Zum neunzehnten Mal jährt sich in diesem Jahr die Aufstellung der Mahnmale zur Erinnerung an den Evakuierungsmarsch aus dem KZ Dachau. Zur Gedenkfeier ins Gautinger Rathaus kamen neben Vertreter aus Politik auch 25 Überlebende des Marsches mit ihren Partnern, Kindern und Enkelkindern aus Israel.
Charlotte Knobloch, Präsidentin des Zentralrates der Juden in Deutschland, erinnerte angesichts des allmählichen Aussterbens der Zeitzeugen an die Pflicht der Gesellschaft, die Vergangenheit für nachfolgende Generationen wach zu halten. Sie dankte dem Gautinger Alt-Bürgermeister Dr. Ekkehard Knobloch für sein Engagement, die Mahnmale entlang der Marschroute aufzustellen. „Diese Erinnerungsbrücken, die Sie geschaffen haben, werden alle kommenden Generationen an die Grausamkeiten erinnern.”
Knobloch nannte die Mahnmale eine einmalige Erinnerungskultur, die für ganz Deutschland wegweisend sein soll und hob das Engagement Dr. Friedrich Schreibers hervor, alljährlich einen Gedenkzug entlang des Weges der Häftlinge zu organisieren. „Ich bin stolz, dass es Bürger gibt, die sich der Vergangenheit stellen und jüngere Generationen in ihr Tun einbeziehen“, erklärte sie. „Denn solange wir nicht vergessen, was hier vor 63 Jahren geschehen ist, werden die Bürger Gautings weiterhin entschlossene Gegner von Rechtsextremismus, Hass und Ausgrenzung bleiben.”
Im April 1945 wurden knapp 7000 KZ-Häftlinge aus dem Dachauer Lager durch München und das Würmtal in Richtung Alpen getrieben, bis sie nahe Waakirchen von den alliierten Truppen befreit werden konnten. Der jüdische Friedhof in Gauting erinnert noch heute an die Entkräfteten, die nach ihrer Befreiung im Gautinger Lungenkrankenhaus starben.
Für die Würmtaler war es damals ein unvorstellbarer Schock, mit den Häftlingen und dem unermesslichen Leid konfrontiert zu sein. „Es war das Schrecklichste, was den Bürgern vom Krieg im Gedächtnis blieb“, äußerte Alt-Bürgermeister Knobloch. In Aufarbeitung dieser Geschehnisse initiierte er die mahnenden Gedenksteine entlang des Leidenswegs der KZ-Häftlinge. Mittlerweile stehen an 26 Orten von Dachau bis Waakirchen die bekannten Todesmarsch-Plastiken des Pullacher Bildhauers Prof. Hubertus von Pilgrim. Das vorerst letzte Exemplar kam vor drei Jahren in Utting hinzu. Seit 1992 befindet sich auch ein Gedenkstein in Jad Vaschem, der zentralen Holocaust-Gedenkstätte in Jerusalem.
In diesem Jahr folgten viele Überlebende aus Israel mit ihren Familien die Einladung zur Gedenkfeier nach Gauting. Die Mehrzahl der Überlebenden sei über 80 Jahre alt und fühlte sich in diesem Jahr den Strapazen der Reise und der Konfrontation mit den KZ-Schrecken noch gut gewachsen, wie Uri Chanoch, Präsident der Vereinigung der Überlebenden versicherte. „Wir kommen gern und danken für Eure Freundschaft. Besonders herzlich sind wir Ekkehard Knobloch verbunden. Ohne Dich wäre dies alles hier nicht möglich gewesen“, betonte Chanoch. „Jetzt sind unsere und Eure Jugendlichen an der Reihe, die begonnenen Brücken zwischen uns und dem Gestern und Morgen weiterzubauen.“ Denn nur wer die Geschichte verstehe, könne eine bessere Zukunft schaffen, schloss Chanoch.