Das Weihnachtsfest ist besonders reich an Geheimnissen: Verschlossen Türen, heimliche Einkäufe, verpackte Geschenke. Sie machen einen wichtigen Teil der Vorfreude und des Reizes des Festes aus.
Das Leben steckt aber auch sonst voller Geheimnisse, wenn man genauer hinschaut und nachdenkt. Woher kommen wir? Warum leben wir? Wohin gehen wir? Geheimnisse können das Leben interessant, aber auch mühsam machen. Sie können Erstaunen wecken oder quälende Ungewissheit schüren. Wir wollen Geheimnisse - wenn irgend möglich- lüften, durchschauen und verstehen.
Die Botschaft des Weihnachtsfestes lautet: Gott hat sein Geheimnis gelüftet, er hat sich uns kundgetan. Gott ist von sich aus auf uns Menschen zugekommen. Er hat uns in Jesus Christus seine Liebe gezeigt und sein innerstes Wesen sichtbar gemacht.
Trotzdem bleibt Weihnahten auch immer noch ein Geheimnis, über das wir nur staunen können: Was ist das für ein Gott, der sich nicht zu schade ist, ein in Windeln gewickeltes kleines Menschenkind zu werden? Gott, der Schöpfer und Ursprung des Universums. Gott, die Quelle alles Lebens. Gott, unendlich, nicht fassbar, unbeschreiblich, nie gesehen – nimmt menschliche Gestalt an und kommt uns so nahe wie menschlich nur vorstellbar.
Ein Gott zum Anfassen, zum Mitleben und Mitleiden und auch zum Mitsterben. Und das heißt dann ja auch: Es gibt keinen Bereich des Lebens, der Gott fremd wäre. Auch die Tiefen der menschlichen Not hat er bis zum Ende durchlitten.
Weihnachten bedeutet deshalb im Licht des Ostergeheimnisses: Es gibt eine Heimat, die für alle offen ist. Es gibt eine Hoffnung, die die Dunkelheit vertreibt. Von Anfang an, so scheint mir, war das nicht zu verstehen, sondern man konnte sich diesem Geheimnis nur staunend und vertrauend nähern. Darum wird in den Berichten von diesem Kommen Gottes so viel Geheimnisvolles miterzählt: Eine wunderbare Zeugung, eine wunderbare Geburt, eine wunderbare Bewahrung auf der Flucht. Wunderbare Taten und Werke. Selbst Jesu Tod ist von geheimnisvollen Umständen begleitet und am Ende – oder besser am Anfang – steht seine wunderbare Auferstehung. Jesu Gegenwart zeigt Gottes Gegenwart. Jesu Taten zeigen Gottes Handeln. Jesu Wunder zeigen Gottes Wirken. Jesu Liebe zeigt Gottes Liebe zu uns Menschen. Die Liebe aber ist ein Geheimnis. Sie erschließt sich nur, wenn wir sie weitergeben.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen ein frohes und gesegnetes Weihnachtsfest
Ihr Mathis Steinbauer (Dekan des Prodekanatsbezirks München-Südost und Pfarrer der evang. Michaelskirchengemeinde Ottobrunn-Neubiberg-Hohenbrunn)