„Der Dachstuhl von Haus Nord ist bereits fertig, das Dach gedeckt und die Photovoltaikanlage montiert. In den kommenden Tagen werden dann auch die noch fehlenden Türen eingebaut“, erklärt Petra Ott, Projektleiterin der neuen Mutter-Kind-Einrichtung, die im Moment auf Gut Raucherberg gebaut wird. „Bei Haus Süd wurden bereits die Innenwände und die marode Bausubstanz entfernt. Das ist schon ein ordentlicher Baufortschritt. Anfang Februar wurde die Bodenplatte gegossen. Damit kann mit dem weiteren Umbau von Haus Süd begonnen werden und der Zeitplan wird präzise eingehalten.“
Die neue Einrichtung unter der Trägerschaft der Johanniter wird gemeinsam mit der Gräflich Beissel'schen Stiftung Gut Raucherberg geplant und gebaut. Durch das Marita-Beissel-Haus der Johanniter entsteht ein Lebensort für junge Frauen mit ihren Kindern, ein sicherer Rückzugsort mit allen notwendigen Angeboten. Dabei geht es vorwiegend darum, den Bewohnern ein förderliches Umfeld zu schaffen, das auf ein selbstbestimmtes, selbständiges und eigenverantwortliches Leben vorbereitet. Aufgenommen werden Schwangere und minderjährige und volljährige Mütter, die wegen persönlicher, gesundheitlicher oder sozialer Schwierigkeiten gezielte Hilfe und weitreichende Betreuung für sich und ihr Kind benötigen.
Das Betreuungsangebot umfasst neben der Versorgung und Unterstützung bei allen alltäglichen Anforderungen und der Hinführung zu einem konstruktiven Erziehungsverhalten z.B. auch pädagogische und therapeutische Gruppen- und Einzelangebote für Schwangere und Mütter und die gezielte Förderung der Kinder und Unterstützung durch psychologisches Fachpersonal. Ziel ist die Entwicklung einer tragfähigen Zukunftsperspektive und die Hinführung zu einem selbstständigen Leben im eigenen Haushalt.
„Die Photovoltaik war bereits vorhanden und wurde nur von Haus Süd nach Haus Nord versetzt, um in Haus Süd großzügige Dachfenster zu ermöglichen“, berichtet Petra Ott. In Haus Süd werden zwei Wohngemeinschaften mit großem Gemeinschaftsraum und Lichthof sowie mehrere Verselbständigungsappartements entstehen. Daneben sind auch noch weitere Wirtschafts- und Teamräume, Büros für die Mitarbeitenden und Spiel- und Bastelräume für die Kinder in der Planung.
Zusätzlich wird Platz für eine professionelle Kinderbetreuung auf einer Fläche von ca. 150 Quadratmetern in Haus Nord geschaffen, mit gemeinschaftlich genutztem Spielgarten und einem überdachten Terrassenbereich. In Haus Nord werden zusätzliche Therapieräume, Fachdiensträume und ein weiteres Verselbständigungsappartement entstehen.
Die Stiftung arbeitet möglichst mit lokalen Handwerkern zusammen. Architekt war der kürzlich verstorbene Robert Lotter aus Dießen. Das Projekt wird jetzt von seiner bisherigen Mitarbeiterin und Nachfolgerin, der Architektin Barbara von Hoerschelmann, weiterbetreut. Die Bauleitung nehmen die Bioplan-Architekten aus Weilheim, die sehr auf eine gesunde und umweltverträgliche Umsetzung achten, wahr. In der Außenansicht wird der lokale Charakter erhalten, die Holzverkleidung bleibt. Die Innenausstattung wird altersgerecht und kindgemäß, mit hochwertiger Grundmöblierung und der Möglichkeit für die Mütter, individuell zu gestalten und in den jeweiligen Appartements eigene Akzente zu setzen. Noch vor Baubeginn wurde das Gelände durch die Johanniter von Fachleuten begutachtet und auf Schadstoffe überprüft.
