Eine Szene unter dem Christbaum, wie sie schon manche von uns erlebt haben: Das Kind reißt das Papier von seinem Geschenk auf, doch statt Freude breitet sich Wut im Kindergesicht aus: „Aber ich habe mir doch das grüne Auto gewünscht. Das hier ist blau. Das will ich nicht!“. Trotzig stampft es mit dem Fuß auf, die Christbaumkugeln wackeln am Baum.
Die Enttäuschung des Kindes ist groß. Ganz genau hatte es das Auto auf dem Wunschzettel beschrieben. Warum nur hat das Christkind da etwas falsch gemacht? Dabei ist es doch eigentlich unvorstellbar, dass das Christkind Fehler macht. Es ist schließlich das Christkind. Da sind die Erwartungen besonders hoch.
Nicht nur die Kinder, auch wir Erwachsenen haben hohe Erwartungen an Weihnachten – für unser persönliches Fest, aber auch für die Welt. Weihnachten das Fest der Liebe und des Friedens. Nur wie verträgt sich das mit der Realität? Wie kann es denn Weihnachten werden, wenn Raketen fallen, Gletscher schmelzen, Vorurteile mehr Macht gewinnen, der Zusammenhalt in unserer Gesellschaft bröckelt?
Sollten wir angesichts der Weltlage Weihnachten 2023 nicht einfach ausfallen lassen? „Nein, auf gar keinen Fall!“, würde sicherlich das Kind rufen. Selbst wenn das Auto blau und nicht grün ist. Ausfallen darf Weihnachten deshalb doch nicht. Nicht für das Kind, nicht für uns. Weihnachten ist wichtig, gerade jetzt.
Denn Weihnachten ist nicht das Fest der Liebe und des Friedens, weil damals, vor über 2000 Jahren, plötzlich auf der ganzen Welt Frieden und Gerechtigkeit herrschte. Aber es trotzte der Ungerechtigkeit und dem Unfrieden der Welt und das kann es heute noch. Weihnachten wohnt bis heute eine trotzige Kraft inne.
Es ist keine magische Kraft, die alles Schlimme und Schwierige in der Welt auflöst. Doch sie lässt uns trotz allem weitermachen. Sie hält die Sehnsucht und die Hoffnung in uns lebendig – nach einer Welt, in der Frieden und Liebe für alle Menschen Wirklichkeit sind. Weihnachten erinnert uns daran, dass wir uns immer wieder neu der Ungerechtigkeit und dem Unfrieden trotzig entgegenstellen können.
Denn Weihnachten heißt auch, das Kind in den Arm zu nehmen. Den grünen Lack aus dem Keller zu holen und gemeinsam das Auto anzumalen. Sich nicht mit dem blauen Auto zufriedenzugeben, wenn das grüne doch so viel schöner ist. Die leuchtenden Augen des Kindes werden es wert sein, dass man den Aufwand nicht gescheut hat.
Und wenn wir schon einmal dabei sind, schaffen wir es vielleicht auch unserer Welt einen neuen Anstrich zu verpassen. Ein Klecks Liebe hier, ein Tupfen Toleranz dort, ein Tröpfchen Versöhnung hier und einen großen Schwung Gerechtigkeit dort. Feiern wir ein farbenfrohes Weihnachten 2023, dessen trotzige Leuchtkraft unsere manchmal graue Welt erhellt!
Ihre Pfarrerinnen Mirjam Pfeiffer und Theresa Wilcsek/ Unterschleißheim-Haimhausen