»Süßer die Glocken nie klingen...« Als kleiner Junge habe ich dieses Lied sehr gerne gesungen. Weihnachten war unsere Familie zusammen. Sogar mein Vater war da. Den sahen wir Kinder recht selten. Er war Tierarzt auf dem Land und ständig unterwegs.
Aber an Weihnachten setzte er sich ans Klavier und sang mit uns Weihnachtslieder. Es war für mich eine heile Welt. Wenn dieses Lied heute erklingt, dann denke ich gerne an die Zeit zurück. Ich weiß aber heute, dass damals bei uns nicht alles in Ordnung war. Meine Eltern ließen
sich scheiden und wir vier Kinder wurden aufgeteilt. Eine schwierige Situation.
»Süßer die Glocken nie klingen«, noch immer weckt dieses Lied eine hoffnungsvolle Stimmung. Wir wünschen uns eine Zeit der Harmonie, eine Zeit des Friedens. Weihnachten als Fest der Familie hat seine Bedeutung nicht verloren. Das ist gut so, denn wir Menschen brauchen solche Hoffnungsbilder.
Das Bild von Maria und Josef mit dem neugeborenen Kind ist eines der größten Hoffnungsbilder. Gott kommt zu uns Menschen. Weihnachten bringt uns die Botschaft: Friede auf Erden. Friede in den Familien, Friede zwischen den Völkern, Friede von Mensch und Natur.
Wir dürfen Weihnachten 2017 feiern in einer Zeit, in der es uns gut geht den meisten jedenfalls. Über 70 Jahre lebt unser Land in Frieden. Da müssten alle glücklich sein.
Leider sieht es in unserem Alltag anders aus. So viele Menschen sind unglücklich, weil sie nicht wissen, wie die Zukunft aussieht. Weil sie nicht genug Geld zum Leben haben und gerade im Münchener Norden viele Kinder arm sind. Weil vieles misslingt und die Gewalt in der Welt noch längst nicht beendet ist. Weil so viele Menschen auf der Flucht und nur notdürftig untergebracht sind in den Flüchtlingslagern in Griechenland, in Italien oder dem Libanon alle vor unserer Haustür.
Muss Weihnachten ausfallen? Auf keinen Fall. Wir brauchen solche Feste, wo wir an unsere Hoffnungen erinnert werden. Wo wir uns nicht mit der
Situation im hier und jetzt zufrieden geben. Wo wir auftanken können. Das ist so etwas wie der Sauerstoff zum Leben. Den brauchen wir.
Und vielleicht ist es so wie im Flugzeug. Bei den Sicherheitsbelehrungen heißt es: »Bei Druckabfall nehmen Sie zuerst die Gesichtsmaske für den Sauerstoff zu sich und setzen sie auf. Und dann helfen Sie Kindern.«
Das kann man doch auch ganz gut auf uns anwenden: Wenn wir an Weihnachten den Sauerstoff Hoffnung aufgetankt haben, können wir uns den Kindern dieser Welt zuwenden.
In unserem Lied heißt es am Ende der ersten Strophe: »Glocken mit heiligem Klang, klinget die Erde entlang!« Ich wünsche Ihnen eine gesegnete Weihnachtszeit mit viel Frieden, Freude und Weihnachtswonne. Und dass Ihre Hilfe dann wie die Glocken die Erde entlang klingt.
Ihr Pfarrer
Uli Leser-von Kietzell,
Kapernaumkirche