Veröffentlicht am 05.07.2022 15:31

Fleißbildchen fürs Schönschreiben


Von Brigitte Bothen [bb] (brigitte.bothen@muenchenweit.de, bbo)
Ein Nachmittag voller Erinnerungen: 70 Jahre ist es her, dass sie in der Senftenauer Schule in die erste Klasse kamen. V.l. Elisabeth Genth, Erna Voigt, Irmgard Lam-Sing, Gisela Forster, Anne Sembritzki, Sigrid Wirth und Irene Oschatz, davor sitzend Monika Johann-Ritt und Christa Schuhböck. Konrektorin Susanne Draxlbauer (rechts hinten) begleitete die Damen durch die Schule. <br> (Foto: bb)
Ein Nachmittag voller Erinnerungen: 70 Jahre ist es her, dass sie in der Senftenauer Schule in die erste Klasse kamen. V.l. Elisabeth Genth, Erna Voigt, Irmgard Lam-Sing, Gisela Forster, Anne Sembritzki, Sigrid Wirth und Irene Oschatz, davor sitzend Monika Johann-Ritt und Christa Schuhböck. Konrektorin Susanne Draxlbauer (rechts hinten) begleitete die Damen durch die Schule.
(Foto: bb)
Ein Nachmittag voller Erinnerungen: 70 Jahre ist es her, dass sie in der Senftenauer Schule in die erste Klasse kamen. V.l. Elisabeth Genth, Erna Voigt, Irmgard Lam-Sing, Gisela Forster, Anne Sembritzki, Sigrid Wirth und Irene Oschatz, davor sitzend Monika Johann-Ritt und Christa Schuhböck. Konrektorin Susanne Draxlbauer (rechts hinten) begleitete die Damen durch die Schule.
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Ein Nachmittag voller Erinnerungen: 70 Jahre ist es her, dass sie in der Senftenauer Schule in die erste Klasse kamen. V.l. Elisabeth Genth, Erna Voigt, Irmgard Lam-Sing, Gisela Forster, Anne Sembritzki, Sigrid Wirth und Irene Oschatz, davor sitzend Monika Johann-Ritt und Christa Schuhböck. Konrektorin Susanne Draxlbauer (rechts hinten) begleitete die Damen durch die Schule.
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Ein Nachmittag voller Erinnerungen: 70 Jahre ist es her, dass sie in der Senftenauer Schule in die erste Klasse kamen. V.l. Elisabeth Genth, Erna Voigt, Irmgard Lam-Sing, Gisela Forster, Anne Sembritzki, Sigrid Wirth und Irene Oschatz, davor sitzend Monika Johann-Ritt und Christa Schuhböck. Konrektorin Susanne Draxlbauer (rechts hinten) begleitete die Damen durch die Schule.
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Großes Hallo und viele Erinnerungen: Anlässlich der 70-jährigen Wiederkehr ihrer Einschulung besuchten kürzlich neun ältere Damen die Grundschule an der Senftenauerstraße. Elisabeth Genth, Erna Voigt, Irmgard Lam-Sing, Gisela Forster, Anne Sembritzki, Sigrid Wirth, Irene Oschatz, Monika Johann-Ritt und Christa Schuhböck gehörten zu den ersten Schulkindern, die 1952 in dem damals frisch erbauten Gebäude die Schulbänke drückten. Konrektorin Susanne Draxlbauer begrüßte die „Rückkehrerinnen” und begleitete sie durch das Haus.

Gemeinsam suchten sie nach bekannten Stellen in der Schule, die sich inzwischen sehr verändert hat. Ihr altes Klassenzimmer konnten sie leider nicht anschauen, da sich dort nun der Hort befindet und die Hortkinder am frühen Nachmittag noch anwesend waren. Die Konrektorin führte die Gruppe aber in ihr eigenes Klassenzimmer, das ebenfalls im alten Teil der Schule liegt, und das - auch wenn die Ausstattung inzwischen viel moderner ist - noch ein wenig von der damaligen Atmosphäre atmet.

„Wir waren alle extrem brave Kinder”

Die Klasse habe damals aus 47 katholischen Schülerinnen bestanden, berichtete Gisela Forster, die das Treffen organisiert hat. Damals war es noch üblich, die Kinder nach Geschlechtern und Konfessionen zu trennen. Erst in den 60er Jahren wurde die Koedukation, das gemeinsame Unterrichten von Mädchen und Jungen, gängige Praxis in Bayern.

„Wir waren alle extrem brave Kinder und hatten unendlich viel Hunger. Da Bayern amerikanische Besatzungszone war, bekam jedes Kind in der Pause einen Schöpflöffel voll Brei mit Milch”, erzählte sie. Das sei die amerikanische Schulspeisung gewesen. „Ich und andere haben Milch nicht vertragen, und so mussten wir durchgehend hungern”, fügte sie hinzu. Um die Mädchen zu motivieren, hätten schon Fleißbildchen gereicht. Für jede richtig geschriebene Seite habe man eines bekommen, das ins Fleißbildchenheft eingeklebt wurde. „Wir konnten alle vorbildlich schön und richtig schreiben”, versicherte Gisela Forster. Dafür habe schon ihre Klassenlehrerin Fräulein Hopfensberger gesorgt. „Die war uralt und wahnsinnig genau.”

Viele Halbwaisen und Flüchtlingskinder

Unter den Schulkameradinnen habe es zahlreiche Halbwaisen gegeben, deren Väter im Krieg gefallen seien. Viele Kinder seien aus den Flüchtlingsblöcken gekommen, die an der Senftenauerstraße damals neu gebaut worden waren. Der Rest habe sich zusammengesetzt aus Mädchen, deren Familien in den Gebieten mit den Einfamilienhäusern am Hönigschmidtplatz und jenseits der Fürstenrieder Straße lebten, so Gisela Forster. Einen Unterschied hätten sie damals, wo alles knapp war, aber nicht bemerkt.

Gemeinsam dachten die neun Frauen bei ihrem Besuch in der Senftenauer-Schule auch an ihre Mitschülerin Gabriele, die früh sterben musste. Sie saß in jener Straßenbahn, auf die am 17. Dezember 1960 jenes Transportflugzeug stürzte, das die Spitze der Paulskirche gestreift hatte. 20 Insassen der Maschine, 27 Personen in der Tram und 5 Passanten waren bei diesem schrecklichen Unglück ums Leben gekommen.

Freudiges Wiedersehen

Gisela Forster war eine der wenigen Schülerinnen des Jahrgangs, die nach der Grundschule ins Gymnasium gingen. Sie hat später studiert und promoviert. Die meisten ihrer Klassenkameradinnen seien Sekretärinnen, Buchhalterinnen, Verwaltungsangestellte und
Erzieherinnen geworden, berichtete sie. Während der Jahre hat es immer mal wieder Klassentreffen gegeben und vor der Corona-Zeit hatte sich auch ein Stammtisch gebildet, der aber die letzten zwei Jahre wegen der Pandemie nicht stattfinden konnte. Umso schöner war es nun für die Frauen, dass man sich zumindest im kleinen Kreis wiedersehen konnte. „Die Leben haben sich so unterschiedlich entwickelt”, meinte Gisela Forster abschließend, „aber auf unsere Grundschulzeit schauen wir immer noch mit Ehrfurcht”.

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