Diesen Sonntag ist Bundestagswahl. Umfragen sagen für den Wahlkreis ein äußerst knappes Rennen voraus. Haben Sie Angst um Ihr Mandat?
Michael Kuffer (lacht): Wenn mir die Auseinandersetzung um ein demokratisches Mandat Angst machen würde, wäre ich in der Politik falsch – und hätte wahrscheinlich auch die falschen Prioritäten im Leben. Deshalb ist Angst der falsche Ausdruck. Sagen wir es so: Ich bin kämpferisch gelaunt.
Es geht bei dieser Wahl um viel: Für den Wahlkreis, für München, für Deutschland. Und ich habe mir in der Politik angewöhnt, meine Gegner immer ernst zu nehmen. Das hilft einem dann auch, sich frühzeitig gedanklich auf eine solche Entscheidungsschlacht einzustellen.
Eine kurze Frage, die wahrscheinlich weniger kurz zu beantworten ist: Worum geht es bei dieser Wahl?
Michael Kuffer: Es geht um mehr als die Wahl einer neuen Regierung. Es ist eine Richtungsentscheidung. Denn die Unterschiede zwischen einem linken Bündnis aus grün/rot und einer bürgerlichen Regierung aus CDU/CSU sind groß. Soll Deutschland weiterhin aus der Mitte bürgerlich regiert werden – mit einem klaren Bekenntnis zu Sicherheit und Freiheit, zu einem Miteinander von Ökologie und Ökonomie, zu Innovation statt Ideologie – und zur Erhaltung unseres Wohlstandes und unserer Lebensgrundlagen? Oder soll die Politik aus einer Summe von Minderheitenpositionen bestimmt werden, die sich die meisten Menschen in unserem Land nicht leisten können werden?
Es geht aber auch um sehr grundsätzliche Fragen, wie die der Haltung zum Verhältnis zwischen den Menschen und der Politik. Zur Frage, ob wir begeistern oder lieber bevormunden wollen. Ob wir Menschen durch Angebote zu einem bestimmten Verhalten motivieren oder durch Verbote gängeln wollen. Ob wir gestalten oder nur verwalten wollen. Ob wir Veränderungen einleiten, indem wir Ideen und Erfindungen Raum geben – oder, ob wir rückwärtsgewandte und theoretisierende Verzichtsdiskussionen führen.
Sie sprechen damit Punkte an, bei denen die Auseinandersetzungen vor allem zwischen der Union und den Grünen verläuft. Sind die Grünen also Feind Nr. 1?
Michael Kuffer: Den Begriff „Feind“ mag ich nicht. Unsere Mitbewerber sind politische Gegner, aber keine Feinde. In der Demokratie muss man andere Ansätze und Argumente aushalten – jedenfalls solange, wie sie nicht das demokratische Miteinander in Frage stellen. Was die Grünen betrifft, so war diese Partei einmal ein Impulsgeber in der Klimapolitik. Aber diese Zeit ist vorbei. In der Klimapolitik steht die Union für einen glaubwürdigeren und effektiveren Ansatz – mit dem wir mehr erreichen und dabei trotzdem nicht alles andere einreißen. Die Grünen hingegen sind dort, wo sie Regierungsverantwortung tragen nicht nur sicherheitspolitisch ein Risiko, sondern auch klimapolitisch eine einzige Enttäuschung. Das Klima braucht die Grünen nicht mehr. Und ihr gesellschaftspolitischer Ansatz ist ein eliten-orientierter, bevormundender und zutiefst illiberaler. Die Grünen von heute haben zwar ihr Marketing weiterentwickelt, nicht aber ihre Politik. Sie sind keine Volkspartei (und werden so auch niemals eine werden), sondern eine reine Klientelpartei.
Die Grünen stellen ja im Münchner Rathaus seit der letzten Kommunalwahl die stärkste Fraktion. Was sind aus Ihrer Sicht die Lehren aus 1 ½ „grünen Jahren“ in München, die die Menschen für ihre Entscheidung bei der Bundestagswahl kennen sollten?
