Am 29. April 1945 befreiten amerikanische Truppen das Konzentrationslager Dachau. Traditionell finden die Befreiungsfeiern am ersten Sonntag nach dem eigentlichen Jahrestag der Befreiung statt. Für 2020 war der 3. Mai geplant, dieses Datum wird nun ausschließlich für das virtuelle Gedenken beibehalten. Aufgrund des Corona-Virus bleibt nämlich auch die KZ-Gedenkstätte Dachau bis auf Weiteres geschlossen.
Die KZ Gedenkstätte Dachau begeht den 75. Jahrestag der Befreiung in Form eines virtuellen Gedenkens auf der Website www.kz-gedenkstaette-dachau.de/aktuelles/liberation, die am 3. Mai auf der neuen und grundlegend überarbeiteten Website der Gedenkstätte freigeschaltet wird.
Das virtuelle Gedenken umfasst Videobotschaften von Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble, des bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder und anderen Rednern, die für die Gedenkfeier zugesagt hatten. Besonders freuen sich die Veranstalter, von etwa 30 Überlebenden und Befreiern des Konzentrationslagers Dachau schriftliche Grußbotschaften veröffentlichen zu können. Die Inhalte gibt es unter anderem auf Deutsch, Hebräisch und Polnisch.
„Mich schmerzt besonders, dass ein Wiedersehen mit vielen Dachau-Überlebenden nun nicht möglich ist“, bedauert die Leiterin der KZ-Gedenkstätte Dachau Gabriele Hammermann. Mehr als 90 Dachau-Überlebende und amerikanische Befreier hatten ihr Kommen bereits zugesagt „Einige der Dachau-Überlebenden wollten sogar zum ersten Mal überhaupt wieder nach Dachau kommen. Auch mehrere Hundert Kinder und Enkel der Überlebenden wollten die Reise antreten, vielen war es angesichts der Abschiede von vielen Zeitzeugen ein großes Anliegen, sich miteinander zu vernetzen und sich gemeinsam für den Erinnerungsort Dachau einzusetzen.“
Im nächsten Jahr soll das Versäumte soweit möglich nachgeholt werden. Die KZ- Gedenkstätte Dachau, die Stiftung Bayerische Gedenkstätten und das Comité International de Dachau planen für die Befreiungsfeier am 2. Mai 2021 ein großangelegtes Einladungsprogramm für Dachau-Überlebende und amerikanische Befreier.
Es gibt auch erstmals die Gelegenheit, das Geschehen der Befreiung in einem virtuellen Rundgang nachzuvollziehen und im Laufe des Jahres wird darüber hinaus eine dazugehörige Augmented Reality-App verfügbar sein, die auf dem Gelände der KZ-Gedenkstätte Dachau mit dem eigenen Smartphone oder Tablet nutzbar ist. Die App “Die Befreiung AR” leitet Besucher über das Gelände und platziert die historischen Fotos oftmals direkt an den Standpunkten, an denen sie aufgenommen wurden. Passend dazu sind Erinnerungen der historischen Akteure hörbar. Die App kombiniert somit die Möglichkeiten eines (virtuellen) Rundgangs mit einem Audioguide und einer digitalen Ausstellung und geht durch das Augmented Reality-Erlebnis hierüber hinaus. Dr. Gabriele Hammermann sagt dazu: „Die Angebote im Rahmen von 'Die Befreiung' sind die Form der Digitalisierung, die wir uns für die KZ-Gedenkstätte Dachau wünschen: Modern und pietätvoll, an den Nutzungspräferenzen von jungen Besuchern orientiert, aber nicht anbiedernd; immersiv, aber nicht überwältigend.“
Vom 30. April bis 8. Mai werden am Münchner Marienplatz und vielen anderen Gebäuden weiße Fahnen mit der Aufschrift „Tag der Befreiung – 30. April 1945“ gehisst. Hier sind alle - Bürger sowie Institutionen - bei dieser Aktion eingeladen, aus den Fenstern von Wohnungen, Büros oder Werkstätten weiße Fahnen zu hängen. Ferner sind Musiker und alle Bürger dazu eingeladen, am 30. April, um 12 Uhr, aus Fenstern und von Balkonen Musik zum Tag der Befreiung ertönen zu lassen.