„Mit der Personalsuche werden wir ab Mai beziehungsweise Juni dieses Jahres starten. Wir suchen pädagogische, psychologische, heilpädagogische und hauswirtschaftliche Fachkräfte sowie Kinderkrankenschwestern und Hebammen“, erklärt Petra Ott. Sie freut sich schon auf die geplante Eröffnung im Frühjahr 2022. „Bis dahin ist natürlich noch viel zu tun. Aber wir freuen uns, bald ein so wichtige Projekt wie das Marita-Beissel-Haus der Johanniter eröffnen zu können. Die Mädchen und jungen Frauen, die schwanger werden oder schon Kinder haben und in eine Notlage geraten, sind in vielerlei Hinsicht dringend auf Hilfe für sich und ihre Kinder angewiesen. Vor allem, wenn sie nicht von ihrem Umfeld oder von der Familie aufgefangen werden.“
Im Herbst 2019 startete das Bauvorhaben auf dem im Eigentum der Gräflich Beissel'schen Stiftung Gut Raucherberg befindlichen Gelände im Landkreis Weilheim-Schongau. Es bietet ein ruhiges und geschütztes Wohnumfeld, jedoch ist die Kreisstadt Weilheim mit all ihren Möglichkeiten nur sechs Kilometer entfernt. Das Marita-Beissel-Haus der Johanniter soll Ende 2021 fertig gestellt sein und in zwei Gebäuden Plätze für etwa 18 Mütter mit ihren Kindern bieten. Zusätzlich werden noch die Voraussetzungen für eine professionelle Kinderbetreuung geschaffen.
Als vor einigen Jahren Marita und Hubertus, Gräfin und Graf Beissel von Gymnich, auf Gut Raucherberg ihren Nachlass regelten, war es ihnen ein großes Anliegen, Hilfsangebote für bedürftige Kinder und ihre Mütter zu schaffen. So entstand die Idee, einen Teil der Gebäude auf Gut Raucherberg für eine Mutter- / Vater-Kind-Einrichtung zur Verfügung zu stellen. Zu diesem Zweck wurde die Gräflich Beissel'sche Stiftung mit folgendem Stiftungszweck gegründet: „Die Gräflich Beissel’sche Stiftung Gut Raucherberg hat es sich zur Aufgabe gestellt, vernachlässigten, misshandelten, traumatisierten, sich in Deutschland aufhaltenden Kindern und deren Müttern zu helfen, sie in ihrer Notlage zu schützen, zu unterstützen und ihnen eine Zukunft zu ermöglichen. Dies soll langfristig durch die (teilweise) Nutzung der Räumlichkeiten des Gutes Raucherberg als Ort der Erholung und Zufluchtsstätte für diese Kinder und deren Mütter geschehen. Hinzutreten sollen therapeutische Angebote für diese Kinder und deren Mütter, wenn diese aufgrund ihrer seelischen, psychischen oder physischen Situation Hilfe benötigen und aufgrund ihrer finanziellen Situation dazu nicht in der Lage sind.“
Um das Stiftungsziel zu verwirklichen, kooperiert die Gräflich Beissel’sche Stiftung mit der Johanniter-Unfall-Hilfe e.V. In Erinnerung an die inzwischen nach schwerer Krankheit verstorbene Gräfin Marita Beissel von Gymnich erhält die Einrichtung den Namen „Marita-Beissel-Haus der Johanniter“.
Die Johanniter-Unfall-Hilfe ist mit rund 25.000 Beschäftigten, mehr als 40.000 ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern und 1,2 Millionen Fördermitgliedern eine der größten Hilfsorganisationen in Deutschland und zugleich ein großes Unternehmen der Sozialwirtschaft. Die Johanniter engagieren sich in den Bereichen Rettungs- und Sanitätsdienst, Katastrophenschutz, Betreuung und Pflege von alten und kranken Menschen, Fahrdienst für Menschen mit eingeschränkter Mobilität, Arbeit mit Kindern und Jugendlichen, Hospizarbeit und anderen Hilfeleistungen im karitativen Bereich sowie in der humanitären Hilfe im Ausland. Weitere Informationen zu den Johannitern in Oberbayern unter www.johanniter.de/oberbayern.