Michael Kuffer: Wie gesagt: Dort, wo die Grünen regieren, sind sie für die Menschen eine Enttäuschung: Schauen wir uns nur einmal die Klimapolitik an (über alle anderen Felder des Versagens will ich gar nicht reden). München hat große Defizite bei der Bereitstellung von Flächen für die Solarenergie. München hinkt bei der Elektromobilität hinterher. Und die Grünen haben die Weichen dafür gestellt, dass München erneut den Ausbau des Öffentlichen Personennahverkehrs verschläft. Nur 1 Jahr haben die Grünen dafür gebraucht, die Münchner Verkehrspolitik von einer mutigen und engagierten Ausbauplanung der CSU-Stadtregierung zu diesem grün-roten Armutszeugnis herunter zu wirtschaften.
Bleiben wir doch einmal kurz bei der Klimapolitik. Die grüne Klimabilanz in München ist also mager. Geht Klimapolitik besser ohne die Grünen?
Michael Kuffer: Ich würde den Grünen nicht unterstellen, dass sie in ihren klimapolitischen Zielen weit hinter unseren liegen. Aber sie unterliegen, was das Wie und die Erfolgsaussichten der Umsetzung betrifft, einem fatalen Denkfehler – wie übrigens in anderen Politikfeldern auch: Wir als Union sind überzeugt davon, dass wir in der Klimapolitik nur miteinander erfolgreich sein können. D. h. zusammen mit den Menschen, deren Begeisterung wir für eine engagierte Klimapolitik brauchen – und für die die Klimafrage nicht zur sozialen Frage werden darf. Und zusammen mit unseren Partnern in Europa und der Welt. Denn das Klima richtet sich nicht nach Grenzen. Und auch der Strommarkt beispielsweise ist kein nationaler, sondern ein europäischer. Die Grünen dagegen verfolgen einen Ansatz des Gegeneinanders und der Alleingänge. Das ist der Grund, warum sie in Regierungsverantwortung außer Symbolen meist nicht viel erreichen.
Im Ranking der Themen, die nach den Demoskopen im Zentrum des politischen Interesses der Menschen stehen, wechselt sich beim Spitzenplatz das Thema der inneren Sicherheit einschließlich des Komplexes Asyl / Migration mit dem Thema Klimaschutz ab. Nun sind Sie ja – von der Seite der deutschen Innenpolitik – häufig mit diesen Fragen von „law and order“ befasst. Welchen Einfluss hat das Thema auf die Bundestagswahl?
Michael Kuffer: Sicherheit ist eine der wichtigsten Voraussetzungen der Freiheit. Gerade in München gehört das hohe bayerische Sicherheitsniveau schlicht zum Lebensgefühl und zur Lebensqualität. Als jemand, der sich mehr als sein halbes bisheriges Leben lang – erst beruflich, dann politisch – mit Fragen der inneren Sicherheit beschäftigt hat, weiß ich, dass dieses Sicherheitsniveau jeden Tag von Neuem hart erarbeitet werden muss. Alle anderen demokratischen Parteien vertreten hingegen die Auffassung, dass man unsere Sicherheitsbehörden einschränken kann, weil das Sicherheitsniveau so gut ist. Das ist so, als würde man die Energiepolitik in Frage stellen, weil der Strom ja aus der Steckdose kommt. Demgegenüber haben die Menschen in den letzten Jahren aufgrund einer Reihe von Ereignissen (zuletzt die Corona-Pandemie und die Flutkatastrophe) eine hohe Sensibilität dafür entwickelt, wie zerbrechlich das hohe Gut der Sicherheit sein kann.
Die Süddeutsche Zeitung hat Ihnen vor einigen Jahren den Titel „Sheriff“ verliehen. Welche Themen beschäftigen den Sheriff?
