, Heidi Petra Schworobuk und Renate Streck auf der Vernissage am vergangenen Freitag präsentierten, konnte fast unterschiedlicher nicht sein. Im Zehentstadel wurden Acryl- und Ölbilder, Fotoarbeiten, Collagen, Kaffeebilder und Zeichnungen ausgestellt. Den Garten vor dem Eingang hatten die Veranstalter zusammen mit den Bildhauerinnen Ulrike Schröter und Renate Streck in einen so genannten Zaubergarten verwandelt, in dem verschiedene Skulpturen aus Stein oder Holz beleuchtet wurden. Hinter jedem Werk der Künstlerinnen steckt eine Geschichte.
Fundstück wird Kunst
So wie hinter dem rund drei Meter langen Eschenstamm, den Renate Streck auf einem Spaziergang an der Isar fand. „Ich habe die hohle Holz-Strebe, die auf einer Seite aufgebrochen ist, zufällig entdeckt, war fasziniert von ihrer organischen Struktur und beschloss sie mit in die Werkstatt zu nehmen. Leider war sie viel zu schwer, so dass mir vier starke Männer helfen mussten, den Stamm zu transportieren”, berichtete Streck. „Die Struktur des Stamms habe ich wieder aufgegriffen, indem ich die Innenseite mit blau-grüner Farbe lackiert habe.” So ist aus dem Fundstück eine Negativ-Skulptur entstanden, die im Garten vor dem Zehentstadel sogar ein wenig geheimnisvoll und mythisch wirkte. Auch der Fotografin Stephanie Ser kam die Idee zu ihren Bildern bei einer alltäglichen Aktivität: „Ich bin viel mit dem Fahrrad unterwegs und mir ist aufgefallen, dass die Fahrbahnmarkierungen der Fahrradwege, also das blaue runde Symbol mit dem weißen Fahrrad darin, überall anders aussehen. Also bin ich die Fahrradwege abgefahren und habe die Markierungen fotografiert.” Auf der Ausstellung hat Ser die Bilder neben- und untereinander gehängt und lässt so ihre Verschiedenartigkeit wirken. Die meisten Symbole sind durch den Verkehr bereits abgewetzt, aber manche sind noch ganz neu und ihr Blau sehr intensiv.
Kaffeekunst und Regenwald
Die Veranstalter des Kunststücks Würm und Vorsitzenden des Kulturvereins Allach-Untermenzing Joachim Hospe und Gisela Mayrhofer-Bernhard schienen in diesem Jahr bei der Auswahl der Kunstwerke vor allen Dingen auf Vielfalt und Innovation zu setzen. Neben eher klassischen Malereiarbeiten in Öl und Acryl zeigte beispielsweise Heidi Petra Schworobuk auch Collagen. Sibylle Patschovsky verwendet seit rund neun Jahren für ihre Bilder ein ganz besonderes Material. Sie arbeitet mit löslichem Kaffee, der entweder als Hauptzutat oder in Verbindung mit anderen Farben, verwendet wird. „Entscheidend ist bei der Kaffeekunst wie auch beim Aquarell die Wassermenge. Außerdem kann man nie hundertprozentig bestimmen, wohin der Kaffee fließt”, so die Künstlerin, die neben den Kaffeebildern auch plastischere Werke ausstellte. Für diese verwendet Patschovsky Alltagsgegenstände: Sie klebt beispielsweise alte Socken zu einem Gesicht zusammen. Exotisch sind auch die Arbeiten von Helga Graf, deren Acrylbilder von fernen Reisen beispielsweise in den Regenwald inspiriert wurden oder Portraits südamerikanischer Kinder zeigen. Die Bilder von Stephanie Angelika Frey mit sprechenden Namen wie „Singapore” und „Bangkok” bestehen aus ornamentalen asiatischen und orientalischen Strukturen.
Zeitgleich mit dem Kunststück Würm fand auch die Ausstellung „3 Kunstformen” im Kleinen Saal des Blutenburg Schlosses statt, auf der drei weitere Künstlerinnen ihre Arbeiten präsentierten. Für Helmut Pfundstein war das Anlass genug, die Bürger zu einem gelegentlichen Kulturspaziergang durch Allach aufzurufen. „Es ist ein Vorzug des Münchner Westens, dass es mit dem Zehentstadel, dem Schloss Blutenburg und dem Carlhäusl drei Orte für kulturelle Veranstaltungen gibt“, so Pfundstein. Auch die hohe Dichte an Kunstschaffenden in Allach fordere dazu auf, sich mit Kunst auseinanderzusetzen. Musikalisch begleitet wurde die Vernissage des Kunststücks Würm vom Nostalgie-Ensemble „Schlenza”.