Bayern will den Ausbau der Ganztagsschulen massiv vorantreiben. Dies geht aus den Ergebnissen des kommunalen Bildungsgipfels von Bayerischer Staatsregierung und kommunalen Spitzenverbänden hervor. Der Staat übernimmt demnach künftig an staatlichen Schulen neben der Trägerschaft der gebundenen auch die Trägerschaft der offenen Ganztagsangebote. Ministerpräsident Horst Seehofer hat die erreichte Einigung zu wichtigen bildungspolitischen Vorhaben der Staatsregierung als großen Schritt für noch bessere Bildungschancen in Bayern begrüßt. Der Freistaat stellt demnach eine angemessene Ausstattung an Planstellen und Mittel für Lehrkräfte und sonstiges Personal sicher. Im Gegenzug werden die Kommunen den zusätzlichen Sachaufwand der Ganztagsschulen übernehmen und sich an allen offenen und gebundenen Ganztagsschulen mit einem pauschalen Zuschuss in Höhe von 5.000 Euro je Ganztagsklasse oder Gruppe pro Schuljahr beteiligen.
„Das entlastet die Kommunen organisatorisch, personell und finanziell“, erklärt Hans Schaidinger, der Vorsitzende des Bayerischen Städtetages. Besonders wichtig für die Kommunen sei die Zusage, dass sich der Staat an den Investitionen für den Ausbau einer flächendeckenden und bedarfsgerechten Ganztagsschule stärker beteilige. „Wir haben mit dem gemeinsamen Beschluss zum raschen und massiven Ausbau der Ganztagsschulen die Grundlage für viele weiteren Maßnahmen getroffen, die der Qualität und der Gerechtigkeit im Bildungswesen dienen“, betont Kultusminister Spaenle. Der Beschluss zum massiven Ausbau der Ganztagsschulen sei ein „deutliches Signal des Aufbruchs, von dem die Schüler und ihre Eltern gemeinsam profitieren“.
Dagegen hält der Vorsitzende des Bildungsausschusses im Bayerischen Landtag, Hans-Ulrich Pfaffmann, den angekündigten Ausbau der Ganztagsschulen für nicht ausreichend. Die CSU setzte die Tradition der Schönrednerei fort, wenn sie behauptet, dass die Ganztagsschulen massiv und mit höchster Priorität ausgebaut würden, so Pfaffmann. Neu sei nur, „dass die FDP dabei ist“. Nach Angaben der Landtags-SPD sieht die Wahrheit ganz anders aus: Im Verlauf von zehn Jahren sollen offene und gebundene Ganztagsangebote für 21 Prozent der Schulen geschaffen werden. „Damit bleibt die CSU meilenweit hinter dem tatsächlichen Bedarf zurück. Dieser liegt bei 40 bis 50 Prozent in weniger als zehn Jahren”, erklärt Pfaffmann. Die Übernahme der Trägerschaft für die Ganztagsschulen sieht er als „Milchmädchenrechnung” für die Kommunen, denn die Gemeinden zahlen künftig 5000 Euro für eine Ganztagsgruppe. Der SPD-Politiker geht davon aus, dass dies teurer sein wird als die bisherige Lösung. Richtig wäre es nach Ansicht der bayerischen Sozialdemokraten, wenn die Staatsregierung ihre Zuständigkeit für Schulpolitik endlich anerkennen würde, denn damit wären alle Ganztagsangebote ein Konnexitätsfall.
Zudem verständigten sich die Kommunen und der Freistaat darauf, die Eigenverantwortung der Schulen zu stärken. Einigkeit bestand über die Weiterentwicklung der Hauptschule mit den Zielen Ausbildungsreife und Berufsvorbereitung, um die Qualität der Hauptschule zu verbessern. Dazu sollen nicht nur die beschleunigte Einführung der Ganztagsschule, sondern auch das zusätzliche Instrument der Dialogforen vor Ort zählen. Darüber hinaus ist geplant, ein Mittagessen für bedürftige Schulkinder einzuführen – unter Bezuschussung von Staat und Kommunen. Geplant ist des Weiteren ein Ausbau der Jugendsozialarbeit. Für den Ausbau der Kinderbetreuung für Kinder unter drei Jahren bis 2013 stellt der Freistaat rund eine Milliarde Euro zu Verfügung, um weitere 50.000 Plätze zu schaffen. Eine weitergehende Beteiligung des Staates an den Betriebskosten für Kinderkrippen konnte nicht erreicht werden. „Der Gipfel war kein leeres Gerede, nach dem Motto: Schön, dass wir drüber geredet haben“, betont Schaidinger. „Wir haben nicht alle Verhandlungsziele erreicht, konnten aber in wesentlichen Punkten einen Durchbruch schaffen.“
SPD-Bildungsexperte Pfaffmann vermisst nach dem Bildungsgipfel allerdings weiter Antworten auf dringende Probleme wie das Übertrittsverfahren auf die höheren Schulen, die Klassengrößen, die wohnortnahe Schule, den Erhalt der Schulstandorte sowie die Zukunft der Hauptschule. „Dazu findet sich kein Wort. Dieser sogenannte Bildungsgipfel ist noch nicht einmal ein Bildungsgipfelchen“, sagt Pfaffmann.