Wie ging es in München vor 800 Jahren zu? Wie sah die mittelalterliche Stadt aus? Wer lebte hier und wie lebte man?
Darüber gab es bisher nur wenig sichere Erkenntnisse, denn die Überlieferung aus der Zeit nach der Stadtgründung 1158 war ausgesprochen spärlich.
Nun haben Grabungen im Umfeld der Frauenkirche etwas mehr Licht in das Dunkel des „finsteren” Münchner Mittelalters gebracht.
„Die Grabungen haben gezeigt, dass die Kaufinger Straße damals schon dicht bebaut war”, fasst Timm Weski vom Landesamt für Denkmalpflege die Ergebnisse zusammen.
„Entlang der Straße standen große Häuser, in denen wohlhabende Leute lebten”. Das lässt sich unter anderem aus den qualitativ hochwertigen Scherben schließen, die in dem etwa 200 Quadratmeter großen Grabungsfeld ausgebuddelt wurden.
Außerdem wurden mehrere Holzpfeiler und Mauerzüge, ein Keller, eine Treppe sowie vier Latrinen freigelegt.
Mit Hilfe einer Keramikscherbe, die ganz in der Nähe des Doms gefunden wurde, ließ sich die Holzbebauung auf das 13. Jahrhundert datieren. Ein Glücksfall für die Archäologen, die in der Münchner Innenstadt bisher nur wenige derartige Erfolgserlebnisse zu verbuchen hatten.
Frühere Grabungen am Marienhof, im Bereich der Staatskanzlei und zuletzt am Marstallplatz waren weit weniger ertragreich und förderten vor allem keine so alte Bausubstanz zutage.
Die meisten Fundstücke der Grabung am Frauenplatz stammen allerdings aus dem 14. Jahrhundert.
Noch etwas jünger, aber dafür umso interessanter ist eine etwa 10 cm große Figur aus weißem Ton.
Es handelt sich um ein so genanntes „Kruseler Püppchen”, ein Kinderspielzeug, das in der Barockzeit sehr beliebt war.
Die Grabungen am Frauenplatz präsentieren also einen Querschnitt durch mehrere Jahrhunderte Münchner Stadt- und Alltagsgeschichte.
„Das betreffende Grundstück ist mit das einzige in der Innenstadt, das nach dem Zweiten Weltkrieg nicht wieder bebaut wurde”, erklärt Timm Weski. „Deshalb konnte hier nun ohne größere Probleme erstmals eine ganze Wohnparzelle im Herzen der Altstadt ausgegraben werden.”
Doch mittlerweile ist der geschichtsträchtige Boden schon wieder unter einer Kies-Schicht verschwunden. Auf den historischen Fundamenten soll nun ein Gebäude der Augustiner-Brauerei errichtet werden. Was die Münchner vor 800 Jahren dazu wohl gesagt hätten? rme