Michael Kuffer: Wir haben in der zu Ende gehenden Legislaturperiode im Deutschen Bundestag ein recht großes Rad gedreht: Sie wissen, dass ich mich immer sehr stark dafür eingesetzt habe, dass wir in der Not effektiv helfen, d. h. auch das Asylrecht hochhalten. Und dass wir gleichzeitig den Asylmissbrauch effektiv bekämpfen und dafür sorgen müssen, dass in der von der Hilfe in der Not zu trennenden Frage der Zuwanderung ausschließlich unsere nationalen Interessen zählen. Deshalb habe ich mich bereits in den ersten Wochen meiner Mitgliedschaft im Bundestag intensiv dafür eingesetzt, dass unsere (Außen- und Binnen-) Grenzen diese Filter- und Differenzierungsfunktion wieder stärker erfüllen.
Letztlich haben wir das auch durchgesetzt: Die Einführung lagebildabhängiger Grenzkontrollen an allen Luft-, Land- und Seegrenzen, einschließlich der Zurückweisung von all jenen, für deren Asylgesuch wir nach den europäischen Regeln nicht zuständig sind. Wir haben darüber hinaus ein Fachkräftezuwanderungsrecht auf den Weg gebracht, das strikt unseren Interessen folgt und wesentlich die bürgerliche Handschrift der Union trägt. Wir haben ein großes Paket von insgesamt acht Gesetzen zur erleichterten Aufenthaltsbeendigung beschlossen. Bei der Bekämpfung des internationalen Terrorismus sind wir entscheidende Schritte weitergekommen, insbesondere weil wir zuletzt den jahrelangen Widerstand der SPD gegen die sog. Quellen-Telekommunikationsüberwachung, d. h. den Zugriff der Ermittlungsbehörden auf (verschlüsselte) Messenger-Dienste, überwinden konnten.
U. a. auf meine Initiative hin haben wir mit der Aberkennung der deutschen Staatsbürgerschaft bei Gefährdern eine wichtige Lücke im Staatsbürgerschaftsrecht geschlossen. Und wir haben – ebenfalls auf meine Initiative – bereits vor zwei Jahren das Thema der Neuausrichtung des Zivil- und Katastrophenschutzes auf die Tagesordnung gesetzt. Hier durfte ich zuletzt eine Arbeitsgruppe der CDU-/CSU-Bundestagsfraktion leiten, die umfangreiche Maßnahmen für eine Modernisierung des Bevölkerungsschutzes beschlossen hat. Vieles davon werde ich – wenn die Wählerinnen und Wähler mir wieder ihr Vertrauen schenken – in den 20. Deutschen Bundestag mitnehmen.
Worüber stimmen die Wählerinnen und Wähler am kommenden Sonntag für den Wahlkreis ab? Was wünschen sie sich politisch für den Wahlkreis?
Michael Kuffer: Der Wahlkreis weist strukturell und damit von den Themenstellungen her eine große Bandbreite auf. Gemeinsam haben alle Stadtbezirke im Wahlkreis einen enormen Anstieg des Zuzugs und des damit verbundenen städtebaulichen Wachstums. Der Münchner Süden gehört zu den am stärksten wachsenden Gebieten der Stadt. In dieser Situation ist es mir wichtig, dass wir einerseits mit einem engagierten Wohnungsbau einen Beitrag zu Mieten leisten und andererseits das Ganze mit Augenmaß machen. Schon als Stadtrat habe ich mit der Initiative „Stadtplanung mit Herz“ für einen Erhalt des gewachsenen Charakters der Stadtviertel und gegen gesichtslose Betonwüsten eingesetzt. Das beschäftigt mich natürlich auch als Abgeordneter weiterhin. Ebenso wie der Ausbau der Infrastruktur. Denn Infrastruktur bedeutet Lebensqualität – egal, ob in der Frage einer guten Verkehrsanbindung oder der Binneninfrastruktur, wie beispielsweise Nahversorgung oder die wohnortnahe Verfügbarkeit medizinischer und sozialer Dienstleistungen.
Zum Abschluss: Was bedeutet für Sie der Münchner Süden?
Michael Kuffer: Hier bin ich aufgewachsen, war im Kindergarten und der Schule und wohne noch heute hier. Der Münchner Süden bedeutet für mich Heimat und zu Hause sein.