Veröffentlicht am 06.11.2020 07:30

Vater sein und bleiben

Casa Papa: Im Austausch mit anderen Vätern erfahren die Männer, dass sie nicht alleine von einer Trennung betroffen sind und sich gegenseitig stützen können. (Foto: picsea- EQlTyDZRx7U-unsplash.)
Casa Papa: Im Austausch mit anderen Vätern erfahren die Männer, dass sie nicht alleine von einer Trennung betroffen sind und sich gegenseitig stützen können. (Foto: picsea- EQlTyDZRx7U-unsplash.)
Casa Papa: Im Austausch mit anderen Vätern erfahren die Männer, dass sie nicht alleine von einer Trennung betroffen sind und sich gegenseitig stützen können. (Foto: picsea- EQlTyDZRx7U-unsplash.)
Casa Papa: Im Austausch mit anderen Vätern erfahren die Männer, dass sie nicht alleine von einer Trennung betroffen sind und sich gegenseitig stützen können. (Foto: picsea- EQlTyDZRx7U-unsplash.)
Casa Papa: Im Austausch mit anderen Vätern erfahren die Männer, dass sie nicht alleine von einer Trennung betroffen sind und sich gegenseitig stützen können. (Foto: picsea- EQlTyDZRx7U-unsplash.)

Peter K. sieht noch die kleine Träne, die sich im Augenwinkel sammelt, sich bereit macht auf den Weg über die kalte Wange. Noch einmal schnell drücken, am liebsten gar nicht mehr loslassen. „Bis bald Papa, ich freu mich auf nächste Woche“. Der Abschied von Peter K. und seinem Sohn Marvin vollzieht sich fast immer auf die gleiche Weise.
Der fünfjährige Marvin wohnt bei seiner Mutter im Münchner Norden. Seinen Vater sieht er seit der Trennung der Eltern nur noch alle zwei Wochen. Für einen Samstag. Und so ist jeder Samstag eine Achterbahn der Gefühle für ihn. Von unfassbarem Glück, Lachen und Zweisamkeit, bis zur unendlichen Trauer. Wieder ein Abschied.

Das Ziel von Casa Papa ist: die Beziehung und einen vertrauten Kontakt zu den Kindern aufrecht zu erhalten. Deshalb erhalten getrennt lebende Väter bei Casa Papa ein umfassendes Beratungsangebot bis hin zur Krisenintervention. Die Einrichtung der Diakonie Hasenbergl ist ein Angebot von Männern für Männer und begleitet Väter in der schwierigen Trennungsphase zum Wohle aller Beteiligten: der Kinder, der Väter und der Mütter. Ab Dezember 2019 bietet Casa Papa zusätzlich ein Zuhause auf Zeit: vorübergehende Wohnmöglichkeiten in Väter-WGs.

Wenn eine Partnerschaft zerbricht, stehen alle Beteiligten vor neuen Herausforderungen. Sie müssen nicht nur den Trennungsschmerz verarbeiten, eine neue Wohnung suchen, sondern Vieles auch neu organisieren. Es kommt vor, dass sich Väter und ihre Kinder nur noch selten sehen, wenn der Vater aus der Familienwohnung ausgezogen ist. Mit der Trennung von seiner Frau hat Peter K. vor mehr als fünf Monaten die gemeinsame Wohnung verlassen. Seither wohnen Marvin und seine Mutter alleine in der kleinen Zweizimmerwohnung im Münchner Norden. Peter K. wohnt, noch immer, jede Woche bei anderen Freunden, schläft dort auf der Coach. Entspannen kann er dort nicht, Abstand finden geht nicht. Geradezu überbordend ist das ständige Gefühl, den Freunden zur Last zu fallen. Seinen Sohn bringt er nicht mit. Ein Sofa in einer fremden Wohnung ist schließlich kein ausreichender Platz für eine ausgiebige Papa-Kind-Zeit, bietet keine Privatsphäre für vertraute Gespräche, für Gefühle. Eine eigene Wohnung hat Peter K. bisher nicht - es braucht Zeit, bis er eine bezahlbare Wohnung findet – und die Trennung kam dann doch unerwartet.

