Veröffentlicht am 23.02.2009 11:58

Brennpunkt Pasing?

So oder ähnlich könnte die Wohnanlage in der Paosostaße aussehen: Ein KomPro/B-Haus im Stadtbezirk Ramersdorf/Perlach. (Foto: SE)
So oder ähnlich könnte die Wohnanlage in der Paosostaße aussehen: Ein KomPro/B-Haus im Stadtbezirk Ramersdorf/Perlach. (Foto: SE)
So oder ähnlich könnte die Wohnanlage in der Paosostaße aussehen: Ein KomPro/B-Haus im Stadtbezirk Ramersdorf/Perlach. (Foto: SE)
So oder ähnlich könnte die Wohnanlage in der Paosostaße aussehen: Ein KomPro/B-Haus im Stadtbezirk Ramersdorf/Perlach. (Foto: SE)
So oder ähnlich könnte die Wohnanlage in der Paosostaße aussehen: Ein KomPro/B-Haus im Stadtbezirk Ramersdorf/Perlach. (Foto: SE)

Rund 66 Prozent mehr als im Bundesdurchschnitt bezahlen Münchner für ihr Zuhause und geben damit mehr Geld fürs Wohnen aus als irgendwo sonst in Deutschland (Quelle: F & B Forschung und Beratung für Wohnen, Immobilien und Umwelt GmbH). Hohe Mieten bekommen vor allem die Bürger zu spüren, die ohnehin knapp bei Kasse sind: Studenten zwängen sich in Mehrfach-WGs auf kleinstem Raum zusammen und Familien schließen zähneknirschend Kompromisse zwischen schönen Wohngegenden und günstigen Mieten. Mit am schlimmsten betroffen sind aber die Menschen, die irgendwann nicht mehr bezahlen können, ihre Wohnung verlieren und schließlich auf der Straße stehen.

Solche Bürger versucht die Stadt München unter anderem in so genannten KomPro/B-Häusern, also Sozialwohnungen gemäß des Kommunalen Wohnungsbauprogramms B, aufzufangen. Eine dieser Wohnanlagen könnte in Pasing entstehen: Das städtische Grundstück in der Paosostraße wird derzeit von der Lokalbaukommission (LBK) auf eine derartige Bebauung geprüft. Grund genug für rund 200 Anwohner die vom Bezirksausschuss Pasing-Obermenzing einberufene Einwohnerversammlung zu besuchen, um sich dort über das Projekt zu informieren und ihren Sorgen und Befürchtungen Gehör zu verschaffen.

Kleine Wohnanlagen

Bei so genannten KomPro/B-Bauten handelt es sich um kleinere Wohnanlagen mit bis zu 25 Wohneinheiten, die von der Stadt zum Beispiel kinderreichen Familien und arbeitslosen Mitbürgern zur Verfügung gestellt werden, die auf dem teuren Wohnungsmarkt kein Zuhause mehr finden können. Das Programm folgt dabei dem Motto „Wohnen statt Unterbringen”: „Wir wollen große massenhafte Unterbringungen an bestimmten Standorten vermeiden”, erklärte Ferdinand Rotzinger, Leiter des Amtes für Wohnen und Migration, auf der Einwohnerversammlung. „Die Wohnanlagen sollen klein gehalten und über die ganze Stadt verteilt sein. Damit wollen wir verhindern, dass sich soziale Brennpunkte und Ghettos bilden”, führte Bernd Schreyer vom Wohnungsamt aus. In den KomPro/B-Anlagen kümmert sich zudem eine sozialorientierte Hausverwaltung darum, dass in den Häusern eine gut funktionierende Gemeinschaft entsteht, die sich auch problemlos in die Nachbarschaft einfügt. „Die Hausverwaltung lebt nicht, wie etwa beim betreuten Wohnen, mit in den Anlagen, sondern organisiert zum Beispiel Informationsabende oder Bewohnerversammlungen”, erklärte Rotzinger.

In der Paosostraße könnte eine Wohnanlage mit 16 Wohneinheiten entstehen, wobei rund zehn Wohnungen für Familien und sechs Wohnungen für Alleinstehende vorgesehen sind. „Doch unsere Planungen zum Projekt stehen noch ganz am Anfang”, so Rotzinger. Die LBK habe ihm aber vorab schon zu verstehen gegeben, dass es von ihrer Seite wohl keine Einwände gegen das Projekt geben werde. Selbst bei positivem Bescheid werde aber erst im Herbst mit der konkreten Planung begonnen, wobei im weiteren Verfahren dann auch die Anwohner und künftigen Nachbarn der Wohnanlage miteinbezogen werden.