Rund 65 Millionen Menschen waren bis zu dem Befreiungsdatum gewaltsam zu Tode gekommen. Der 30. April 1945 war und bleibt „ein die Zeiten überdauernder Tag der befreienden Niederlage und des rettenden Zusammenbruchs“ (Martin Sabrow, Zentrum für Zeithistorische Forschung in Potsdam).
Ende April 1945 wurden aus dem KZ Dachau und seinen Außenkommandos die Gefangenen von den SS-Schergen gen Alpen getrieben. Außenkommandos gab es unter anderem in München-Riem, in Giesing und in Ottobrunn. Auf ihrem Weg passierten einige dieser Gefangenenkolonnen auch die Gemeinde Grünwald. Hier beobachtete der damals 14-jährige Otto-Ernst Holtaus gemeinsam mit Freunden einen der Todesmärsche der KZ-Gefangenen gen Süden hautnah mit. "Diese Begegnung mit diesen ausgezehrten Menschen, diese Unmenschlichkeit, hat mich bis heute geprägt. Nie wieder darf so eine Barbarei stattfinden, dafür engagiere ich mich", erklärt Holthaus, der sich bis heute dafür einsetzt, dass das Geschehene nicht vergessen wird. So gehört er zu den Mitstreitern, die sich unter anderem für das Aufstellen der Mahnmale zum Gedenken an die Opfer des Todesmarsches stark gemacht hat. Die Statue in Grünwald, die am 6. Mai 2008 in der Tölzer Straße aufgestellt worden war, hat der erfolgreiche Geschäftsmann gestiftet. Dieses Denkmal stammt von dem Bildhauer Hubertus von Pilgrim. Dieser schuf insgesamt 22 (identische) Denkmäler, die an den Todesmarsch der Häftlinge des KZ Dachau im Jahr 1945 erinnern und die in München und im weiteren Münchner Umland entlang der Strecke des Todesmarsches stehen. Ein weiteres Exemplar befindet sich in der Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem. Die Gemeinde Ottobrunn hat an der Kreuzung Rosenheimer Straße/Putzbrunner Straße am 23. November 2001 ein Denkmal für die Gefangenen des KZ-Außenlagers in Ottobrunn aufgestellt. Es wurde von dem Bildhauer Wolfgang Sandt geschaffen.
Eine virtuelle Gedenkfeier bietet beispielsweise der Erinnerungsort "Badehaus" in Waldram/Wolfratshausen (Kolpingplatz 1) an. Was viele Münchner, aber auch viele Landkreisbürger nicht wissen, ist, dass sozusagen vor den Toren Münchens, eben im damaligen Wolfratshauser Ortsteil Föhrenwald, unmittelbar nach dem 2. Weltkrieg bis 1957 das größte Lager für jüdische sogenannte DPs (displaced persons) in ganz Europa betrieben wurde. Eine ehemalige Siedlung für Rüstungsarbeiter, die im Wolfratshauser Forst von den Nazis 1940 errichtet wurde, wurde damals von den Amerikanern kurzerhand zum Flüchtlingslager umfunktioniert. 5.000 Menschen lebten zu Kriegszeiten in Föhrenwald, wie die Siedlung genannt wurde. Auch Menschen, die den Dachauer Todeszug, der sich gegen Ende des 2. Weltkrieges auch durch Grünwald gezogen hatte, kamen erstmals im Lager Föhrendwald unter, um sich dort von den Strapazen und Torturen zu erholen. Mehrere 10.000 jüdische Bürger kamen in Föhrenwald nach dem Krieg unter. Eigentlich war die Siedlung nur als Zwischenstation für diese Menschen gedacht, bis sie sich entschieden hatten, wohin sie auswandern wollten. Viele blieben aber dort bis das Lager 1957 schließlich aufgelöst und der Ortsteil in Waldram umbenannt wurde. Zum Gedenken hat eines der Mitglieder des Vereins „Erinnerungsort Badehaus“, Dr. Lucie Wohlgenannt, im "Badehaus" Auszüge aus der Todesmarsch-Sonate von Karl Amadeus Hartmann eingespielt und mit erklärenden Worten ergänzt. Entstanden ist dabei ein 5minütiger Kurzfilm, den man vom 26. April (Beginn des Elendszuges der Dachauer KZ-Häftlinge) bis zum 8. Mai (Kriegsende) auf der Website www.erinnerungsort-badehaus.de sehen kann.
dm/hw