Die jetzige siebte Klasse der Gröbenzeller Waldorfschule hat sich ein ganz besonderes Projekt vorgenommen: Sie will die Strecke von Gröbenzell bis Venedig in insgesamt 12 Etappen bis zum Ende der achten Klasse zu Fuß schaffen. Insgesamt weit über 600 Kilometer sind dafür zu überwinden. Die erste Etappe davon sind die Kinder bereits in der dritten Klasse gelaufen. Inzwischen haben sie knappe 400 Kilometer geschafft, rund 250 Kilometer liegen noch vor ihnen.
„Wir laufen schon seit vier Jahren”, sagt Brigitte Leiblein. Sie gehört zum Stamm des Eltern-Orga-Teams, das sich um die Strecken, die Hüttenübernachtungen, die Bustransporte für zwischendurch, die Finanzen und um tausend Kleinigkeiten kümmert. Das Team übernimmt auch das „Vorlaufen der Etappen”, damit jeder weiß, was auf die Klasse zukommt und wie sie am besten auf die bevorstehenden Herausforderungen vorbereitet werden muss.
„Ein Jahr vor den Etappen beginnen wir schon mit den Vorbereitungen”, so Frank Fiederling vom Orga-Team. „Es ist alles fest geplant und doppelt gecheckt und – ganz ehrlich – schon im Vorfeld haben wir wirklich sehr viel Freude an den Touren.” Im Moment geht das Vorbereitungsteam die Strecke von Bozen bis Venedig und überprüft alles das, was auf die Kinder im nächsten Schuljahr zukommen wird.
„Es sind noch drei Etappen übrig”, so Leiblein. „Und das sind die drei schwierigsten. Darum müssen wir genau abwägen, welchen Weg die Kinder nehmen sollen.” Für diese Unterstützung ist Klassenlehrerin Daniela Haller-Murr dankbar. Sie initiierte die lange Wanderung vor vier Jahren, als sie die Klasse übernahm, und stieß gleich am Anfang bei der Elternschaft auf viel Hilfsbereitschaft. „Ohne dies würde so ein Projekt überhaupt nicht zu bewerkstelligen sein”, meint sie. „Wir können uns auf viele begeisterte und bergerfahrene Eltern verlassen.”
Mit dem Abenteuer Alpenüberquerung wollte Haller-Murr erreichen, dass die Kinder als Gemeinschaft etwas Großartiges erleben und zusammenwachsen können und gleichzeitig auch die Gelegenheit haben, über sich hinauszuwachsen. „Unsere lange Wanderung ist damit in erster Linie ein soziales Projekt”, erklärt sie. Zuallererst sei sie nur Tagesetappen mit den Kindern gegangen. Einmal hätten die Kinder das Fahrrad genommen, „wofür ich den Eltern für die Riesenlogistik immer noch sehr, sehr viel Respekt zolle!”
Auch per Schiff waren die Kinder unterwegs. „Später haben wir übernachtet – mal in Zelten, mal in Hütten – und uns ganz allmählich zu den mehrtägigen, anspruchsvollen Touren gesteigert.” Meckern und Murren über zu lange und zu anspruchsvolle Wanderungen kommen eigentlich nicht vor, so Haller-Murr.
„Jeder will mitmachen und ans Ziel kommen. Sind unterwegs Kinder geschwächt, ist es für die anderen ganz selbstverständlich zu helfen. Und ganz klar, gibt es bei uns auch Streit und Meinungsverschiedenheiten. Aber die werden von den Kindern sehr gut gelöst, ausgeschlossen ist niemand. Die Kinder erleben bei der Alpenüberquerung, wie Gemeinschaft funktioniert. Da ist alles ,echt' und keiner kann sich entziehen. Das prägt die Klasse.”
Jedes einzelne Kind profitiere von der Langzeitwanderung. „Die Kinder sind allesamt selbstständiger, ausdauernder und willensstärker geworden. Die Kinder achten aufeinander und haben gelernt, dass man in der Gemeinschaft alles meistern kann”, sagt Haller-Murr. Als Lehrerin freue es sie natürlich besonders, dass die Klasse ihr Anschauungsmaterial gleich vor der Nase hat. „Wir finden alles vor, worüber wir im Klassenzimmer gesprochen haben: Geographie und Biologie, aber auch Mathe, Sternenkunde, Sprachen. Das ist ein Riesenfundus. Und das Beste ist, dass ich mittlerweile auf nichts aufmerksam machen muss. Die Kinder sehen die Dinge von ganz allein und machen sich gegenseitig aufmerksam.“
Ein Wunsch bleibt der Klassenfamilie dennoch. „Die drei letzten Etappen sind mit Abstand die schwierigsten, aber auch kostenintensivsten“, erklärt Leiblein. „Wir werden lange Anfahrten haben und auch die Übernachtungen sind kostspielig. Hinzu kommt, dass die Kinder schnell wachsen und im ungünstigsten Fall bei jeder Tour neue und größere Bergschuhe brauchen. Daher sind wir auf Unterstützung angewiesen.” Das Orga-Team hat deswegen extra Buttons für jeden Kilometer der Alpenüberquerung hergestellt. Je nach Schwierigkeitsgrad kosten die Buttons unterschiedlich viel. Außerdem möchte Lehrerin Haller-Murr mit den Kindern Selbstgemachtes anfertigen und verkaufen.
Auf der Webseite www.klasse-bergsteiger.de gibt es noch viel mehr Informationen zum Wanderprojekt und zu den Unterstützungsmöglichkeiten. Auch ein Spendenkonto ist dort verzeichnet. „Wir freuen uns über jede Unterstützung”, betont Leiblein. „Vielleicht findet sich ein Sporthändler oder ein Großhändler, der uns in unserem großen Ziel unterstützt: am Ende der achten Klasse auf dem Markusplatz zu stehen und sagen zu können, das Abenteuer Fernwanderung haben wir gemeinsam geschafft!”