Seit 1949 schipperte die „Utting” über den Ammersee, doch nun wird ein modernes Schiff die 144 Tonnen schwere, in die Jahre gekommene alte Dame ersetzen. Dass die Tage der Utting dennoch nicht gezählt sind, ist dem Sendlinger Daniel Hahn und dem Verein Wannda zu verdanken. Sie haben das Schiff vor dem Verschrotten bewahrt und ihm einen ungewöhnlichen nächsten Liegeplatz besorgt: die ungenutzte Eisenbahnbrücke über der Lagerhausstraße in Sendling. Am 21. Februar wird die Utting nun aus dem Ammersee gehoben, nach München transportiert und am 22. Februar auf die Brücke gehievt. Dort wird der Ausflugsdampfer für die nächsten fünf Jahre als Treffpunkt und Veranstaltungsort dienen. Der Bug, so Hahn, wird zum Lidl, also Richtung Innenstadt zeigen.
Begeistert sind die beiden Beirksausschüsse Sendling (BA 6) und Ludwigs- und Isarvorstadt (BA 2). „Das wird weltweit Schlagzeilen machen”, freute sich Markus Lutz, Vorsitzender des BA 2. Zumindest die Schlagzeile des Sendlinger Anzeigers hat sich das spektakuläre Vorhaben bereits erfolgreich gesichert.
Noch werkelt das Wannda-Team am See, um die Utting transportfähig zu machen. Noch bis zum vergangenen Herbst war sie regulär eingesetzt. Jetzt braucht ihr Nachfolger ihren Platz am Steg. Das Schiff wird in zwei Teile zerlegt - Rumpf und Aufbau werden getrennt und einzeln mit einem Schwerlasttransport nach Sendling gebracht. „Wahrscheinlich kam die Utting ihrerzeit auch so an den See”, mutmaßt Hahn. Alte Pläne existieren nicht mehr, die Werft, die die Utting baute, gibt es auch nicht mehr. Das Zerlegen ist daher durchaus eine Herausforderung.
Die ungenutzte Eisenbahnbrücke wurde von einem Statiker geprüft. Sie wird den Dampfer tragen. „Fast wie für die Utting gemacht” sei die Brücke, so der Statiker. „Wir sind sehr glücklich”, freut sich Hahn darüber, dass das Schiff auf der Bahntrasse festmachen kann, „ich kann es kaum noch erwarten!” Er selbst ist in Sendling geboren und wohnt nach wie vor hier. Umso schöner, dass die Utting in seinem Heimatviertel landet. „Keine Idee erschien uns so einzigartig, wie einen historischen Ausflugsdampfer auf eine alte Eisenbahnbrücke zu stellen.”
Der neue Standplatz für die Utting in München war tatsächlich die größte Herausforderung für das Wannda-Team. Zehn Plätze wurden geprüft. Hahn ist für die Unterstützung der Markthallen München, des städt. Kommunalreferats und der Lokalbaukommission dabei sehr dankbar. „Ohne diese Unterstützung hätte das Projekt niemals realisiert werden können!”
Das Kunstprojekt soll „mit der Realität brechen und den Betrachter bewegen, faszinieren und zum Staunen bringen und sich zum neuen Vorzeigeprojekt in München entwickeln”, hofft Hahn. Von der Straße aus ist das Schiff auf der Brücke gut zu sehen; wer im Schiff ist, wird aber die Brücke nicht wahrnehmen und so das Gefühl haben, über Sendling zu schweben. „Weltweit gibt es sicher einige alte Schiffe, die als Museum, Restaurant oder Kulturstätte umfunktioniert wurden. Einen bayrischen Dampfer, gestrandet auf einer Eisenbahnbrücke, gibt es kein einziges Mal sonst auf der ganzen Welt”, sagt Hahn. Der Sendlinger Dampfer hätte wohl schon bald Postkarten-Charakter und würde zu einer beliebten Anlaufstelle für Touristen und Bürger der Stadt werden.
Im Frühsommer will der Verein Wannda in dem 37-Meter-Schiff eine Spiel- und Begegnungsstätte eröffnen, möglichst mit einem kleinen Cafe an Bord. Lesungen und Konzerte sind ebenfalls angedacht, besonders gut wird das Außendeck nutzbar sein. Anwohner müssen aber keine große Lärmbelästigung fürchten, versichert Hahn. Es werde keine Live-Konzerte an Deck geben. Der Zugang zu Brücke und Schiff wird über die Böschung möglich sein. Dort wird eine Treppe gebaut werden.