Veröffentlicht am 17.01.2018 00:00

Wie Autofahrer in der Lerchenau zu Falschparkern wurden, ohne es zu merken


Von red
Klaus Liedtke will gemeinsam mit weiteren Anwohnern gegen den Abschlepp-Wahnsinn vorgehen.	 (Foto: JS)
Klaus Liedtke will gemeinsam mit weiteren Anwohnern gegen den Abschlepp-Wahnsinn vorgehen. (Foto: JS)
Klaus Liedtke will gemeinsam mit weiteren Anwohnern gegen den Abschlepp-Wahnsinn vorgehen. (Foto: JS)
Klaus Liedtke will gemeinsam mit weiteren Anwohnern gegen den Abschlepp-Wahnsinn vorgehen. (Foto: JS)
Klaus Liedtke will gemeinsam mit weiteren Anwohnern gegen den Abschlepp-Wahnsinn vorgehen. (Foto: JS)

Wer im Ladenzentrum in der Lasallestraße neben der Kapernaumkirche ein paar Besorgungen machen möchte oder dort zum Arzt muss, könnte eine böse Überraschung erleben.

Auf dem Parkplatz rund um das Gebäude, den Kunden und Patienten seit Jahrzehnten unbehelligt nutzen konnten, wird seit einigen Wochen rigoros abgeschleppt. Bürger und Gewerbetreibende wollen sich nun gegen das Vorgehen zur Wehr setzen.

Irma Müller (Name von der Redaktion geändert) ist verzweifelt. »Ich weiß nicht, was ich jetzt machen soll«, sagt die 77-jährige Anwohnerin aus der Lerchenau. Sie sei nur eine halbe Stunde beim Arzt gewesen, um ein Rezept abzuholen: »Und dann war mein Auto weg.«

Wie Müller geht es derzeit vielen Nutzern der Einrichtungen des Ladenzentrums. »Wir haben den Auftrag, alle widerrechtlich abgestellten Fahrzeuge zu entfernen«, berichtet ein Mitarbeiter des Abschleppunternehmens, das seit Anfang Dezember für den Privatparkplatz zuständig ist. Etwa 80 Abschleppungen habe man seither durchgeführt. Wer auf dem privaten Grundstück oder ohne korrekt eingestellte Parkscheibe auf den mit blauen Schildern ausgewiesenen Kundenparkplätzen stehe, müsse damit rechnen, dass sein Auto mitgenommen werde – legal.

Mitunter hat das tragische Folgen. »Ich verstehe das überhaupt nicht, früher konnte man dort doch immer parken«, sagt Müller. Wie sie von ihrer kleinen Rente, die durch staatliche Hilfen auf das Existenzminimum aufgestockt wird, den Betrag von 270 Euro aufbringen soll, um ihr Fahrzeug auszulösen, weiß sie nicht. »Aber ich brauche das Auto doch zum Einkaufen, die schweren Taschen kann ich nicht mehr tragen und ich kann auch nicht mehr so weit gehen«, klagt die Rentnerin.

Geschichten wie diese hört Athanasios Ourdas, Inhaber der Lasalle-Apotheke, im Moment täglich. Seine Kunden hätten teilweise sogar schon angekündigt, das Ladenzentrum aus Angst vor den Abschleppwagen künftig nicht mehr zu besuchen: »Die Leute sagen, dass sie unter diesen Umständen lieber woanders hinfahren.« Erbost ist auch der Optiker Thomas Westermeier: »Meine Kunden sind gerade einmal ein paar Minuten hier, um ihr Brillengestell neu einstellen zu lassen, und schon werden sie abgeschleppt.« Grundsätzlich befürworte er zwar das Vorgehen gegen unbefugtes Abstellen von Fahrzeugen, vor allem durch Dauerparker: »Aber das hier ist unverhältnismäßig.«

Nicht hinnehmen will diese Methoden der Lerchenauer Klaus Liedtke, dessen Auto im Dezember abgeschleppt werden sollte. Zwar sei er noch rechtzeitig hinzugekommen, bevor sein Auto verschwunden sei. Den Betrag von 270 Euro habe er dennoch bezahlen müssen, um sein Fahrzeug, das mit einer Art Wegfahrsperre versehen gewesen sei, wiederzubekommen. Liedtkes Kritik: »Aus der Beschilderung wird überhaupt nicht eindeutig ersichtlich, dass das Parken auf dem Platz verboten ist.« Westermeier teilt diese Ansicht. Zwar seien kürzlich im Bereich der Ladezone neue Schilder angebracht worden: »Aber mit dem Format in Postkartengröße ist das kaum zu erkennen.«

Der Mitarbeiter der Abschleppfirma hält das Vorgehen indes für rechtens. An den Autos seien vorbereitende Tätigkeiten für den Abschleppvorgang vorgenommen worden. Damit habe eine Arbeitsleistung der Firma stattgefunden und eine Zurückhaltung des Fahrzeugs bis zur Zahlung sei zulässig.

Den Fall wird nun ein Gericht klären müssen. Liedtke plant, gemeinsam mit weiteren betroffenen Anwohnern juristisch gegen das Abschleppunternehmen vorzugehen. Wie das Verfahren ausgeht, ist noch offen. Bis dahin gilt: Lieber nicht mehr auf dem Privatgrundstück am Ladenzentrum parken, und auf den ausgewiesenen Kundenparkplätzen die Parkscheibe nicht vergessen. Julia Stark

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