Ein ganz besonderer Farbenschatz und Formenreichtum erfüllt das Café Aumüller am Perlacher Pfanzeltplatz. An einem der Tische hat Paul Pfennings fast ein künstlerisches Lager aufgeschlagen.
Detailgenaue Postkarten, prächtige Aquarelle und ein vergnügt dreinblickender älterer Herr bereichern im Duft von Kaffee und Gaumenfreuden das Ambiente vor allem durch optisch künstlerische Genüsse. „Sie sehen, mein Pinsel ist meine Gitarre“, erklärt der so jung gebliebene, kürzlich 80 Jahre alt gewordene Kunstmaler aus Leidenschaft seine ganz besondere Passion. Als gelernter Architekt bei verschiedenen renommierten Büros kam er erst in der Mitte seiner Jahre zur intensiveren Malerei. In den letzten vier Jahrzehnten freilich hat der arrivierte Meister an Pinsel und Bleistift auf seinen Skizzenblöcken oder in großformatigen Staffelei-Gemälden nahezu einen gesamtstädtischen Zyklus geschaffen. Kataloge von Karikaturen und Aquarellen typisch Münchner Szenerien, Porträts von Fans bei der Fußballweltmeisterschaft 2006 oder Prominenten wie Landtagspräsidentin Ilse Aigner oder Alt-OB Christian Ude hat er unverwechselbar eingefangen – und sie mit einem Mix aus klarer Formgebung und kontrolliertem Farben-Rausch auf Papier und Leinwand gebannt. Großflächige Landschaften und stimmige Ortsporträts wechseln mit witzigen Polit-Karikaturen.
Hier am Pfanzeltplatz ist einer seiner Lieblingsorte. Neben dem St.-Anna-Platz, dem Wiener Platz oder dem Viktualienmarkt mit ihren lebhaften Szenerien verbringt Paul Pfennings an den Gestaden des Hachinger Bachs unweit seiner Neuperlacher Wohnung viel Zeit mit seinem künstlerischen Wirken. Heute hat er trotz eisiger Kälte und eines feuchten Windes tief in Mantel, Schal und Hut gehüllt bereits Motivskizzen des Bachlaufs durch brillanten Bleistiftstrich auf die Leinwand gezaubert. Hier im Café wärmt er sich bei einer Tasse Kaffee erst einmal auf und erzählt von einem bewegten Leben. Wichtige Eckpfeiler des im rumänischen Siebenbürgen geborenen Kunstartisten waren seine Eltern. „Ich bin quasi mit dem Pinsel im Mund geboren worden“ schmunzelt er in liebevoller Nachbetrachtung seiner Mutter Tantzi, die als Modedesignerin und Ikonenmalerin dem Filius sein optisch zeichnerisches Talent offenbar mit in die Wiege legte. „Eigentlich war mein Weg früh vorgezeichnet, ich wollte an der Kunstakademie in Bukarest studieren“, blickt Pfennings zurück. Doch sein Vater sei dagegen gewesen. „Studiere etwas Sinnvolles“, hatte Otto Pfennings seinem Sohn aufgetragen. „Des Vaters Wort hatte Gewicht“, erklärt Paul in der Rückschau auf eine „schillerende Persönlichkeit“, die als Uhrmacher und Juwelier, mehr aber noch als nationaler Meister im Motorrennsport mit Seitenwagen regional berühmt war. Nach Bukarest ist Paul Pfennings dennoch gegangen. Hat Architektur studiert und im Rahmen dessen auch den Zeichen- und Modellierstift nie ganz zur Seite gelegt. 