Von Carsten Clever-Rott
»Aba heit is koid…« – Sie sind wieder da! Zwei Jahre nach ihrem letzten Auftritt tanzen die Schäffler in München und Umgebung ihren traditionellen Ringtanz.
Alle sieben Jahre erfreuen die Fassmacher die Menschen mit dieser ureigensten Münchner Tradition. Dass diesmal nur zwei Jahre vergehen mussten, liegt am 500-jährigen Jubiläum des ersten Schäfflertanzes, der auf 1517 datiert wird. Daher haben die Schäffler 2017 eine verkürzte »Extraschicht« eingelegt. Die ganz große Reihe, wie sie in diesem Jahr wieder ansteht, gab es zuletzt ganz nach Plan im Jahr 2012.
Zwischen dem 6. Januar und dem 5. März (Faschingsdienstag) stehen aktuell 170 Termine auf dem Kalender der Münchner Schäffler, die im Fachverein der Schäffler München organisiert sind. Der letzte Tag ist zugleich die größte Herausforderung. Fast im Stundentakt treten die Tänzer ab 10 Uhr auf, ganze neunmal an diesem einen Tag. Bis dahin sind es maximal sechs, in Einzelfällen auch sieben Auftritte an einem Tag. Freie Termine gibt es noch, die meisten noch im Januar. Hier können die Schäffler noch gebucht werden, auch von Privatpersonen. Mehr dazu gibt es online auf www.schäfflertanz.com sowie unter Telefon 089/87767285.
Klar, dass bei so vielen Auftritten das Schuhwerk leidet. 35 Tänzer, von denen jeweils 25 bei einem Auftritt dabei sind, haben jeweils zwei Paar Schuhe. Diese müssen praktisch ständig neu besohlt werden, berichtet Christian Härtl, Reifenschwinger und seit Langem bei den Schäfflern dabei. Der eigens dafür verpflichtete Schuster wird gut beschäftigt sein, denn die Ledersohlen der Trachtenschuhe sind gar nicht so widerstandsfähig.
Der Schuster ist bei Weitem nicht der einzige »Nicht-Schäffler« im Fachverein. Die Tänzer sind heute in der überwiegenden Mehrheit keine Schäffler mehr. Das liegt daran, dass der Beruf des klassischen Schäfflers langsam, aber sicher ausstirbt. In München gibt es nur noch eine einzige Schäfflerei, die Faßfabrik Schmid in der Straubinger Straße in Laim. Dort hat der Fachverein der Schäffler München konsequenterweise seine Geschäftsstelle.
Schon vor Jahrzehnten mussten sich die Schäffler anderen (Handwerks-)Berufen öffnen, weil sie sonst nicht mehr genügend Tänzer gehabt hätten. Die Gruppe unterteilt sich in Vortänzer, Fassschlager, Kasperl und Reifenschwinger. Sie alle treten in dem typischen, handgenähten Kostüm der Schäffler mit roter Jacke, schwarzer Kniebundhose, weißen Strümpfen und schwarzen Schuhen auf. Nur das Kasperl darf von dieser Kleiderordnung abweichen.
Obwohl die Tradition des Schäfflertanzes ursprünglich nichts mit der Faschingszeit zu tun hatte, proben und tanzen die Schäffler parallel zu den Narren und Jecken. Die Proben beginnen bei den Schäfflern kurz nach dem Oktoberfest, die Tanzsaison startet am Dreikönigstag, 6. Januar. Um 14 Uhr findet auf dem Marienplatz der erste offizizelle Tanz der Tanzsaison statt.
Der Legende nach entstand der Schäfflertanz nach einer Pestepidemie in München. Die Straßen waren verwaist, aus Angst vor der Pest traute sich niemand aus dem Haus – außer den Schäfflern. Mit ihrem Tanz wollten sie den Menschen zeigen, dass die Gefahr vorüber ist und dass das Leben in München weitergeht. Historisch ist dieses Ereignis zwar nicht belegt, dennoch gehört der Schäfflertanz zu den ältesten Traditionen in München. In den Archiven der Stadt stammt die älteste vorhandene Erwähnung aus dem Jahr 1702. Seit 1760 gibt es den Sieben-Jahres-Turnus, der jetzt seitdem zum 37. Mal zu Ende geht.
In München kann man den Schäfflertanz das ganze Jahr über sehen, nämlich im Glockenspiel am Turm des Neuen Münchner Rathauses. Auch sonst trifft man in der Nähe des Rathauses auf die eine oder andere Schäfflerfigur. Aber letztlich geht doch nichts über das Original.