Der Sozialverband VdK fordert Bund, Länder und Kommunen auf, jetzt in Soziales zu investieren, um die Konjunktur wieder in Schwung zu bringen. Entlastungen für Arbeitslose, Rentner und Geringverdiener seien das Gebot der Stunde, um die Binnennachfrage zu stärken, erklärte die Präsidentin des Sozialverbands VdK Deutschland und bayerische Landesvorsitzende Ulrike Mascher auf der Jahrespressekonferenz des VdK Bayern in München. Sie forderte eine sofortige Anhebung der Regelsätze bei Hartz IV und Grundsicherung im Alter um mindestens 20 Prozent – von 351 Euro auf mindestens 420 Euro bei Erwachsenen. Dieses Geld würde von den Betroffenen aufgrund deren Notlage sehr schnell wieder ausgegeben werden.
Um Arbeitnehmer und Rentner zu entlasten, plädierte Mascher für eine Absenkung des Krankenversicherungsbeitrags, der zum Start des Gesundheitsfonds ab 1. Januar auf 15,5 Prozent festgesetzt wurde. Der VdK forderte, den so genannten Sonderbeitrag in Höhe von 0,9 Prozent abzusenken, da dieser ausschließlich von Arbeitnehmern und Rentnern ohne Beteiligung der Arbeitgeber bezahlt werden müsse. Mascher: „Der 2005 eingeführte Sonderbeitrag führte zu der absurden Situation, dass Rentner für eine Leistung bezahlen müssen, die sie niemals in Anspruch nehmen können: das Krankengeld.“ Da Rentner auch nicht von der Absenkung des Arbeitslosenversicherungsbeitrags von 3,3 auf 2,8 Prozent ab 1. Januar profitieren können, müssten diese beim Krankenkassenbeitrag entlastet werden.
Außerdem bekräftigte der VdK seine Forderung nach einer Absenkung der Mehrwertsteuer auf Arzneimittel von 19 auf 7 Prozent. Damit könnte der Beitragssatz um weitere 0,2 bis 0,3 Prozent gesenkt werden. Mascher: „Es muss endlich Schluss damit sein, dass Medikamente für Menschen höher besteuert werden als Arzneimittel für Tiere.“
Der Sozialverband fordert zudem öffentliche Investitionen in eine barrierefreie Infrastruktur, die nicht nur Menschen mit Behinderung dringend benötigen, sondern in einer älter werdenden Gesellschaft zum Standard werden müsste. „Stufen, Schwellen, zu enge Türen in Gebäuden und öffentlichen Verkehrsmitteln sind ein Handicap nicht nur für behinderte und ältere Menschen, sondern auch für Mütter mit Kinderwagen oder für jemanden, der sich das Bein gebrochen hat”, so Mascher. Hier müsse dringend investiert werden, um die Vorgaben der Behindertengleichstellungsgesetze auf Bundes- und Länderebene in die Praxis umzusetzen. Auch Kindergärten, Schulen und Hochschulen, so Mascher, müssten barrierefrei gebaut oder umgebaut werden, um die Integration behinderter Menschen in Gesellschaft und Beruf weiter voranzubringen.
Finanziert werden müssten diese die Konjunktur belebenden Maßnahmen durch eine sozial gerechte Steuerpolitik, sagte Mascher. Um die Kluft zwischen Arm und Reich nicht weiter wachsen zu lassen, müssten Spitzenverdiener in Deutschland mehr Steuern bezahlen. So könnte der Spitzensteuersatz von 42 auf 47 oder 48 Prozent angehoben werden, sollte aber nicht schon wie heute bei Jahreseinkommen ab 52.000 Euro greifen, sondern erst bei höheren Bezügen. Mascher wörtlich: „Die kalte Progression, die Lohnerhöhungen von Niedrig- und Durchschnittsverdienern auffrisst, gehört beseitigt. Aber um dies finanzieren zu können, müssen Spitzenverdiener in Deutschland einfach mehr Steuern bezahlen, forderte Mascher. Dies, so der VdK, sei auch die Meinung von namhaften US-Ökonomen wie Robert Shiller.
Die Wiedereinführung der 1991 abgeschafften Börsenumsatzsteuer würde zweistellige Milliardensummen bringen, sagte Mascher. Auch eine Vermögenssteuer dürfe nicht tabu sein. Außerdem plädierte Mascher für eine rigorose Bekämpfung und Ahndung von Steuerdelikten: „Geld am deutschen Fiskus vorbei auf Konten in Liechtenstein oder der Schweiz zu bunkern, ist kein Kavaliersdelikt, sondern schlichtweg kriminell. Jeder neu eingestellte Steuerfahnder bringt dem Staat durch das Eintreiben von Steuern ein Mehrfaches seines Gehalts zurück“, betonte Mascher.