„Mit Casa Papa –Väterwohnen wollen wir genau diese traurige Eskalationsspirale durchbrechen und Vätern in Trennungssituationen bezahlbare und kindgerechte Alternativen aufzeigen“, erklärt Luis Teuber. In der Diakonie Hasenbergl hat er die Einrichtung „Casa Papa“ auf den Weg gebracht: Ab Dezember 2019 gibt es in zwei Gemeinschaftswohnungen im Münchner Norden Zimmer zum vorübergehenden Wohnen für eben die Väter, die nach der Trennung aus der gemeinsamen Familienwohnung ausziehen mussten und sich so kurzfristig keine bezahlbare Wohnung, die auch Platz für Umgang mit den Kindern bietet, finden können. Bis zu acht Väter werden in den Papa-WGs gemeinsam für einen Zeitraum von drei bis maximal sechs Monaten leben können. In Zukunft vielleicht auch noch mehr. „Diese Zeit ist sehr wichtig, um den Vätern Halt zu geben, die häufig und nachvollziehbar in dieser Trennungssituation überfordert sind, den Kontakt zu ihrem Kind aus verschiedenen Gründen nur noch schwer halten können“, so Teuber. „Gerade in der Trennungsphase entscheidet sich häufig, wie die Beziehung zu den Kindern weitergeht. Viele Väter stehen vor einem radikalen Neuanfang, sie wissen nicht, welche Möglichkeiten sie haben. Hier setzt Casa Papa an: Durch praktische Hilfe, durch Beratung und psychosoziale Stabilisierung wird die familiäre Krisensituation deeskaliert und der Beziehungserhalt zu den Kindern unterstützt. Männer und Väter in Not werden in unserem Hilfesystem oft übersehen – denn die gesellschaftliche Erwartung von Männern als die Sieger- und Heldentypen entspricht in keiner Weise der erlebbaren Wirklichkeit vom verzweifelten und zerbrochenen Männern“.

Häufig bedeutet die Trennung von der Familie für die Väter nicht nur eine traumatische Erfahrung, sondern auch eine existenzielle und finanzielle Krise. Das gilt für Geringverdiener wie auch für viele Väter mittlerer Einkommensschichten. Traurige Konsequenz: Die Väter ziehen sich aus dem Kontakt zu ihren Kindern zurück, andere können die Beziehung nur unter Bedingungen, für die sie sich schämen, aufrechterhalten. Da die Väter die Kinder nicht dorthin mitnehmen wollen oder können, wo sie unterkommen, werden sie zu „McDonalds“- oder „Kino-Papas“ und die vertraute Papa-Kind-Beziehung spielt sich häufig nur im öffentlichen Raum ab. Zudem sind die Väter mit der für sie neuen und unbekannten Situation auf sich allein gestellt. Schuldgefühle, Scham, und das Gefühl, den Kindern nicht gerecht zu werden, führen dazu, dass die Väter sich immer mehr zurückziehen. „Wir nehmen die Väter, die unser Angebot aufsuchen, mit allen ihren Sorgen, Befürchtungen und Zielen ernst. Wir bestärken sie, ihre Rolle als Vater präsent ausfüllen zu können. Dafür geben wir ihnen natürlich auch praktische Hilfestellung, Tipps zur Erziehung, Unterstützung bei der Neuorientierung aber auch bei rechtlichen Fragen.“
Über eine reine Wohnraumvermittlung geht Casa Papa Väterwohnen weit hinaus. Wer ins Wohnprogramm aufgenommen werden möchte, muss bestimmte Anforderungen erfüllen: „Die Väter, die in unseren Wohngemeinschaften übergangsweise wohnen möchten, müssen einen engen Kontakt zu ihren Kindern wollen, Lust auf ein vorübergehendes Zusammenleben mit anderen Vätern in einer WG haben und sich auf die Beratung und Unterstützung einlassen.
Weitere Informationen gibt es unter www.diakonie-hasenbergl.de/casa-papa

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