1978 kam Pfennings als Volksdeutscher im Zuge einer Familienzusammenführung nach Deutschland und bald schon nach München. Zunächst bei renommierten Architekten beschäftigt, wechselte sein Schwerpunkt Pinselstrich um Pinselstrich in Richtung Kunst. „Beim Bayerischen Rundfunk bot sich mir dann die tolle Gelegenheit, als Bühnenbildner und Zeichner unter anderem auch in der Pumuckl-Produktion mitzuarbeiten“, erzählt Pfennings agil und erfrischend von vielen Zusammenkünften etwa mit dem legendären Hans Clarin – der Pumuckl-Stimme. Erst 1995 endete dieses Engagement. „Damals hielten die Zeichencomputer im großen Stile Einzug“, verrät der Künstler ganz ohne Traurigkeit. Auch er nutzt das Endgerät Handy heute, um spannende Vor-Ort-Motive festzuhalten und vor dem Zeichnen in Pixeln zu verewigen. „Ich bin halt immer unterwegs“ gesteht der Umtriebige. Nach kargem Frühstück gehe es mit dem ÖPNV-Jahresticket und stets wechselnden Zielen los. „Meistens male ich dort, wo das Motiv ist und die Menschen sind“. Beidem fühlt er sich gleichermaßen zugetan. „Wenn ich da so sitze mit meiner Staffelei, dann komme ich immer auch mit vielen Interessierten ins Gespräch“. Freundschaften seien dabei entstanden und Aufträge. „Ich muss schließlich meine schlechte Rente künstlerisch aufbessern“, verrät Pfennings augenzwinkernd. Porträt-Aquarelle, plastisch-liebevolle Bleistift- und Tuschewerke sowie Grafiken in großer Zahl hat er erschaffen. Mit seinen Vor-Ort-Werken gelebter Szenerien wurde er längst zum Stadtchronisten. „80 Jahre lang“ antwortet Pfennings auf die Frage, wie lange er an seinen herrlichen Postkartenmotiven und Leinwandwerken arbeite. „So ein Bild ist nie fertig“.
So geht es auch dem Maler selbst. Trotz seines stolzen Alters strebt Pfennings stets zu sprichwörtlich neuen Ufern. Gemeinsam mit seiner Frau verbringt er seit 1992 regelmäßige Sommer auf der von ihm geliebten Insel Karpathos nahe Kretas. „Urwüchsig und noch ursprünglich“ sei es dort. Nach diesen ursprünglichen Motiven abseits des hektischen Großstadtgetriebes sucht er auch in München und Umgebung. Und bannt die exakt eingefangenen Eindrücke behutsam und plastisch für die Nachwelt. Ein rastloser Geist steckt in diesem sympathischen Mann. Heute nachmittag muss er noch Auftragsarbeiten beenden und hat dann noch zwei Termine, auf die sich der emsige Kreative immer ganz besonders freut. Mit Marianne und Cornelia verbringt Paul Pfennings viele Stunden gemeinsamen Malens und Zeichnens. Das Besondere daran: die beiden Nachbarskinder sind erst 8 und 6 Lenze jung. „Das macht nichts, die beiden haben sehr viel Talent“. Gleich danach empfängt Pfennings ältere Gleichgesinnte: Vor Jahren bereits hat er in Perlach einen Karikaturen-Club gegründet. Immer mittwochs ab 18.30 Uhr finden die Kreativen in seiner Wohnung am Karl-Marx-Ring 55 unter einem Dach zusammen (Anmeldung für Interessenten erbeten unter 089-6706495 oder mobil 0179-6624779). Die Motive werden ihm und den Seinen sicher nicht ausgehen. Es wird deshalb Zeit, das vorübergehend zum Kunstarchiv mutierte Café zu verlassen. Für das Foto zum spannenden Termin hat einer wie Paul Pfennings ohnehin klare Vorstellungen. „Stellen Sie sich dort hin – ich stelle mich mit meinen Bildern vor St.-Michael“, dirigiert er. Das ehrwürdige Barockgemäuer im alten Herzen Perlachs habe er ohnehin schon in allen Facetten gemalt. Heute lässt er sich mal ausnahmsweise selbst ablichten. Dann warten spätestens wieder spannende Motive, die er in seinen Farben- und Formenreigen einbindet. Kein Wunder. Schließlich ist der Maler Paul Pfennings ja mit dem Pinsel im Mund auf die Welt gekommen. RedN