Veröffentlicht am 01.07.2009 11:41

„Vielfältige Schullandschaft“


Von SB
Die Zahl der Privatschulen nimmt bundesweit immer weiter zu. (Foto: photos.com)
Die Zahl der Privatschulen nimmt bundesweit immer weiter zu. (Foto: photos.com)
Die Zahl der Privatschulen nimmt bundesweit immer weiter zu. (Foto: photos.com)
Die Zahl der Privatschulen nimmt bundesweit immer weiter zu. (Foto: photos.com)
Die Zahl der Privatschulen nimmt bundesweit immer weiter zu. (Foto: photos.com)

Überfüllte Klassen, Lehrermangel, veraltete Lernmaterialien, alte Gebäude – die Liste der Mängel an öffentlichen Schulen ist lang. Dagegen ist die Zahl der Privatschulen bundesweit in den vergangenen Jahren gestiegen. Das Prinzip ist einfach: Wer zahlt, bekommt Leistungen. Trotzdem – oder gerade deshalb – stellen Privatschulen für immer mehr Familien in Deutschland eine Alternative zur öffentlichen Schule dar.

In einem vom Werbe-Spiegel-Verlag organisierten Round Table-Gespräch äußern sich der bildungspolitische Sprecher der CSU-Landtagsfraktion, Georg Eisenreich, der Stiftungsvorstand der Münchner Schulstiftung, Ernst von Borries, sowie der Geschäftsführer der neuhof Schulen, Jürgen Meyer, über das Thema „Versäumnisse an öffentlichen Schulen – Alternative Privatschule?“.

Werbe-Spiegel: Mit welchen Konzepten arbeiten Sie an Ihren Schulen?

Jürgen Meyer: Eine besondere ideologische Ausrichtung gibt es nicht. Unsere Zielsetzung liegt primär auf einer bestmöglich qualitativen Ausbildung. Wir legen grundsätzlich einen hohen Wert auf die Lehrerausbildung. Wir können es uns nicht erlauben, schlechte Lehrer zu beschäftigen. Die neuhof Schulen bestehen aus zwei Realschulen und zwei Gymnasien, davon ist jeweils eine Schule staatlich anerkannt, die andere staatlich genehmigt. Dazu kommt noch eine Fachoberschule. Die Obergrenze der Klassenstärke liegt bei 24 Schülern.

Ernst von Borries: Ich vertrete das Obermenzinger Gymnasium, das Gymnasium Dr. Überreiter und jetzt in Vorbereitung ab September die Jan-Amos-Comunius-Grundschule – alle unter dem Dach der Münchner Schulstiftung, die ich 2005 gegründet habe. Ich bin Gymnasiallehrer für Deutsch, Geschichte, Sozialkunde und Wirtschaftslehre. Das Obermenzinger Gymnasium ist ein staatlich anerkanntes wirtschaftswissenschaftliches Gymnasium, mit neusprachlichem Zweig. Wir haben im Moment 16 Klassen. Der wirtschaftswissenschaftliche Zweig wird ergänzt durch ein Doppelqualifizierungsprogramm, das wir Abiplus® nennen, also Abitur plus Berufsausbildung. Wir sind eine geschlossene Ganztagsschule und wollen die Kinder individuell fördern, ihnen eine Menge kulturelle Bildung vermitteln, über den normalen Schulstoff hinaus.

Worin machen Sie konkret den Unterschied zwischen einer privaten und einer öffentlichen Schule fest?

von Borries: Der erste Grundsatz bei uns lautet: „Die Achtung vor der Würde des Einzelnen prägt das Leben in den Entrichtungen der Münchner Schulstiftung.“ Das klingt wie eine Lehrformel, ist es aber nicht, denn darauf kann sich jeder Schüler und Lehrer berufen, wenn es Probleme gibt. Natürlich gibt es noch eine ganze Menge mehr Grundsätze, die uns von den öffentlichen Schulen wesentlich unterscheiden. Die Gesamtgröße einer Privatschule im Vergleich mit einer öffentlichen Schule ist ein unschätzbarer Vorteil. Denn wenn man jeden Schüler kennt und ein Kollegium hinter sich hat, das mitzieht, kann man eine Menge für die einzelnen Kinder tun. Wir können und werden uns Klassen mit 30 bis 35 Schüler nicht leisten, weil uns dann die Eltern auf die Barrikaden gehen. Ich möchte, dass die Kinder auf unseren Schulen ein europäisches Bewusstsein bilden. Ihnen soll bewusst sein, dass die europäische Friedensordnung ein Fundament unserer Kultur ist und sein muss. Das ist mir ein wichtiges Anliegen. Deshalb fördern wir auch ganz bewusst den Schüleraustausch mit anderen europäischen Ländern.

Herr Eisenreich, wie ist Ihre Einschätzung von Privatschulen?

Georg Eisenreich: Wir haben eine sehr vielfältige Schullandschaft. Es gibt staatliche Schulen und, gerade auch hier in München, sehr viele kommunale Schulen. Auch bei den privaten Schulen gibt es eine ganz unterschiedliche Trägerlandschaft. Unser Bildungssystem wird getragen durch die öffentlichen Schulen, auf die zirka 90 Prozent der Schüler gehen. Die Privatschulen haben bei uns einen hohen Stellenwert. Wir brauchen sie als Ergänzung des öffentlichen Schulangebots. Die Privatschulen sind in vielen Bereichen Innovator und Motor, zum Beispiel im Bereich Ganztagsschule, gewesen. Dass wir Ganztagsschulen brauchen, dass Schüler individuell gefördert werden müssen, ist klar. Es geht heute nur noch darum, wie schnell wir den Ausbau der Ganztagsschulen vorantreiben können.

Welche Rolle spielt das Lehrerkollegium an Ihren Schulen?

von Borries: Wir haben viele Lehrer, die ihre komplette Berufszeit bei uns verbringen. Aber natürlich haben wir auch immer wieder Leute, die nach einem Jahr gehen müssen, weil sie nicht hineinpassen. Das Kollegium muss ein homogenes Ganzes sein, mit möglichst verschiedenen Individuen, keine schweigende Masse. Das ist etwas, das eine öffentliche Schule nicht leisten kann.

Meyer: Mit den richtigen Leuten, d.h. einem guten Kollegium, kann man als Privatschule sehr viel erreichen. Egal ob im didaktischen oder auch im kreativen Bereich. Wichtig ist, was an der Schule passiert. Zusammen mit engagierten Lehrern können die Privatschulen einfach mehr Leistung bringen. Da sind wir gegenüber einer öffentlichen Schule klar im Vorteil. Man darf aber nicht vergessen, dass wir als Privatschule bestimmte Dinge leichter und vor allem schneller umsetzen können. Eine öffentliche Schule ist ein schwerer Tanker, der länger braucht um auf Kurs zu sein.

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