Reine Geldverschwendung

Doch die hatten bereits auf der Einwohnerversammlung zahlreiche Fragen. So konnten viele Bürger nicht verstehen, warum gerade jenes Grundstück für den kommunalen Sozialwohnungsbau genutzt werden soll. „Wir brauchen in Pasing dringend mehr Kinderhort- und Kindergartenplätze. Warum kann man das Grundstück nicht für so eine Einrichtung nutzen?”, fragte ein aufgebrachter Bürger. Zahlreiche Anwohner halten das Vorhaben auch für eine reine Geldverschwendung von Seiten der Stadt, da das teure Grundstück in der Paosostraße ihrer Mutmaßung nach für einen viel zu geringen Betrag an einen Bauherrn verkauft wird. Würde man das Grundstück gemäß seines realen Wertes an private Unternehmer verkaufen, dann könne man den erzielten Gewinn viel geschickter zur Förderung von benachteiligten Bürgern einsetzen, so ihre Meinung.

Viele Sorgen richten sich aber auch auf die zukünftige Nachbarschaft. „In unserem Viertel ist man zu Fuß wirklich schlecht bestellt. Es ist nicht gut an öffentliche Verkehrsmittel angebunden und die nächsten Einkaufsmöglichkeiten befinden sich einen ordentlichen Fußmarsch weit weg”, erklärte ein Bürger. Da wohnungslose Menschen meist kein Auto besäßen, wäre es geradezu eine Zumutung, sie in so einem entlegenen Gebiet unterzubringen. Zahlreiche Anwohner erklärten auch, dass die Sozialwohnungen einfach nicht in das bestehende Wohngebiet passen. Der Wohlstand der Anwohner werde auf die benachteiligten Menschen geradezu quälend wirken und Neid schüren. „Es ist einfach sehr schwierig, in eine homogene Gruppe, wie unsere Nachbarschaft, eine andere Gruppe einzufügen. Vor allem, wenn die Gegensätze so groß sind”, erklärte ein Anwohner. Zudem befürchten viele Haus- und Wohnungseigentümer einen Wertverlust ihrer Immobilien.

Keine Probleme mit KomPro/B

„Es ist ganz normal, dass Sie als Anwohner jetzt Angst vor dem Projekt und in gewisser Weise auch vor den Menschen haben, die dort einziehen werden”, erklärte Schreyer „Aus meiner Erfahrung kann ich aber sagen, dass alle unsere KomPro/B-Bauten problemlos funktionieren.” Auch Stadtrat Siegfried Benker (Die Grünen) warb bei den Anwohnern dafür, der Wohnanlage positiv gegenüber zu stehen: „Sie dürfen nicht vergessen, dass gerade das Wohnungsamt das größte Interesse daran hat, dass es in der Nachbarschaft solcher Gebäude keine Probleme gibt.”

Im Laufe des Abends brachten die Anwohner verschiedene Vorschläge ein, wie mit dem Vorhaben weiter umzugehen ist. Die Mehrheit der Bürger sprach sich deutlich dagegen aus, eine KomPro/B-Anlage auf dem Grundstück in der Paosostraße zu errichten. Viele forderten das Planungsverfahren sofort abzusetzen. Zudem wurde gefordert, dass in die Wohnungen vorwiegend Familien mit Kindern einziehen, da diese besser in die Nachbarschaft passen würden als Alleinstehende. Zusätzlich beantragten die Bürger auch eine Sozialverträglichkeits- und eine Wirtschaftlichkeitsprüfung des Vorhabens sowie eine Beteiligung der Nachbarschaft an den Entscheidungen. Der Bezirksausschuss Pasing-Obermenzing muss sich jetzt in seiner nächsten Sitzung nicht nur mit diesen Anträgen, sondern auch mit dem Vorbescheid zur Planung des Projektes beschäftigen. Auf jeden Fall, so der Bezirksausschussvorsitzende Christian Müller (SPD), werde das Thema auf der Agenda der nächsten Bürgerversammlung stehen, die am 23. April stattfindet.

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